Tour durch Kanada und die USA Westen USA - Kanada Wohnmobil

Dienstag, 16. Juni 2015
Langsamer Abschied westwärts
Auch für heute haben wir einen Plan. Dieser enthält soweit alles bis auf eines - den Campground am Ende des Tages. Mit 100-prozentiger Sicherheit werden wir nach dem Frühstück die Baustelle des Grand-Loop-Parkways ein weiteres Mal durchfahren, natürlich nachdem wir mit Frühstück und sonstigen morgendlichen Erledigungen fertig sind und den Campground verlassen haben.

Zu Beginn des Tages wollen wir entlang der Stecke zum westlichen Parkausgang noch einige Stopps einlegen und einige geothermische und landschaftliche Highlights bewundern. Dazu wollen wir der Grand Loop bis zur Madison-Junction folgen und dann nach Westen abbiegen, wo wir dem Madison River entlang der West-Entrance Road folgen. Nach dem wir ein weiteres Mal die Straßenbaustelle passiert haben, erreichen wir das Norris-Geysir-Becken (Norris Geyser Bassin), ein geothermisches Gebiet von fast 3 Kilometern Länge. Es hat ein eigenes Eingangstor mit einem Museumsgebäude.
Als wir eintreffen, hat der Touristentrubel noch nicht begonnen, so dass es noch nicht zu überlaufen wirkt. Dennoch ist es bei weitem nicht menschenleer.



Ranger Exkursionen durch das Gelände an. Wir ziehen erst mal allein los und folgen einem Plankenstieg in nördlicher Richtung. Hier hat man vor allem einen Fernblick über das Gelände, welches in hellen bis grellen Pastellfarben gleißt. Das ganze Bassin ist geprägt von Sintergestein und dampfenden Quellen, Fumarolen und Geysiren mit nur wenig Baum- und Strauchbewuchs dazwischen. Einige Quellen entlang des Weges bilden Pools mit einem seltsamen Leuchten im milchigen Wasser. Es scheint, als wären sie von unten blau durchleuchtet.

Nach Beendigung dieses ersten Rundgangs kehren wir zum Ausgangspunkt zurück und begeben uns zur südlichen, längeren Schleife. Sie führt direkt in die Sinterebene hinein und schlängelt sich an Geysiren und Quellen vorbei. Hier geraten wir in eine Gruppe Touristen, die von einem Ranger geführt werden. Wir laufen ein Weilchen mit dieser Exkursion mit und versuchen, Wissenswertes zu erlauschen. Ein erster Halt erfolgt bei Steamboat Geysir, dem derzeit größten aktiven Geysir der Welt. Seine größte je gemessene Auswurfhöhe betrug 130m. Seine Ausbrüche sind in höchstem Maße unregelmäßig und nicht vorhersagbar. Seit 1991 gab es nur 10 oder 11 große Ausbrüche, aber es gibt immer wieder mal kleiner Dampf-Wasser-Auswürfe. Einen solchen Rülps von 1-2 Meter Höhe erleben auch wir. Dann folgt die Gruppe weiter dem eloquenten Ranger, der seine Erläuterungen in kurzweilige Anekdoten kleidet. Auch die eine oder andere Frage lässt er sich von der Gruppe beantworten und lockert damit seinen Vortrag auf. Einen kleinen asiatischen Jungen, der eine Frage treffend beantwortete, lobt er überschwänglich und bietet ihm den Job des Rangers an. Nach einigen Stationen - Pools, Quellen und Fumarolen - bleibt er an einem unscheinbaren und scheinbar nicht aktiven Austrittsloch stehen und beginnt einen Dialog zur Bedeutung des Begriffes "Vixen". Eine Tafel vor der Öffnung im Boden verrät - es ist der Vixen-Geysir. Vixen, so stellt er gemeinsam mit seinen Zuhörern heraus, heißt nicht nur Füchsin, sondern bezeichnet auch eine sehr verführerische Frau. Warum er aber diesen Small-Talk sosehr ausführlich in die Länge gezogen hat, begreifen wir im nächsten Augenblick, als der Vixen-Geysir ausbricht.

Ein filigraner, dünner Strahl heißen Wassers schießt kerzengerade in die Höhe. Nicht permanent, sondern in kurzen Schüben steigt die Wasser-Fontaine bis in eine Höhe von 4-5 Metern und eine Dampfhülle wird Vixen-Geysir: Ein filigraner, dünner Strahl heißen Wassers schießt kerzengerade in die Höhe des Fotostopps an den Gibbon Falls.



Grand Prismatic Spring - vielleicht 15 Meter, oder mehr sind es bevor der blaue Pool dahinter beginnt. Beim Herabstürzen des Wassers werden Spritzer vom Wind abgetrieben. Klein aber fein - so kann man diesen Geysir bezeichnen, der sein Schauspiel noch etliche Minuten fortsetzt. Wir trennen uns von der Exkursion und gehen in unserem eigenen Tempo weiter. Dabei passieren wir noch viele kleinere Geysire und Quellen, allesamt mit eigenen speziellen Namen, wie "Porkchop" (Schweinekotelett) Geysir.
Da am Horizont ein Gewitter aufzuziehen droht, kürzen wir den Rundgang ab und gehen in Richtung Ausgang. Dann fahren wir auf der Grand Loop Road weiter in Richtung Süden. Wegen des drohenden Gewitters fahren wir erst mal ein Stückchen und lassen die Artist Paint Pots links liegen. Nur an den Gibbon Falls halten wir noch mal kurz und machen ein paar Fotos. Allerdings sind wir dadurch schon bald an der Madison Junction. Doch es wäre noch zu früh, um den Park zu verlassen.



Also entschließen wir uns, ein Stück nach Süden zu fahren und noch mal die Grand Prismatic Spring zu besuchen.
Diesmal soll es aber der direkte, am Rande der Riesenquelle verlaufende Holzplankenweg sein, den wir entlangschlendern wollen. Auf dem Weg zum "Midway Geyser Bassin", auf dessen Gebiet sich der Grand Prismatic befindet, nimmt der Verkehr stark zu. Haltende Autos stehen überall am Straßenrand, wo Bisons in Sichtweite weiden. Am Grand Prismatic ist mit Hängen und Würgen ein Parkplatz zu ergattern, so dass wir unseren Rundgang absolvieren können. Auf Satellitenaufnahmen sieht die Grand Prismatic Spring aus, wie ein blaues Auge auf der Erdoberfläche, welches leuchtend orange umrandet ist.

Nun stehen wir nach ein paar hundert Metern Fußmarsch an ihrem Rand. Es ist wahr, dass man sie auf diese Weise wegen ihrer schieren Größe nicht überblicken kann, wie aus Luft. Aber sie wirkt auf andere Weise auf einen. Der orangefarbene Uferbereich ist aus dieser Perspektive dominierend. Vielleicht 15 Meter, oder mehr sind es bevor der blaue Pool dahinter beginnt. Aber dieses Orange ist selbst ein Verlauf verschiedenster Tönungen zwischen Gelb und Rot. Das Sonnenlicht gibt den Farben die Strahlkraft von Glut und Feuer. doch es sind Bakterien, die diesen Farbzauber im heißen Wasser produzieren. Dort, wo das heiße Wasser in Rinnsalen vom Kreis des Pools wegläuft, bildet das Orange radiale Strahlen, wie bei einem Sonnenrad. Umgeben von Touristenmassen, die sich ebenfalls auf dem Plankenweg vorwärts schieben, schließen wir diesen Rundgang in aller Ruhe ab. Dann fahren wir zurück in Richtung Madison Junction. Auf dem Rückweg halten wir doch noch mal, und zwar an der Brücke über den Nez Perce Creek. Hier standen wieder viele Fahrzeuge am Rande und man konnte weit verteilte Gruppen von Bisons beobachten. Es waren auch etliche Jungtiere darunter. Also folgen auch wir diesem touristischen Herdentrieb und fotografieren die Bisons aus allen möglichen Perspektiven.

Doch dann geht's unaufhaltsam in Richtung Parkausgang. An der Madison Junction biegen wir nach Westen und haben vor dem Westeingang nur noch einen Halt auf der West-Entrance-Road. Dieser dient Angler am Madison River aber lediglich einer Picknickpause. Schließlich heißt es: Auf Wiedersehen Yellowstone; und kurz vorher: Auf Wiedersehen Wyoming. Wir sind jetzt wieder in Montana und rollen als erstes durch einen Ort namens West Yellowstone. Von hier aus wollen wir uns nord-westwärts und dem Madison River folgend auf die Rückfahrt nach Kanada begeben. Es folgt nun wieder eine längere Fahrt auf leeren Highways und es gilt, eine passende Gelegenheit für das Nachtcamp zu finden. Nachdem wird den Earthquake Lake passiert haben, kommen wir in das Upper Madison River Valley. Es ist ein weitläufiges Tal aus Grasland bestehend. Umgeben ist es von den Gipfeln des Madison Range im Osten und einem kleineren Gebirgszug im Westen. Wir finden einen Campground direkt am Fluss. Es ist ein Campground für Angler - für Fliegenfischer und sonstige Wildwasserangler am Madison River. Der Campground ist spartanisch, aber malerisch gelegen und von einem großartigen Bergpanorama umgeben. Da es erst 16:00 Uhr ist, sammeln wir Holz und bereiten den Grill vor. Der Abend klingt kulinarisch perfekt aus und wir sitzen noch ein wenig in Erwartung der Abenddämmerung, die langsam immer längere Schatten über das Tal kriechen lässt, bis die Berge im Osten von glutrot nach graublau verblassen.



Mittwoch, 17. Juni 2015
Von Höhlen und Gabeln auf langer Fahrt
Der heutige Tag wird wieder ein Fahrtag werden. Dennoch sind zwei Highlights geplant. Leider liegen diese Highlights so, dass - egal wie man fährt - eines immer einen gewissen Umweg bildet. Aber der Plan steht und er enthält eben diese beiden Zwischenziele. Zuerst aber wach werden und nach der Morgenhygiene im winzigen Wohnmobilbad ein Frühstück genießen. Wie immer wird auch das Navi programmiert und es ist nun Selbigem überlassen, zu entscheiden, welches unserer beiden Zwischenziele zuerst dran kommt. Der Morgen ist wolkenlos und etwas frisch, aber erwartungsgemäß wird sich das in dieser eher trockenen Region bald zu einem heißen Tag entwickeln. Was sind denn nun die Highlights? Das Erste ist schon bald erreicht. Es ist ein kleiner Provinzpark in einer kleinen Gebirgsformation auf dem Weg in Richtung Butte (Wird Bjut gesprochen). Hier gibt es eine Tropfsteinhöhle. Der Park heißt "Lewis & Clark State Park", genau wie auch die Höhle "Lewis & Clark Cave heißt". State Parks sind die US-Versionen der Kanadischen Provincial Parks. Sie sind in der Verwaltung der Bundesstaaten, in diesem Falle ist das Montana. Die Namen Lewis und Clark hängen eng mit der Entdeckung der Gebiete im heutigen Montana durch die europäischen Einwanderer zusammen. Meriwether Lewis und William Clark waren die Leiter der ersten US-amerikanischen Überland-Expedition in den Westen des Kontinents, heute als Lewis&45 Clark-Expedition bekannt. Die Namen sind uns bereits vor Tagen begegnet. Als wir am Crystal Lake übernachteten, befanden wir uns im "Lewis & Clark National Forrest". Lewis und Clark werden also in Montana verehrt, wie Gründerväter, auch wenn sie eher Forschungsreisende im Auftrag des damaligen Präsidenten Jefferson waren. Aber die Tropfsteinhöhlen, welche nach ihnen benannt sind und welche wir nun im Begriff sind, zu besuchen, haben die beiden Entdecker nie gesehen.



Der Park beginnt gleich nach einem Abzweig von der Hauptstraße mit einem Besucherzentrum. Die Straße, die in die Berge bis hin zur Höhle führt, ist kostenpflichtig für Nicht-Montana-Einwohner, also auch für uns. Der Eintritt in die Höhle kostet extra, ist aber mit einer Führung verbunden - und mit einem ordentlichen Fußmarsch bergauf bis zum Höhleneingang. Unser Führer heißt Jim und fragt alle Teilnehmer, woher sie kommen. Er stellt fest, dass wir aus Deutschland kommend, die weiteste Anreise hatten und rechnet fortan Längenangaben in Fuß jedes Mal auch in Meter um. Neben verschiedensten faszinierenden und teils bizarren Tropfsteinformationen gibt es auch Fledermauskolonien zu sehen. Jim erzählt, moderiert und scherzt unentwegt. Wir bewegen uns mal durch riesige Kavernen, mal durch enge Schlupflöcher und Gänge. Dabei steigen wir stetig ab. Zum Thema Fledermäuse erklärt Jim den Besuchern mit einem Augenzwinkern in unsere Richtung, dass "Bat" im Deutschen "Fledermaus" heißt - also "Flying Mouse". Jim erklärt nicht nur die geologischen Fakten. Er zeigt auch fantasiefordernde Schattenspiele mit seiner Taschenlampe - Tropfsteingebilde, die als Schatten an der Wand "Romeo und Julia", einen sitzenden Buddha oder Santa Claus zeigen. Auch den Fußabdruck Bigfoots zeigt er uns. Eine besonders schöne Kaverne ist mit bunten Scheinwerfern beleuchtet und wirkt wie eine verwunschene Zauberwelt. Für eine halbe Minute demonstriert er uns auch, was völlige Dunkelheit bedeutet, indem er die Beleuchtung abschaltet.



Als wir schließlich wieder ans Tageslicht treten, merken wir, was die Höhle noch war - nämlich angenehm kühl. Jetzt liegt wieder ein kleiner Fußmarsch vor uns - zum Glück bergab. Nach Inanspruchnahme der Örtlichkeit und dem Genuss einer Eiscreme fahren wir wieder hinunter ins Tal und weiter zum US Highway 90. Hier nun fahren wir nicht in Richtung Butte, wo unweit davon unser Tagesziel wäre, sondern nach Osten. Dieser Inter-State Highway ist eine autobahnähnliche Fernstraße. Wir folgen ihr circa 35 Kilometer bis Three Forks.

Der Name des Ortes Three Forks ist Programm. Hier fließen drei Flüsse zusammen. Der eine ist der Madison River, unser alter Bekannter. Die anderen beiden sind der Jefferson River und der Gallatine River. Der Zusammenfluss dieser drei Flüsse, genauer gesagt der Konfluenzpunkt von Madison und Jefferson River ist der Beginn des Missouri. Den Namen hat der Fluss von einem Indianervolk an dessen Mündung in den Mississippi. "wi-mihs-oor-i-t-a" bedeutet etwa: "Die mit den Holzkanus". Wirklich spektakulär ist dieser Ort nicht - einige kleine Flussarme in einer Niederung mit Espenauen - aber dafür geschichtsträchtig. Hier landete die Lewis-und-Clark-Expedition nach einer langen Reise den Missouri aufwärts und von hier aus plante die Expedition die Überquerung der Rockies. Verschiedene Infotafeln zeugen davon und auch hier ist dafür ein kleiner State Park angelegt worden. Es war im Jahre 1805, als die Expedition hier ankam und 1810 entstand hier bereits eine Handelsstation. Spannend zu lesen war es, dass die indianische Dolmetscherin der Expedition Sacajawea - eine Häuptlingstochter der nördlichen Shoshone eine herausragende Rolle bei der Expedition spielte. Nicht nur als Dolmetscherin, sondern auch als Diplomatin hatte die Anfangs gerade mal 16-jährige eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Expedition gespielt. Nicht umsonst ist ihre Persönlichkeit in den USA mannigfaltig gewürdigt - sogar eine Dollarmünze mit ihrem Abbild gibt es seit 2000 und im Film "Nachts im Museum" wird sie - historisch etwas unwahr - von "Teddy Roosevelt" hofiert.



Vom Geburtsort des Missouri ist es nicht weit bis in den Ort Three Forks. Wir suchen ihn auf um zu tanken. An der Kasse der Tankstelle komme ich ins Gespräch und leiste mir den Fauxpas, die Stadt Butte als "Batte" auszusprechen, was im englischen irgendwie so wie "Hintern" klingt. Ich werde umgehend und mit einem Schmunzeln berichtigt: Es heiße "Bjut". Alles klar! Jetzt weiß ich's! - heißt übrigens "Kuppe" oder "Inselberg". Nach erfolgloser Suche nach einer Dumpstation fahren wir zurück zum Highway 90 und rollen in Richtung Butte. Kurz vor Butte - etwa 70 Kilometer noch - wollen wir etwas abseits am Delmoe Lake unser Nachtlager aufschlagen.

Unser Tagesziel finden wir problemlos, auch wenn die die letzten Kilometer bis zum Delmoe Lake wieder über eine üble Schotterpiste gehen. Der Campground ist relativ leer und wir finden einen schönen Platz am Wasser. Sogar eine abgeschiedene eigene Badestelle haben wir und ein Bad ist mehr als willkommen. Das Wasser ist relativ warm und es gibt Blutegel, die an den Füßen andocken wollen. Aber das schreckt uns nicht und nach einer ersten Erfrischung gehen wir sogar ein zweites Mal baden.
Obwohl es auf dem See Boote gibt und in der Nähe Quads durch den Wald fahren, ist es alles in allem ein entspannender Campground und unser Platz lädt uns nach dem Bade zu Lagerfeuer und Abendbrot mit Blick aufs Wasser ein und wir sitzen noch lange, bis in die Dämmerung draußen.



Donnerstag, 18. Juni 2015
Lady of the Rockies und Sackgassen im Wald
Der Morgen am Delmoe Lake kündigt einen weiteren sonnigen und warmen Tag an. Auch die heutige Etappe wird im Wesentlichen aus Fahrerei bestehen. Konkrete Sehenswürdigkeiten haben wir heute nicht auf dem Zettel. Oder vielleicht doch Eine. Es ist "Our Lady of Rockies", welche als Monumentalstatue am Berg über die Bergbaustadt Butte blickt - hoch oben über der Stadt ist sie weithin sichtbar und gilt als Wahrzeichen der Stadt und der Region. Bis Butte - zur Erinnerung: die Aussprache ist Bjut - ist es eigentlich nur einen Steinwurf, Luftlinie etwa 11 Kilometer. Aber der Delmoe Lake ist mitten in dem Bergmassiv, an dessen Rand auch die "Lady of the Rockies" thront und das bedeutet erst mal wieder eine Serpentinenfahrt über eine üble Schotterstraße, um wieder auf den US-Highway 90 zu gelangen. Das dauert natürlich ein Weilchen, aber zurück auf dem Highway ist es dann wirklich nur ein Katzensprung in die Stadt. Butte ist ein Zentrum des Kupferbergbaus, aber seine besten Tage hatte dieser bereits hinter sich. Nun zeugt ein riesiges Loch am Rande der Stadt, der ehemalige Kupfertagebau mit dem Namen Berkeley Pit von dieser Bergbauhistorie. Wir steuern in der Stadt den riesigen Wal-Mart an um unsere Vorräte zu ergänzen. Dieser Wal-Mart überrascht uns positiv wegen seines Angebotes. Die Frischetheke glänzt mit riesiger Auswahl und auch das sonstige Lebensmittelangebot kommt europäischen Erwartungen entgegen. Anders als in Kanada muss man für Bier und Wein auch nicht in einen extra "Liquor-Store". Alles in allem halten wir uns hier eine kleine Ewigkeit auf, bis wir alles erledigt haben.



Bereits am Morgen hatten wir die Idee entwickelt, die Monumentalstatue am Berg über Butte, "Our Lady of the Rockies" zu besuchen. Wir versprachen uns vor allem einen großartigen Blick über das Tal mit der Stadt und dem Minenrestloch zu erhaschen. Wie wir herausfinden, gibt es einen kommerziell betriebenen Shuttleservice in der Stadt, der in regelmäßigen Abständen zur Statue hochfährt. Dies wollten wir aber nicht. Daher suche ich mit Hilfe des Navi einen Weg hinauf zur Statue. Nachdem das Ziel programmiert ist, starten wir direkt vom Parkplatz des Wal-Mart.

Dazu machen wir einen kleinen Abstecher von unserer geplanten Route auf den US-Highway 15. Diese führt direkt unterhalb des Gebirgszuges entlang, auf dem in 2400 Metern Höhe die Riesenmadonna steht. Dies sind etwa 700 Meter über der der Stadt Butte. Der Fernblick dürfte grandios sein. Schließlich verlassen wir den Highway und kommen sofort auf eine Schotterstraße, die im Begriff ist, sich am Berg hinauf zu winden. Aber wir kommen nicht weit, die Fahrt endet vor einem verschlossenen Tor. Kein Schild kein Hinweis darüber, welche Optionen es gibt. Das Navi bietet keine Alternativen. Die spätere Recherche in Google Maps bestätigt dies. Scheinbar ist die Zufahrt nur den kommerziellen Shuttles vorbehalten. Etwas enttäuscht fahren wir zurück um uns wieder unserer Route zuzuwenden. Zumindest halten wir an einem Parkplatz des Highway 15, welcher einen ganz passablen Blick nach oben zur Statue, aber auch in Richtung Butte gewährt.

Auf dem Parkplatz hält kurz nach uns ein weiteres Wohnmobil - es scheint der Zwillingsbruder des Unsrigen zu sein, auch ein 19-Fuss-Mobil und auch von Fraserway aus Kanada. Das Paar, welches dem Wohnmobil entsteigt, macht auch Fotos und spricht Deutsch. Wir kommen kurz ins Gespräch. Sie kommen auf direktem Wege aus Calgary und sind auf dem Wege nach Portland, wo sie ein Familientreffen haben. Dem Mann macht ein Steinschlag auf der Frontscheibe sorgen, der auch schon einen gehörigen Riss gebildet hat. Nach einem kurzen Schnack fahren wir weiter, jeder seiner Wege. In Butte biegen wir wieder auf die 90. Nach einem Westschwenk um die Mine dreht der Highway wieder auf Nord und wir fahren bis Deer Mountain Bluebird am Nevada Lake
Mittagspause am Nevada Lake Lodge. Fahren und vorbeiziehende Landschaften sehen - das ist es, was uns die nächsten Stunden erwartet. Aber auch der Gedanke an eine Dumpstation für unser Abwasser beschäftigt uns. Ein Hinweis auf eine Rastanlage an der Abfahrt nach Anaconda lässt uns kurzentschlossen dorthin fahren in der Hoffnung, endlich unseren Abwassertank geleert zu bekommen.

Der Rastplatz bot viel, leider nur keine Dumpstation. Allerdings waren die Toiletten so gut, dass ich in Anbetracht großer Spiegel und warmen Wassers gleich noch eine seit Tagen fällige Rasur erledigte. Bis Garrison, dem nächsten Ort hinter Deer Lodge, bleiben wir auf der 90. Dann schwenken wir nach Osten. Es geht jetzt auf Landesstraßen weiter. Etwas weniger geradlinig aber dafür landschaftlich schöner fahren wir auf dem Highway 12 erst mal bis Avron, dann wieder in Richtung Norden auf dem Highway 141. Am Wegesrand dieses Highways liegt der Nevada Lake. Den Nevada Lake hatten wir uns als möglichen Mittags-Stopp vorgemerkt. Seine Lage ist in der Tat malerisch, so dass wir uns eine Stelle direkt am See suchen und eine ganz entspannte Mittagspause genießen. Nach dem Hauptgericht, sitzen wir in unseren Klappstühlen mit Blick auf den See und knubbeln frische Kirschen aus dem Wal-Mart, Kirschkernweitspucken inklusive. Auch einen Berghüttensänger (Mountain Bluebird) können wir wieder mal beobachten, wie er in unserer Nähe im Geäst der Pappeln umherflattert. Gut ausgeruht und gesättigt fahren wir weiter. Ein weiteres Mal biegen wir ab, diesmal auf den State Highway 200 nach Nordwest. Noch immer sind wir unser Abwasser nicht los, obwohl wir einen weiteren Versuch am US-Highway 90 unternommen hatten, der ebenfalls erfolglos war - eine vermeintliche Dumpstation war auch dort nicht zu finden. Doch nun sollten wir Glück haben. Der nächste Abzweig nach Norden auf den Highway 83 glänzte mit einer ebenfalls gut ausgebauten Rastanlage. Und diesmal gab es auch eine Dumpstation. Endlich konnten wir beide Abwassertanks leeren und sorgenfrei in den nächsten Tagen die Toilette und Waschbecken des Campers weiter benutzen.



Am Highway 83 würden uns nun immer wieder Campgrounds begegnen und mehrere Seen vor einer Gebirgskulisse säumen diesen Highway. Da es schon vorgerückter Nachmittag ist, würden wir auch beginnen, nach einer Übernachtungsgelegenheit Ausschau zu halten. Die Campgrounds am Salmon Lake lassen wir links liegen, genauso wie die am Seeley Lake. Sie liegen mir zu unmittelbar an der Straße. In meinen Unterlagen hatte ich vermerkt, dass es einen Campground im Hinterland des Lake Alva geben müsste. Dazu müsse man zwischen Lake Inez und Lake Alva nach Westen durchfahren - etwa 20 Kilometer. Also: Versuch macht "Kluch". Natürlich landen wir schon bald wieder auf einer elenden Schotterstraße ohne Hinweisschilder, dafür aber immer mal wieder Abzweige auf andere nicht beschilderte Wege. Wir fahren, wie wir glauben, dass es richtig sei. Der Waldweg hat laut Navi sogar einen Namen: erst "Colt Creek Road", dann "Cold Lake Road". Ein "Creek" begleitet uns tatsächlich zwanzig Meter tiefer den Abhang hinunter. Einen Lake hingegen erreichen wir nie. Denn der Weg wird immer schlechter, von Forstfahrzeugen zerfahren und stellenweise mit Geröll von Steinlawinen halb zugeschüttet. Und schließlich ist es ganz vorbei. Ein riesiger Haufen Erdreich versperrt den Weg, der dahinter zwar weitergeht, aber für uns nicht erreichbar ist. Just an dieser Stelle gibt es einen guten Bereich zum Wenden, eine Art Wendehammer im Wald an der Seite der Straße. wir erwägen nun sogar, hier stehen zu bleiben, die Nacht zu verbringen und den Abend als Chance zu Tierbeobachtungen am Abend zu nutzen. Tatsächlich kommt alsbald auch ein Reh vorbei. Allerdings merken wir bald, dass wir zunehmend zur Weide für Mücken werden. Da wir uns schon bald nicht mehr außerhalb des Campers aufhalten können und wir zudem unmittelbar um den Platz herum jede Menge leerer Hülsen von Jagdpatronen finden, kommt uns dieser Übernachtungsplatz gar nicht mehr ansprechend vor und wir entschließen uns doch noch, weiter zu fahren.

Das war eine wahrhaft gute Entscheidung. Denn als wir wieder den Highway erreichen, sind es keine zwei Kilometer weiter, als wir einen Campground direkt am Lake Alva erreichen. Dieser liegt zwar in Hörweite des Highways, bietet aber einen herrlichen Blick auf den Lake Alva mit Sonnenuntergang über dem See. Dieser Platz hat allerdings nur sehr wenige Plätze - lächerlich wenig, die praktisch alle belegt sind. Es sind 5 Einzelplätze und ein Gruppenstellplatz, der erst ab dem nächsten Tag reserviert war und daher als einziger frei war. Auch Mülltonnen gab es nicht, jedoch ein Schild mit dem Motto "Put in - put out", was vermitteln sollte: Nimm Deinen Müll wieder mit.

Also okkupierten wir den Gruppenstellplatz umgehend und brachten die Klappstühle ans Wasser. Auch der abendliche Sprung ins kühle Nass war Teil des Tagesausklanges und angenehmerweise waren die Mücken hier kaum präsent. Allerdings konnten wir hier die Raupenplage gut beobachten, die uns schon andernorts aufgefallen war. Büsche und Sträucher waren massenhaft eingesponnen und von überall aus den Bäumen seilten sich Raupen an dünnen Seidenfäden ab, um dann in Scharen über den Erdboden zu prozessieren. Ob es sich hier um die Raupen des Monarch-Falters handelt, konnten wir nicht abschließend klären, aber diese Schmetterlingsart ist hier sehr präsent. Im Übrigen ist der Stellers Jay (Diademäher) einer der Fressfeinde des Monarchfalters. Im Angesicht des Sonnen-untergangs über dem See geht unser Tag zur Neige und wir gehen dementsprechend ins Bett.



Freitag, 19. Juni 2015
Eisberge voraus!
Der neue Tag am Lake Alva begrüßt uns mit dem langen Schatten der Berge im Osten. Die andere Seite des Sees liegt aber bereits im Sonnenlicht und verheißt uns einen sonnigen Tag. Die heutige Etappe wir eine Kurze sein und unser Ziel wird im Glacier Nationalpark liegen. Dazu folgen wir dem Highway 83 weiter nach Norden.

Bis auf einen kurzen Halt in der Nähe des Swan Lakes fahren wir durch. In der Nähe von Bigfork wechseln wir auf den Highway 35 und später auf den Highway 206. Er wird bald zu einer Art Townchip Road und wir rollen nun durch das besiedelte Umland von Columbia Falls. Bevor wir in die Stadt kommen, wechseln wir auf die US Route 2 in Richtung Osten und fahren nun direkt auf das Gebirgsmassiv der östlichen Rockies zu. Der nächste Ort ist Hungry Horse. Entlang der Straße reihen sich kitschig herausgeputzte Motels und Freizeitparks mit Wildwestthemen. Die Route 2 wird sich noch sehr weit nach Osten hinziehen, mehrere Bundesstaaten passieren und am Lake Michigan enden. Wir aber schwenken in West Glacier nach Norden und gelangen schon recht bald an den Westeingang des Glacier Nationalparks. Dieser allerseits sehr gepriesene Nationalpark bildet zusammen mit dem Waterton Lakes Park auf kanadischer Seite einen Teil des größeren Schutzgebietes und internationalen Nationalpark-Projektes "Glacier-Waterton international Peace Park". Durch diesen Park hindurch führt ein Parkway über die Berge bis zum Osteingang bei St.Mary. Es ist die Going-To-The-Sun Road, die am Logan Pass eine Höhe von 2026 erreicht. Der Logan Pass ist eines unserer bevorzugten Ziele auf unserem Zettel. Allerdings erhielten wir von einem Bekannten, der diesen Park bereits besuchte, den Hinweis, dass Wohnmobile die Straße nicht befahren dürften. Das hörten wir natürlich nicht gern und ich recherchierte weiter, um diesen Hinweis zu verifizieren. Die Information, welche ich fand, ließ mich hoffen. Tatsächlich gab es eine Beschränkung - und zwar für Fahrzeuge, die länger als 22 Fuß sind. Das bedeutete Entwarnung, denn unser Camper ist nur 19 Fuß lang. Somit blieb den Logan Pass in der Planung bestehen und sollte am nächsten Tag angesteuert werden. Als wir am Kontrollpunkt des Westeingangs unsere Besuchergebühr bezahlen, frage ich nochmals nach der Befahrbarkeit des Parkway. Und da gibt es eine böse Überraschung. Die Länge von 19 Fuß sei OK, aber in der Höhe gibt es auch eine Einschränkung, nämlich 10 Fuß.



Unser Camper ist 12 Fuß hoch und wir sind geschockt. Die Dame im Häuschen sagte darauf hin: "Bis zum Avalange Creek darf der Parkway mit Campern befahren werden und zum Logan Pass fahren tagsüber regelmäßig kostenlose Shuttles." Nun denn - somit ließe sich der Besuch des Logan Passes nebst Wanderung wohl doch machen. Wir fuhren also in den Park ein und steuerten zuerst das Besucherzentrum an.

Nachdem wir uns ausreichend informiert haben. geht es auf der Going-To-The-Sun Road nordostwärts in die Berge. Zuerst führt die Straße sehr lange am Lake McDonald entlang. Der am See gelegene Campground passt uns nicht. er ist eher für Zelte gedacht, als für Wohnmobile. Also fahren wir weiter bis zum Avalange Creek Campground, wo wir uns dann auch einquartieren. Ab hier wäre die Straße auch für uns nicht mehr befahrbar. Wie wir später von Platzwart erfahren, rührt die Höhenbeschränkung von zwei Straßentunneln auf dem Weg zum Pass.

Wir sind ausreichend früh da, um noch eine Wanderung zu unternehmen. Es liegt nahe, den Wanderweg zum Avalange Lake zu gehen, den der startet direkt am Campground. Es ist eine Wanderung direkt in ein Seitental hinein, welches streckenweise den Charakter eines Canyons hat. Der Avalange Creek hat sich hier eine tiefe Schlucht in den Berg geschnitten. Der Weg entlang des Wildwasserflüsschens hat teilweise einen gehörigen Anstieg. Dennoch sind viele Wanderer unterwegs. Der Weg ist nicht sehr lang und endet nach etwa einer Stunde am Avalange Lake. Dieser Bergsee ist umgeben von einem Gipfelpanorama. Viele der Wanderer picknicken am Ufer des Sees. Auch wir verweilen nun ein wenig und genießen die Aussicht. Hinter dem See erhebt sich ein gewaltiger Bergriegel, von dem aus gewaltiger Höhe mehrere Sturzbäche in Wasserkaskaden herunter stürzen und den See speisen. Die gletscherbedeckten Berge dahinter speisen wiederum diese Zuflüsse. Da bemerken wir dunkle Wolken, die aus Süden über den Berg wallen. Eine bedrohliche Gewitterwolke zog herauf und unter den Wanderern am Seeufer machte sich Unruhe und Bewegung bemerkbar. Die meisten brachen auf und machten sich auf zum Abstieg.
Wir aber beobachteten die Wolke mit kühlem Mut und berechnendem Auge und meinen, dass die Wolke uns nur mit ihrem Rand erwischt, wenn wir weiter am Ufer des Sees in Richtung der Bergriegels laufen. Die Abstiegsroute hingegen würde voll vom Gewitter erwischt werden. Schon zuckten die ersten Blitze und der Donner brach sich grollend an den Berghängen.



Wir liefen zügig weiter in entgegengesetzter Richtung zu den meisten Wanderern. Dann begannen die ersten Regentropfen zu fallen. Wir suchten Schutz unter einer kleineren Baumgruppe direkt am See und konnten beobachten, wie tatsächlich in Richtung des abfallenden Canyons der Regen infernalisch losbrach. Auch am Ort unseres Unterschlupfes regnete es etwas, aber es kam, wie von uns erhofft. Es regnete nur kurz und nicht sehr stark. Dann konnte man erkennen, wie der Rand der Gewitterwolke sich in Fetzen auflöste und harmlosere kleine Wolken hinterher zog. An die Wanderer auf dem Abstieg im Canyon wollten wir jetzt lieber nicht denken. Wir liefen weiter am See entlang bis zum endgültigen Ende des Wanderweges. Hier strömten die Gebirgsbäche in den See. Ein junger Mann mit Freundin stand hier am Ufer und versuchte sich im Fliegenfischen. Nach kurzem Verweilen machten wir uns auf den Rückweg. Dieser führte bergab und war dementsprechend schneller bewältigt.
Auch die Sonne kommt wieder hervor und wir genießen noch einige Stopps im unteren Tal, wo der Avalange Creek einen Canyon in den Fels geschliffen hat.

Als wir am Anfang des Wanderweges wieder in der Nähe des Campgrounds anlangen, ist vom Gewitter nichts mehr zu sehen. Daher haben wir nun sogar noch die Muse, am Beginn des Wanderweges dem sogenannten Trailhead einen Lehrpfad zum Thema des hiesigen Waldes abzulaufen, bevor wir den Ausklang des Abends auf unserem Stellplatz genießen. Dieser zeigt die typischen Vertreter der hiesigen Baumriesen, wie Hemlocktanne und die westliche Rotzeder (Western Red Cedar). Da wir mit unseren Klappstühlen direkt am Rande des Waldes standen konnten wir sogar einen jungen Hirsch einige Meter hinter dem Stellplatz zwischen den Bäumen beobachten. Zum Abendbrot gab es Pizza vom Walmart und ein Tröpfchen kalifornischen Rotweines.



Samstag, 20. Juni 2015
Der Bus der niemals kam
Wie wir gelernt haben, können wir mit unserem Wohnmobil nicht zum Logan Pass fahren wegen einer Höhenbeschränkung. Wie wir zudem am Vorabend in Erfahrung gebracht haben, gab es gleich am Eingang zum Campground einen Haltepunkt des Shuttles. Dort gab es auch eine Infotafel mit den Abfahrtzeiten die wir ebenfalls am Vorabend studierten und uns einen Zeitpunkt zur Abfahrt ausgesucht hatten. Der Plan sah also wie folgt aus: Der Tag sollte also mit der Shuttlefahrt hinauf zum Logan Pass beginnen. Dieser ist der höchste Punkt der Going-to-the-Sun Road. Vom Haltepunkt am Logan Pass wollen wir eine Wanderung zum Hidden-Lake-View machen. Danach würden wir den verbleibenden Zeitvorrat bewerten und vielleicht noch an einem weiteren Haltepunkt an der Going-to-the-Sun Road aussteigen. Dieser Plan sollte den Tag gut ausfüllen. Jetzt muss also nur noch das Shuttle kommen, aber wir haben ja noch etwas Zeit. Doch diese Zeit ist bald schon vorbei, nur ist kein Shuttle in Sicht. Der erste Kleinbus des Tages, welcher jetzt bereits auf dem Rückweg hier halten müsste kommt auch nicht. Ist ein Shuttle ausgefallen? Stimmt etwas mit dem Fahrplan nicht? Die Zeit vergeht merklich und es kommen einige Exkursionsbusse des Unternehmens Xanterra vorbeigefahren. Xanterra ist ein privatwirtschaftliches Tourismusunternehmen, welches unter anderem Betreiberlizenzen für Dienstleistungen in Nationalparks besitzt. Das schließt den Betrieb von Hotels und Campgrounds, aber auch Exkursionsangebote ein. Diese Xanterra-Busse sind nicht kostenlos und die Exkursionen sind eigentlich Halbtagesangebote. Aber da keine anderen Busse kommen, sind wir verunsichert, ob wir nicht doch etwas verwechselt hätten. Inzwischen sind ein halbes Duzend dieser markanten sogenannten Red Jammer vorbeigekommen Allerdings halten die Xanterra-Busse auch nicht an der Haltestelle. Was also stimmt hier nicht?



Wir sind schon eine geschlagene Stunde mit Rucksack und Wanderstöcken an der Haltestelle und sehen in der Nähe an einem Sanitärgebäude einen Ranger wirtschaften. Wir sprechen ihn an. Parkranger in den USA sind stets sehr zuvorkommend und hilfsbereit. Allerdings sind sie nicht immer umfassend kompetent. Dieser hier studiert zuerst den Fahrplan auf der Infotafel, so wie wir es bereits mehrmals zuvor selbst taten. Aber auch er kommt zu keinem anderen Schluss, als wir. Er entschuldigt sich, entfernt sich etwas und nimmt über sein Sprechfunkgerät Kontakt mit irgendjemandem auf.
Dann erfahren wir von ihm: der reguläre Shuttle-Betrieb beginnt erst am 1. Juli. "Aber am Plan steht nichts davon", sage ich missmutig. Ja, bestätigte er, die Infotafel lässt diesen Hinweis vermissen, bestätigt er und entschuldigt sich dafür noch mals. Uns bleibt somit nichts anderes übrig, als einen neuen Plan zu machen. Wir gehen also zurück zum Campground.
Der Platzwart des Campground, dem kurz darauf begegnen, bestätigt uns die Sache mit dem 1.Juli. Als sehr ärgerlich empfinden wir, dass auch die Rangerin gestern am Parkeingang uns groß und breit von den kostenlosen Shuttles erzählt hatte, ohne zu erwähnen, dass für sie die Saison noch nicht begonnen hat. Am Eingang zum Campground steht eine große Tafel mit einer Wanderwegekarte des Parks. Hier prüfen wir unsere Optionen. Leider erschließen sich von unserem Standort aus nur Wanderwege tief im Tal. Wir wählen einen Weg in Richtung des Lake McDonald, dem Johnson Lake Trail. Er führt im Grunde des Tals in Richtung Westen.

Wir wandern eine Weile, aber der Weg wirkt nicht einladend auf uns. Ohne Fernsicht zieht er sich durch einen düsteren Tannengrund und wirkt etwas unheimlich. Hier in der Talsohle sind die Bedingungen gut für die Entstehung eines Waldes aus viel-hundertjährigen Riesen. Es uns erinnert hier an die Regenwälder der Küstenrockies oder auf Vancouver Island.



Nach anderthalb Stunden haben wir von der Eintönigkeit des gruseligen Düsterwaldes genug und kehren nach einer kurzen Rast um. Wir werden also schon recht früh am Tag wieder am Wohnmobil sein und haben dann keine weiteren Pläne. Somit werden wir einen faulen Nachmittag mit Steaks vom Grill genießen. So geschieht es dann auch. In den Klappstühlen wird uns noch mal richtig warm in der Abendsonne. Wir entfachen ein Feuerchen und bereiten ganz in Ruhe unser Barbecue vor. Den lieben Gott lassen wir einen guten Mann sein und relaxen. Wir nutzen die Phase der Entspannung auch dazu, unser banales Lagerleben am Abend mal mit dem Camcorder zu dokumentieren.

Aus dem Wald kommen auch noch Beiträge zum Abendprogramm. Ein Junghirsch und später eine Hirschkuh ziehen äsend hinter unserem Camper im Wald vorbei. Der Camcorder war diesmal glücklicherweise schon einsatzbereit. Alles in allem bleibt der Glacier Nationalpark für uns eine Enttäuschung, da wir die eigentliche Attraktion - die Gletschergipfel im Hochgebirge rund um den Logan Pass nicht zu Gesicht bekommen haben. Morgen werden wir die Option einer Busfahrt mit Xanterra prüfen, aber wahrscheinlicher ist es, dass wir den Reservetag weiter aufsparen werden für später, für Kanada, und weiterfahren nach Norden. Irgendwann gehen Steaks, Rotwein und Beilagen zur Neige und auch die Sonne versinkt hinterm Berg. Damit ist ein weiterer Tag vergangen.

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