Wilder Yukon & Alaskas Fjorde Yukon/Alaska - Kanada White Pass and Yukon Route und Autoreisen

Yukon & Alaskas Fjorde
Whitehorse - Watson Lake - Carmacks - Carcross - Skagway - Haines - Juneau - Whitehorse
Juni 2019


Text: Carsten Siegel

Yukon, ich komme! Die Condor-Maschine fliegt bei klarem Himmel über Grönland und die nördlichen Inseln der kanadischen Arktis. Was für ein Ausblick. Die Vorfreude auf die bevorstehende Reise steigt immer weiter. Es wird ein abwechslungsreicher Trip. Nicht nur weil neben dem Yukon auch Alaska auf dem Plan steht, sondern auch durch die wechselnden Perspektiven. Es geht mit Wasserflugzeugen zu einsamen Seen und Gletschern, mit Allrad-SUVs über endlose Schotterpisten, mit dem Zug durch die mächtigen Coast Mountains und mit einem Katamaran durch die spektakulären Fjorde Alaskas. Und das zu einer Zeit kurz vor der Sommersonnenwende. Die Tage werden also lang, aber garantiert nicht langweilig.

Schon der Landeanflug in Whitehorse ist echt einzigartig. Der Flughafen ist schließlich kaum mehr als eine Landebahn in der Wildnis, unweit von einer unscheinbaren kleinen Siedlung. Willkommen im Yukon!

Am Flughafen treffe ich den Yukon-Experten Holger Bergold, der die Tour leiten wird – viele kennen ihn sicher von unseren Kanadatagen. Kurzer Check-In im Days Inn Hotel und dann direkt in den nächsten Flieger – und zwar in ein Floatplane von Alpine Aviation! Der Chef und Pilot Gerd ist ein alter Freund von Holger. Für viele Yukoner sind Wasserflugzeuge so selbstverständlich wie für uns ein Taxi. Für mich ist es allerdings eine Premiere. Die kultige rote DeHavilland Beaver aus dem Jahr 1949 hebt direkt auf dem Schwatka Lake ab. Der Start ist ruhiger, als ich gedacht hätte. Danach bin ich völlig geflasht von Weiten des Yukon. Endlose Wälder, der Yukon River, mächtige Berge, grün-blaue Seen. Echt atemberaubend! Am Ufer des Tagish Lake sehe ich erst einen Elch, dann einige Cabins. Wir landen auf dem See und machen das Flugzeug am Steg fest. Es fühlt sich an, als hätte man den riesigen See für sich allein. Betreiberin Sarah Stücker – ursprünglich aus der Schweiz – empfängt uns am Southern Lakes Resort & Restaurant. Sie zeigt uns die gemütlichen Standard Lakefront Cabins und die moderneren Deluxe Lakeview Villas mit Panoramafenstern zum See. Dann gibt’s im urigen Restaurant der Hauptlodge deftige Bison-Cheeseburger. Lecker! Der Rückflug nach Whitehorse ist genauso beeindruckend wie der Hinflug und um 10 Uhr Abends ist es noch taghell. Von oben entdecken wir unter anderem einen Schwarzbären und eine Bergziege. Trotzdem kann ich kaum noch die Augen offen halten. Der Tag war doch etwas länger, als ich es gewohnt bin. Im Hotel in Whitehorse angekommen falle ich erschöpft und zufrieden ins Bett.

Der erste Morgen in Kanada muss natürlich mit einem echten kanadischen Frühstück beginnen. Eier, Maple Bacon, Hash Browns, Bagels – daran könnte ich mich gewöhnen. Dann fahren wir mit unseren zwei Fullsize SUVs auf den Alaska Highway in Richtung Teslin. Etwa 50 Kilometer von Whitehorse machen wir Halt am Inn on the Lake. Die gemütliche kleine Lodge liegt direkt am Ufer des Marsh Lake. Ein perfekter Ausgangspunkt zum Wandern, Kanufahren oder Angeln. Im Gemeinschaftsraum der Lodge gibt es täglich Frühstück und Dinner vor einem einmaligen Seeblick. Hier könnte man sich zum Beispiel noch ein paar Tage verwöhnen lassen, nachdem man sein Wohnmobil in Whitehorse abgegeben hat. Besonders im Herbst eine coole Idee.

Kurz vor Teslin besuchen wir das Tlingit Heritage Centre. Vier Totempfähle repräsentieren die vier Ureinwohner-Stämme der Region. Bei leckerem Bannock-Brot sehen wir uns die Ausstellung an. Besonders beeindruckt bin ich davon, dass die meisten traditionellen Schnitzereien innerhalb der letzten Jahre von der jungen Generation hergestellt wurden. Stolz auf die Herkunft und Pflege der Tradition kehren hier offensichtlich zurück. Lunch gibt es im Yukon Motel & Restaurant in Teslin. Große Portionen, viel Fleisch – richtiges Truck Stop Food. Nach so einem Essen brauche ich Bewegung. Am Straßenrand sind die Rancheria Falls ausgeschildert. Vom Parkplatz direkt am Highway ist es nur ein kurzer Spaziergang über einen sehr gut befestigten Wanderweg, der sich absolut lohnt! Auf dem Weg begegnet uns ein Stachelschwein – diese sind bei den Tlingit First Nations übrigens eine beliebte Delikatesse, wie ich heute gelernt habe.

In Watson Lake machen wir als erstes Halt am berühmten Sign Post Forest. Im Zweiten Weltkrieg platzierte hier ein Soldat mit Heimweh ein Schild mit der Distanz zu seinem Heimatort. Weitere gesellten sich dazu. Heute stehen hier über 80.000 Schilder. Ich habe schon viele Bilder gesehen, aber in Natura wirkt der Schilderwald noch viel gigantischer. Im anliegenden Visitor Center gibt es noch mehr zur Geschichte von Watson Lake, Infos zu Aktivitäten in der Umgebung und einen spannenden Film über die Entstehung des Alaska Highway, der 1942 in einer Rekordzeit von nur sieben Monaten gebaut wurde. Zum Dinner kehren wir bei Kathys Kitchen ein – echt empfehlenswert. Im Northern Lights Centre sehen wir uns dann noch eine Planetarium-Show über die Nordlichter und deren Entstehung an. Schon unglaublich, dass es so etwas in einem Ort mit 1500 Einwohnern gibt.

Die Nacht verbringen wir in der Air Force Lodge, dem ältesten Gebäude in Watson Lake. Hier wohnten früher die (übrigens überwiegend weiblichen!) Piloten, die im zweiten Weltkrieg amerikanische Flugzeuge nach Russland geliefert haben. Entsprechend einfach sind die Zimmer – ohne eigenes Bad oder besonderen Luxus, dafür mit viel historischem Charme. Mir gefällt's!

Den folgenden Tag sitze ich fast die ganze Zeit am Steuer. Doch auf dem Robert Campbell Highway ist das alles andere als reines Kilometerschlucken. 584 Kilometer von Watson Lake nach Carmacks – das meiste davon eine Schotterpiste. Da machen sich die großen Allrad-SUVs bezahlt. Am Ortsausgang von Watson Lake steht ein Schild: „Check your fuel – Next Gas Station in 363 km“. Klingt nach Abenteuer! Die Landschaft links und rechts wird immer wilder und spektakulärer. Vor uns Berge, Wälder und Wildnis – soweit man sehen kann. Hinter uns eine dichte Staubwolke. Und das stundenlang. Einfach gigantisch!

Ich halte kurz an, um mir die Beine zu vertreten. Plötzlich höre ich ein Geräusch. Weniger als zehn Meter entfernt kommt ein Bär hinter einem Busch hervor. Mein Adrenalinspiegel steigt. Ich gehe ganz langsam zurück ins Auto, dann greife ich zur Kamera. Die Nervosität wird zu Begeisterung. Der ausgewachsene Schwarzbär posiert noch für ein paar Fotos, bevor er wieder in den Büschen verschwindet. Was für eine Begegnung! Ich habe zwar schon einige Bären gesehen, doch irgendetwas war immer dazwischen – sei es eine Autotür, ein Zaun oder ein Fluss. Auf Augenhöhe ist die Erfahrung noch intensiver.

Weiter geht's nach Ross River. Hier besuchen wir den indigenen Künstler Dennis Shorty. Er und seine Frau, die übrigens aus Deutschland ausgewandert ist, begrüßen uns mit Suppe und Erdbeerkuchen. Man fühlt sich sofort, als würde man zur Familie gehören. Dann zeigt uns Dennis seine Kunstwerke – traditionelle Schnitzereien, Ringe aus Geweihen und Kupfer-Schmuck. Am Ende darf ich mich sogar selbst an der Werkbank versuchen.

Abends erreichen wir Carmacks und damit das Ende des Campbell Highways. Dass unsere Mietwagen ursprünglich blau waren, lässt sich nur noch erahnen. Carmacks ist eine ehemalige Goldgräber-Siedlung direkt am Yukon River. Zum Dinner gehen wir ins Gold Panner Restaurant. Da es auch nach dem Abendessen noch taghell ist, machen wir noch einen Ausflug zu den Five Finger Rapids. Diese Stromschnellen sind vielen Goldsuchern zum Verhängnis geworden. Heute führt ein guter Wanderweg mit vielen Treppen zu einem tollen Aussichtspunkt. Ich sehe den Möwen zu, die über die Felsen kreisen. Irgendwie spannend, schließlich sind wir hier über 350 Kilometer vom Pazifik entfernt. Die Nacht verbringen wir im Carmacks Hotel mit schönen Zimmern, einer Bar und einigen einfachen Cabins. Der Yukon River ist nur wenige Schritte entfernt. Ich setze mich auf ein Stück Holz und genieße den Sonnenuntergang – kurz nach Mitternacht leuchtet der Himmel feuerrot. Fantastisch!

Am nächsten Morgen geht’s wieder früh ins Auto. Auf dem Klondike Highway fahren wir über Whitehorse nach Carcross. Auch diese Strecke ist ein echter Scenic Drive. Auf dem Weg sehe ich am Straßenrand einen Schwarzbären mit zwei Jungen im Wald verschwinden. Wow! Zwischenstopp am türkisfarbenen Emerald Lake, einem der berühmtesten Postkartenmotive im Yukon. Dann weiter zur Carcross Desert, der kleinsten Wüste der Welt. Der Gletscher-Sand wird vom Ufer des Lake Bennett durch den Wind hierher getragen. Das trockene Klima der Region tut sein übriges. Ich wandere etwas herum. Schon irre, im Norden Kanadas plötzlich nur noch von Sand umgeben zu sein. Wir erreichen Carcross, ein kleines Örtchen mit authentischer Goldgräber-Atmosphäre. Ich schlendere über die schöne Holz-Promenade mit kleinen Läden, die lokale Produkte und Kunst der First Nations anbieten. Im Matthew Watson General Store, dem ältesten aktiven Laden im Yukon, kaufe ich mir ein riesiges Eis, das ich am großen Sandstrand des Lake Bennett genieße. So lässt sich's leben.

Vom Bahnhof in Carcross bringt uns die White Pass & Yukon Railroad nach Skagway. Goldsucher, die mit dem Schiff in Skagway (Alaska) ankamen, mussten mit einer Tonne Proviant mehrfach den White Pass überqueren, um über die kanadische Grenze zu kommen. Dieser beschwerliche Weg war damals auch als „Dead Horse Trail“ bekannt. “The horses died like mosquitoes in the first frost, and from Skaguay to Bennett they rotted in heaps,” schrieb Jack London. Entsprechend groß war die Nachfrage nach einer Eisenbahnstrecke, mit deren Bau dann 1898 begonnen wurde. Heute ist der Zug vor allem mit Touristen gefüllt. Kein Wunder – der Blick aus dem Fenster ist wirklich der Wahnsinn! Kleiner Tipp: Fährt man von Carcross nach Skagway, also nach Süden, sind die besten Plätze in Fahrtrichtung rechts am Fenster. In die andere Richtung gilt entsprechend das Gegenteil. Bei einer Rundtour ist die Platzwahl egal. Wir saßen im letzten Wagon, der zusätzlich den Vorteil einer freien Sicht nach hinten bietet. Unser Tourguide Juliana erzählt während der Fahrt Geschichten aus der Goldrausch-Zeit und kündigt besonders sehenswerte Ausblicke an – meistens mit sehr viel Humor. Von Carcross fährt der Zug zunächst am 41 Kilometer langen Lake Bennett vorbei. Währenddessen wird Lunch serviert: Sandwiches, Käse mit Trauben und Cookies. Beim Essen sehe ich auf einem Felsen neben den Gleisen einen Schwarzbären, der dem Zug interessiert nachsieht. Der erste Halt ist in Bennett, BC. Diese historische Siedlung ist nur mit dem Zug erreichbar und besteht aus dem Bahnhof, einer alten Kirche und einem alten Wohnhaus. Hier beginnt auch der Chilkoot Trail, ein ca. 50 Kilometer langer Wanderweg nach Skagway. Im Bahnhofsgebäude befindet sich heute ein Museum. Da der Zug nur eine Stunde Halt macht, will ich erst einmal den kleinen Wanderweg hoch gehen. Neben der historischen Kirche erwartet mich oben ein traumhafter Blick auf den Lake Bennett. Ich vergesse ein wenig die Zeit und muss mich plötzlich beeilen, um pünktlich zurück im Zug zu sein. Für das Museum bleibt leider keine Zeit. Richtig spektakulär wird es noch einmal am White Pass, wo der Zug zwei Tunnel, einige Brücken und extrem steile Berghänge passiert. In Skagway werden die Ausweise kontrolliert und die Einreiseformalitäten geregelt. Ein ESTA braucht man übrigens nicht, es kann aber durchaus hilfreich sein, um den Vorgang zu beschleunigen. Skagway hat viel historisches Flair und ist daher auch ein beliebtes Ziel für Kreuzfahrten. Bei unserer Ankunft liegen gleich zwei Schiffe in der Bucht.

Zum Dinner besuchen wir die Jewell Gardens. Nach einem Rundgang durch die Gärten und die Glasbläserei gibt es im Restaurant leckere Lachs-Panini, Salat mit selbst angebauten Zutaten und himmlische Desserts. Dann geht es mit einem kleinen Propellerflugzeug weiter nach Haines. Wir sind etwa eine Minute zu spät am Airport. Da wir die einzigen Passagiere sind, hat der Pilot glücklicherweise auf uns gewartet. Check-In, Security, Gepäckaufgabe in ingesamt einer Minute – Rekord! Dann heben wir ab und fliegen in die Abendsonne. Vorbei an schneebedeckten Bergen, über den Fjord und über das Flussdelta des Chilkat River. Bis zur Landung vergehen nur 10 Minuten, aber die Ausblicke sind unvergesslich. Unsere Unterkunft in Haines ist das Hotel Halsingland. Das Hotel besteht aus mehreren ehemaligen Soldaten-Wohnhäusern auf dem ehemaligen Fort Seward Militärgelände. Hier gibt es geräumige Zimmer, tolle Ausblicke zum Meeresarm und ganz viel historischen Charme.

Nach einer erholsamen Nacht wollen wir die Region um Haines erkunden. Haines liegt auf einer Halbinsel, die in den Lynn Canal hinein ragt. Im Norden teilt eine steile Bergkette die Region in zwei Teile – Chilkat im Westen und Chilkoot im Osten. Entsprechend ist auch alles andere benannt: Chilkoot Mountains / Chilkat Mountains, Chilkoot River / Chilkat River, Chilkoot First Nations / Chilkat First Nations und so weiter. Die Orientierung fällt so recht leicht. Wir starten den Tag mit einem Float-Trip über den Chilkat River. Tourguide Jess von den Alaska Mountain Guides holt uns am Hotel ab und fährt uns den Haines Highway in Richtung Haines Junction hinauf bis ins Naturschutzgebiet Chilkat Bald Eagle Preserve. Schnell Gummistiefel und Schwimmweste anziehen, dann ab in die Schlauchboote. Jess steuert das Boot, wir anderen können uns zurücklehnen, die Wahnsinns-Kulisse genießen und nach Wildlife Ausschau halten. Der erste Weißkopfseeadler ist schnell gesichtet. Er sitzt auf einem Ast und hat ein wachsames Auge auf den riesigen Adlerhorst im Baum daneben. Kein Wunder, zu dieser Jahreszeit sitzen vermutlich frisch geschlüpfte Jung-Adler im Nest.

Danach besuchen wir das Jilkaat Kwaan Heritage Center in Klukwan, dem Dorf der Chilkat First Nations. Hier bestaunen wir über 300 Jahre alte Totempfähle und kunstvoll gewobene Decken, hören überlieferte Geschichten über die Entstehung der Welt und lernen viel über die faszinierende Kultur. Danach sehen wir uns das Räucherhaus und ein riesiges Kanu aus einem einzigen Baumstamm an. Zum Abschluss nimmt uns ein Mitglied des Stammes mit in ein originalgetreues Langhaus, wo wir gemeinsam traditionelle Lieder singen.

Zurück in Haines treffen wir Joe von Rainbow Glacier Adventures, der uns Haines und die Chilkoot-Seite zeigen will. Wir starten an der American Bald Eagle Foundation, wo verletzte Adler und andere Raubvögel gepflegt werden. Im Haines Sheldon Museum lernen wir dann noch mehr zur hiesigen Tierwelt und zur Kultur der First Nations. Weiter geht’s zum Hammer Museum. Ja, es ist wirklich ein Museum, in dem sich alles um Hämmer dreht. Historische Hämmer, skurrile Hämmer, riesige Hämmer, winzige Hämmer, Kunstwerke aus Hämmern. Über 2000 Stück. Ich war erst skeptisch, aber ich muss sagen, das Museum ist wirklich der Hammer. Ein echter Geheimtipp! Dann bringt uns Joe zu seinen persönlichen Hot-Spots am Chilkoot River. Wir fahren vorbei an einem Fischwehr, das zum Erfassen der Lachsbestände dient. Ab Mitte Juli wird es hier von Bären nur so wimmeln. Zu guter Letzt genießen wir einen traumhaften Ausblick auf den Chilkoot Lake.

Als Kind war ich begeistert vom Disney-Film Wolfsblut, einer Adaption von Jack Londons "White Fang". Große Teile wurden hier in der Umgebung gedreht. Heute stehen auch einige Häuser aus der originalen Filmkulisse hier. Die kleine Westernstadt ist heute Location für Veranstaltungen, zum Beispiel das berühmte Craft Beer & Home Brew Festival. Apropos Bier – an der Haines Brewery können wir natürlich nicht vorbeigehen. Im Tasting-Room probiere ich alle Sorten. Mein Highlight: Das Spruce Tip Ale, mit Sitka-Fichtensprossen aromatisiert. Der Geschmack passt überraschend gut zum fruchtigen Hopfen. Dann gibt es mit Holzfeuer gebackene Pizza im Alpenglow. Extrem lecker! Beim Tasting in der Haines Brewery sind wir auf den Geschmack gekommen und machen uns auf die Suche nach einem Pub. Da gibt es in Haines sogar drei Optionen. Wir entscheiden uns für die Pioneer Bar. Dort treffen wir auch den Betreiber des Hammer Museum, der gerade ein Pub Quiz moderiert – und steigen natürlich direkt mit ein. Nach und nach treffen wir auf immer mehr bekannte Gesichter, die wir bei unserer Tour heute kennengelernt haben. Haines ist eben doch ein Dorf.

Bei traumhaftem Wetter machen wir uns tags darauf auf den Weg zum Hafen von Haines. Auf den Holzpfählen sitzen Weißkopfseeadler und zwischen kleinen Yachten und Fischerbooten schwimmen Otter umher. Süß! Dann kommt der Katamaran von Fjordland an, der uns heute nach Juneau bringen soll. Das moderne Boot hat einen schönen Innenbereich mit großen Fenstern und ein großes Sonnendeck im Heck. Hier verbringe ich fast die kompletten drei Stunden der Überfahrt draußen. Nicht nur wegen des schönen Wetters, sondern auch weil mich die offene Rundum-Sicht auf die Inside Passage, die Berge und die Gletscher einfach nicht loslässt. Das Boot wird langsamer, als wir an einem Felsen voller Seelöwen vorbeifahren. Ganz in der Nähe wird der Motor abgestellt. So kann man die Tiere nicht nur in Ruhe beobachten, sondern auch ihre Rufe hören. Der Fjordland Express ist eben keine reine Fähre, sondern auch eine Wildlife-Viewing und Sightseeing Tour.

Plötzlich sehe ich eine Fontäne im Wasser. Kurz darauf springt ein Buckelwal fast mit seinem ganzen Körper aus dem Wasser. WOW!!! Wieder wird das Boot langsamer und bleibt in der Nähe. Tatsächlich bricht der Wal kurz darauf wieder durch die Wasseroberfläche. Und dann ein zweiter! Echt gigantisch! Wir sehen den Walen eine ganze Weile zu, bevor das Boot sich wieder auf den Weg nach Juneau macht.

Vom Bootsanleger bringt uns ein Bus vorbei an Regenwald und tollen Ausblicken in die Hauptstadt Alaskas. Schon irgendwie verrückt, dass Juneau Hauptstadt eines US-Bundesstaates ist, schließlich leben hier nur gut 30.000 Menschen und die Stadt ist nur per Schiff oder Flugzeug erreichbar. Aber vielleicht schätzen die Politiker gerade diese Abgeschiedenheit. Alle Anträge zur Änderung des Regierungssitzes wurden bis heute abgelehnt.

Wir wohnen im Ramada by Wyndham. Meine Suite im fünften Stock bietet einen genialen Blick auf den Hafen. Schnell das Gepäck abladen, dann treffen wir Kara von Travel Juneau, die uns ihre Stadt zeigen möchte. Wir fangen an mit dem Alaska State Museum. Hier erlebt man die Geschichte Alaskas von der Zeit der Ureinwohner über die russische Kolonisation und den Goldrausch bis in die Moderne. Dazu gibt es noch eine temporäre Ausstellung über Dinosaurier und Fossilien-Funde in Alaska.

Dann wird es lecker. Juneau bietet für seine Größe eine außergewöhnlich vielfältige Food-Szene. Die leckerste Art, sich einen Überblick über die Stadt zu verschaffen, ist eine Food Tour. Midgi, Gründerin von Juneau Food Tours und lokale Food-Bloggerin, führt uns persönlich zu ihren kulinarischen Highlights. Erste Station: Tracy's King Crab Shack. "You can't visit Juneau and not eat at Tracy's", meint Midgi. Und tatsächlich, die Crab Cakes, King Crab Legs und Crab Soup sind der Hammer! Dann probieren wir bei Barnacle Tortilla-Chips mit ungewöhnlicher, aber sehr leckerer Algen-Salsa. Bei McGivney's Sports Bar & Grill gibt es eine Schweinshaxe im "Hot Wing"-Stil. So in etwa würde es wohl schmecken, wenn Schweine fliegen könnten. Bei den Verdauungsspaziergängen zwischendurch erzählt Midgi auch viel Spannendes über Juneaus historische Innenstadt. Das Gourmet-Restaurant SALT serviert uns ein Heilbutt-Häppchen auf Tomatensauce, bei Harbour Spice & Tea probieren einen würzigen Blaubeertee mit Gebäck. Dann erreichen wir den Food Truck Park. Der erste seiner Art in Alaska. Es ist so, als käme man auf ein kleines Street Food Festival – nur dass die Trucks hier eben jeden Tag stehen. Ich probiere ein Sockeye-Lachs-Fischstäbchen mit Knoblauch-Dill-Dip. Mmh. Wer das liest denkt wahrscheinlich, dass man an diesem Punkt schon im Fresskoma liegen müsste. Dank der übersichtlichen Portionen und den Pausen zwischendurch bin ich aber eher angenehm gesättigt. Da bleibt sogar Platz für ein Eis am Food-Truck nebenan. Ich probiere die Salty Salmon Icecream (ja, sie schmeckt wirklich nach Lachs), entscheide mich dann aber doch für Spruce Tip Geschmack. Nach der Food Tour besuchen wir noch den Tasting Room der Devils Club Brewery. Auch die Craftbier-Szene ist im Südosten Alaskas wirklich stark! Bei Devils Club werden verschiedene Ales im belgischen Stil gebraut. Am ersten „German Pils“ wird gerade noch gearbeitet.

Am nächsten Morgen fahren wir nach einem ordentlichen Full American Breakfast Buffet im Ramada Hotel in den Tongrass National Forest – den größten Nationalforst der USA – zum Mendenhall Lake. Unser Guide von Liquid Alaska Tours wartet bereits mit Gummistiefeln, Schwimmwesten auf uns. Schnell umziehen, dann runter zum See. Wir wollen mit einem großen Voyager-Kanu bis an den Fuß des Mendenhall Gletschers paddeln. Schon von weitem ist die Eismauer zwischen den Bergen echt beeindruckend, doch erst wenn man näher kommt wird einem die tatsächliche Größe bewusst. Im Wasser treiben einige Eisberge, die unwirklich blau leuchten. Wir paddeln vorbei an einem breiten Wasserfall. Auf den Bergen erkenne ich mit dem Fernglas einige Bergziegen. Genial!

Nach dem Vormittag im Kanu schmecken die herzhaften Waffeln bei GonZo besonders gut. Dann legen wir noch einen Stop bei der Alaskan Brewery ein. Obwohl es sich um die zweitgrößte Brauerei Alaskas handelt hat der Tasting Room den Charme einer lokalen Craft-Brauerei. Ich probiere unter anderen das Smoked Porter, ein sehr kräftiges Rauchbier. Meine Empfehlung wäre dann aber doch eher das Alaskan Amber. Zurück in Downtown Juneau nehmen wir die Mount Roberts Tramway, eine der steilsten Seilbahnen der Welt. In nur wenigen Minuten erreichen wir die Bergstation, über 500 Meter über den Dächern von Juneau. Die Sicht ist heute leider nicht besonders klar, doch die Fahrt hat sich trotzdem gelohnt. Oben warten ein Restaurant und diverse Wanderwege durch den Regenwald am Berghang. Der Wald hat mit seinen dicken Moosschichten und langen Flechten etwas märchenhaftes – vor allem im Nebel. Schnell überwinden wir die Baumgrenze und sind umgeben von alpinen Wiesen.

Wieder unten am Hafen treffen wir uns an der kleinen Holzhütte von Wings Airways. Hier startet unsere Fly'n'Dine Tour zur Taku Lodge. Ich steige in eines der drei DeHavilland Otter Wasserflugzeuge, dann heben wir ab. Die Aussicht ist der Hammer! Erst Juneau von oben, dann der Fjord, dann die riesigen Gletscherflächen des Juneau Icefield. Insgesamt fünf Gletscher liegen auf der Flugroute. Nach einem unvergesslichen Flug landen wir im Taku Inlet direkt vor dem Hole-In-The-Wall-Glacier. Hier erwartet uns eine gemütliche Lodge, direkt daneben liegen schon die Lachsfilets auf einem großen Barbecue Grill. Es bleibt etwas Zeit, die Umgebung zu erkunden, bis ein lauter Gong alle Gäste zum Essen in die Lodge ruft. Neben dem frischen Coho-Lachsfilet gibt es ein Buffet mit leckeren Beilagen. In urig-gemütlicher Atmosphäre genieße ich das Dinner am Kaminfeuer und schaue regelmäßig aus dem Fenster zum Grillplatz. Nicht selten sollen hier einige Schwarzbären herumschleichen, die gern den fischigen Grillrost ablecken. Heute scheinen sie allerdings keinen Appetit zu haben. Nach einer kurzen Wanderung durch den Regenwald fliegen wir zurück, wieder mit herrlichen Ausblicken auf den mächtigen Taku Gletscher. Später sehe ich aus dem Flugzeug eine Fontäne im Wasser des Fjordes. Auch der kurz darauf auftauchende Wal ist aus dieser Flughöhe deutlich zu erkennen. Wow!

Wir lassen den Tag in Juneaus berühmten Red Dog Saloon ausklingen. Hier gibt es neben echter Wildwest-Atmosphäre auch Live-Musik und ein skurriles Kult-Getränk namens "Duck Fart". Dieser besteht aus drei Schichten: Kahlua, Baileys und Whiskey. Schmeckt in etwa wie es klingt. Soll aber ein Jahr Glück bringen. Bei uns am Tisch sehen auf jeden Fall alle Glücklich aus.

Am letzten Vormittag in Juneau wollen wir uns noch zwei Unterkünfte ansehen. Wir starten mit dem Silverbow Inn, einem hippen kleinen Hotel in der Innenstadt. Hier gibt es neben modernen Zimmer mit schönen Bädern auch eine coole Lobby mit Bar und eine Dachterrasse mit Hot Tub. Größer und sehr anders ist das Westmark Baranoff Hotel, dass sehr klassisch gehalten ist. Goldene Schriftzüge, dunkle Holzverkleidungen – man fühlt sich etwas wie in einem alten Film. Die Zimmer sind schön und komfortabel. Classy!

Jetzt aber schnell zum Juneau Airport und einchecken für den Flug nach Whitehorse – von dort geht später mein Condor-Flug zurück nach Frankfurt. Auch der Flug nach Whitehorse ist ein Erlebnis für sich. Die kleine Propellermaschine, eine Pilatus PC-12, bleibt auf einer relativ niedrigen Flughöhe. So bieten sich noch mehr tolle Ausblicke auf die Küste, Gletscher und Coast Mountains.

In Whitehorse bleibt noch ein wenig Zeit, die wir für einen Besuch im Yukon Beringia Interpretive Centre nutzen. Beringia war der Subkontinent zwischen Alaska und Sibirien, der während der letzten großen Eiszeit vor 20.000 Jahren noch über dem Meeresspiegel lag. Von hier aus wanderten die Mammuts und allerhand andere pelzige Riesen bis in die Graslandschaften des Yukon. Wirklich spannend! Dann heißt es Abschied nehmen. Auf (hoffentlich baldiges) Wiedersehen, Yukon und Alaska!