Smoke on the Water (1) Westkanada - Kanada Wohnmobil und Fraserway

Smoke on the Water...
Text zum Textwettbewerb 2017
Autor: Alexandra Evenkamp

Teil 1

Am 01.07.1867 wurde Kanada gegründet, am 09.06.1967 wurde mein Mann geboren. Zweihundert gute Gründe zum Feiern! Wir haben uns gedacht, die beiden Anlässe zu verbinden und Thommys 50-jährigen mit einer Reise ins 150-jährige Kanada, unserem Traumreiseziel, zu würdigen. Ganze vier Wochen Auszeit wollten wir uns gönnen, und diesmal in den Sommerferien, denn unsere schulpflichtigen Kinder waren mit von der Partie. Herrlich! Ein wahr gewordener Traum, der ein beträchtliches Loch in unser Portemonnaie gerissen, sich aber hundertprozentig gelohnt hat.

Aufgrund des 150jährigen Geburtstages war in ganz Kanada der Zugang zu allen Nationalparks frei. Gut für uns, aber leider hat der freie Zugang sowohl die Kanadier selbst, die im August ebenfalls Ferien hatten, als auch viele Ausländer in die Parks gelockt. Wir haben aus diesem Grund einige Campgrounds vorreserviert und Ausflüge über SK Touristik vorbuchen lassen, die uns hierbei prima beraten haben. Für uns äußerst ungewöhnlich, über die Wegstrecke nicht spontan zu entscheiden, sondern Vieles vorzubestimmen. Wie sich herausstellen sollte, aber unbedingt notwendig!

Das neben der Überfüllung der Parks weitaus größere Problem: Schon im Juli gab es allein in der Provinz British Columbia, unserem Reisegebiet, etwa 240 Waldbrände, die zum Teil von Blitzen, zum Teil aber auch von Menschen ausgelöst worden waren. An der kanadischen Westküste mussten rund 14.000 Menschen wegen der Brände ihre Häuser verlassen. Viele Häuser wurden zerstört, Straßen waren zum Teil unpassierbar. Zum Glück waren die meisten Highways, die wir laut Reiseplan nehmen mussten, bis zu unserer Abreise nicht gesperrt. Rund 1000 Feuerwehrleute waren in BC im Einsatz. Es war sehr lange Zeit zu heiß und trocken gewesen, sodass die Gefahr weiterer Brände sehr hoch war, aufgrund dessen wurde auch in vielen Gebieten in BC eine Fire Ban, also ein Lagerfeuerverbot, ausgesprochen. Camping ohne Lagerfeuer... auch unvorstellbar. Aber wir hatten uns so lange auf die Reise gefreut und nahmen uns vor, es als Abenteuer zu sehen und uns „überraschen“ zu lassen. Nicht loszufahren war für uns keine Option.

29.-30.07.2017 Amsterdam - Toronto - Vancouver - Vancouver Island (Victoria)

Wir starteten am 29.07.2017. Unser vierter gemeinsamer Trip nach Kanada, unserem Traumreiseziel, und die mittlerweile dritte Reise mit den Kindern. Wir: das sind Thommy, mein Mann, unsere Jungs Yannick (11) und Noah (9) und ich (Alex). Die vierte Reise eigentlich auch für Yannick, wenn man es gelten lässt, dass ich bereits im fünften Monat schwanger war, als wir 2005 auf Vancouver Island geheiratet haben.

Unser diesjähriges Abenteuer ging schon am Flughafen los, als beim Check-In festgestellt wurde, dass ich kein gültiges Visum besaß, weil Thommy beim Onlineantrag statt einer Null den Buchstaben O eingetragen hatte, als nach der Nummer des Reisepasses gefragt wurde. Wir wurden leicht nervös und ich malte mir schon aus, wie die drei ohne mich abfliegen würden, aber wir konnten an der Seite am Schalter wartend das Visum mit dem Smartphone neu beantragen und innerhalb von 10 Minuten den Check-In beenden. Puhhh...

Die Anreise verlief im Übrigen problemlos. Natürlich anstrengend, aber die Jungs freuten sich schon auf das Kinoprogramm im Flugzeug und genossen es in vollen Zügen. Abflug um 11.55 Uhr ab Amsterdam, Ankunft in Toronto um 14.10 Uhr (5 Std., also Flugzeit 7,25 Std.), ab Toronto um 16.10 Uhr, Ankunft in Vancouver um 18.10 Uhr (-weitere 3 Std., also Flugzeit 5 Std.). Der Shuttle Bus zum Pacific Gateway Hotel kam sehr zügig, und nach einem Abendessen im Hotelzimmer sanken wir in die super gemütlichen Betten und schliefen durch bis zum nächsten Morgen. Ich versuche schon gar nicht mehr, herauszufinden, warum ich gerade müde oder hellwach bin, die Zeitzonenrechnerei macht mich wahnsinnig. Ich konzentriere mich darauf, so schnell wie möglich in den neuen Rhythmus hineinzufinden. In diese Richtung klappt das meist schneller und besser. So auch diesmal.

Um 8.45 Uhr wurden wir abgeholt. Bei Fraserway verlief alles schnell und unkompliziert, alle waren wie immer freundlich und hilfsbereit. Paperwork first, dann bekam Thommy die Einweisung, während ich schon auspacken durfte. Wir kennen „unseren“ Truck Camper mit Slide Out aber auch schon in und auswendig und ich musste nicht lange überlegen, wie ich unser Gepäck verstaue. Der Inhalt von vier riesigen Reisetaschen ab in die kleinen Schränke. Ich bin jedes Mal wieder erstaunt, wie viel man in einem Wohnmobil tatsächlich unterbringen kann. Wir hatten uns dieses Jahr bewusst nicht der Illusion hingegeben, es könnte alles super schnell laufen, denn wir haben aus den letzten Reisen gelernt: ein Wohnmobil zu beziehen, braucht seine Zeit, und der unverzichtbare Großeinkauf ebenfalls. Diesen erledigten wir in der großen Einkaufsmall Richtung Tsawwassen, und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis wir alles beisammen hatten. Es hätte ohnehin nichts genutzt, sich unter Druck zu setzen. Als wir bei BC Ferries in Tsawwassen ankamen, mussten wir mehrere Stunden warten, da aufgrund eines medizinischen Notfalls eine Fähre umkehren musste und den ganzen Zeitplan durcheinander gebracht hatte.

Die letzte Fähre nahm uns zum Glück noch mit. Die Überfahrt war sehr schön. Obwohl es draußen schon recht kalt war, kam hier bereits eine wohlig bekannte Kanadastimmung auf. Auf Vancouver Island angekommen, fuhren wir nach Victoria und parkten bei den Eltern unserer Freunde, unseren Trauzeugen von 2005. Diese waren, was wir vorher bereits wussten, unglücklicherweise beide nicht zu Hause: Dennis in Sooke zum Fishing, Marcia weiter im Norden mit Freundinnen zum Kayaking, hatten aber darauf bestanden, dass wir die erste Nacht bei ihnen vor der Haustür parken, um nicht mehr zu lange Wege zurücklegen zu müssen. Sie hatten uns einfach die Hintertür des Hauses aufgelassen, damit wir das Bad der Familie benutzen konnten und uns ein Stromkabel zum Aufladen des Wohnmobils herausgelegt... typisch kanadische Lässigkeit und Großzügigkeit.

31.07.2017 Victoria - Cowichan Lake Campground

Die erste Nacht im Wohnmobil war sehr gemütlich, wir fühlten uns direkt wieder zu Hause. Unseren ersten Kaffee morgens haben wir im Garten von Marcia und Dennis getrunken und das tolle Gemüse und die wunderschönen Blumen bewundert, die mit unauffälligen, aber hohen Zäunen gegen das überall gegenwärtige Deer geschützt werden müssen. Was bei uns in Münster die Kaninchen sind, sind in Victoria die Rehe. Sie sind zu unserem Entzücken und zum Horror der Anwohner überall und fressen sich durch die Vorgärten. Bestaunen konnten wir im Garten auch zahlreiche Kolibris, die bunte Vogeltränken umschwirrten.

Nach einer erfrischenden Dusche hinterließen wir Marcia und Dennis ein kleines Präsent und einen Dankesbrief und fuhren los. Erst einmal nur ein paar Kilometer weiter an einen ganz besonderen Platz, nämlich die Stelle, an der wir am 27.08.2005 geheiratet haben, auf Felsen, fast mit den Füßen im Wasser. Ich hatte 2005 einen Silberschmiedekurs gemacht und uns zwei schlichte breite Silberringe geschmiedet, die unsere Eheringe geworden sind. Wir tragen sie recht selten, aber immer, wenn wir auf Reisen gehen. Auch diesmal wollte ich den Ring vor dem Flug anlegen, Thommy meinte aber, er hätte beide Ringe schon verstaut und würde sie nicht wieder herauskramen. Das hätte mich normalerweise stutzig machen müssen, aber vor der Reise herrscht bei uns immer ein Riesen-Tohuwabohu, sodass diese Irritation im Trubel untergegangen ist.

Nun standen wir an unserem Platz und zeigten den Kindern, wo wir uns das Ja-Wort gegeben hatten, als Thommy plötzlich die Ringe hervorzauberte und mich fragte, ob ich ihn noch einmal heiraten würde. Natürlich! Bevor er mir den Ring über den Finger streifte, sah ich, dass er ihn hatte heimlich gravieren lassen, mit den Orten und Daten unserer Trauung auf Vancouver Island und der kirchlichen Hochzeit auf Mallorca. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich an diesen Moment denke. Was für eine wundervolle Geste! Typisch Thommy... dafür liebe ich meinen Mann!

Wir haben einige Zeit dort verbracht, die Stille und Ruhe genossen, uns die Seesterne und Minikrebse im Wasser angeschaut und nach „der“ Robbe Ausschau gehalten, die 2005 während unserer Trauung zugeschaut hatte. Irgendwann mussten wir uns aber losreißen und weiterfahren, denn wir waren mit Trish, der Tochter von Marcia und Dennis, und ihrer Familie verabredet, die mit weiteren befreundeten Familien am Cowichan Lake ein verlängertes Wochenende verbrachten. Wir hatten aufgrund des tollen Panoramas die Strecke über den West Coast Scenic Drive gewählt, denn in Kanada gilt im wahrsten Sinne des Wortes: der Weg ist das Ziel, überall phänomenale Aussichten! Was auf der Karte aber wie ein Katzensprung aussieht, dauerte gute 5 Stunden, sodass wir erst gegen 17.30 Uhr am See ankamen, wo wir auf der sehr holprigen North Shore Road bis zum Campground noch einmal ca. 40 Minuten entlangrumpelten. Trish und Drew begrüßten uns herzlich, sie hatten sich schon gefragt, wo wir wohl bleiben. Aber da Trish einmal kurze Zeit mit meinem Mann liiert war (sie kennen sich aus Australien, er hatte sie vor einigen Jahren in Kanada besucht), wusste sie wohl, dass man sich keine ernsthaften Sorgen machen muss, wenn er unpünktlich ist. Das ist in seiner Welt völlig normal.

Der Cowichan Lake ist ein ungefähr 30 km langer, maximal 4 km breiter Süßwasser-See im Süden von Vancouver Island. Der Campground, den Trish schon vor Ewigkeiten reserviert hatte, lag abgeschieden, andere Camper waren nicht zu sehen. Wir hatten die RV Campsite oberhalb des zusammenhängenden Platzes unserer Freunde direkt am See, wo es sich die Familien gemütlich gemacht hatten. Ich weiß nicht, wie sie so viel Zeug in ihren Autos dorthin transportieren konnten. Camping-Tische und Bänke, ein großer Grill, geschmackvolle Lichterketten, unten am Kiesstrand gemütliche Campingstühle, irre viel Kram... alles, was das Herz begehrt. Das war kein Camping, sondern „Glamping“, wie sie selbst augenzwinkernd zugaben. Unsere Mitcamper waren Trish und Drew mit ihren drei Mädchen (Aylen, 8, und die Zwillinge Airlie und Ryah, 6), Jen und Dillon mit ihrer Teenager-Tochter Zoë und deren Freundin Keyla sowie Michelle und Colin mit ihren Vorschul-Kindern Aden (Junge) und Arley (Mädchen). Alle unglaublich offen und sympathisch. Trish ist Lehrerin, Drew arbeitet bei einem großen Campingausstatter. Jen und Dillon besitzen einen Friseursalon in Victoria, Colin ist Briefträger. Sie haben uns ganz herzlich aufgenommen, uns und die Jungs direkt überall einbezogen.

Nach der langen Autofahrt wollten wir uns zunächst einmal erfrischen und sind in den See gesprungen. Colin und Michelle kamen mit, ich glaube, alle erwachsenen Mitcamper waren schon leicht angeheitert, und so wurden die ersten Kennenlerngespräche im Wasser geführt, wo die Kinder mit ihren riesigen aufblasbaren Einhörnern und Schwänen paddelten. Der See lag unbeeindruckt von Schwan- und Einhornkämpfen ganz still da, es war noch warm, aber ein klein bisschen diesig. Es wurde ein wunderschöner Abend mit gutem Essen, reichlich Alkohol (da sagen die Kanadier nicht nein, ok, wir auch nicht...) und sehr guten Gesprächen. Wir haben eine Menge erfahren, unterhielten uns lange über den Alltag, unsere Reise, aber auch über Trump und die Unterschiede zwischen den USA und Kanada (Gesundheits- und Sozialsystem, Fremdenfeindlichkeit). Ich merkte, wie wichtig es den Kanadiern ist, nicht mit den USA in einen Topf geworfen zu werden. Imponiert hat mir ihr wirklich umfassendes Wissen über Europa. Wir sind beim Thema Fremdenfeindlichkeit (der USA) und Einwanderungspolitik auf das Thema Flüchtlingswelle zu sprechen gekommen, und es hat mich erstaunt, wie genau die Kanadier die Vorgänge in Europa beobachtet haben und wie sehr die Entscheidungen von Angela Merkel (bei uns so harsch kritisiert) im Ausland beeindruckt haben. Kanada gilt als das Musterland des „Multikulti“ und friedlichen Zusammenlebens unzähliger Ethnien, und das hat sich in der Einstellung unserer Mitcamper eindeutig widergespiegelt. Sehr, sehr sympathisch!

Wir saßen abends um ein Gasfeuer herum, was ich im ersten Moment ein bisschen albern und irritierend fand. Aber in weiten Teilen British Columbias herrschte ein Fire Ban, also ein Verbot, Lagerfeuer mit Holz zu entzünden. Das ist für den gemeinen Camper natürlich unerträglich, und so sah ich das erste Mal in meinem Leben ein künstliches Gas-Lagerfeuer, das etwas seltsam anmutete, aber erlaubt und ungefährlich war, und zugegeben in der Dunkelheit und zunehmenden nächtlichen Kälte doch ganz gemütlich. Die Kinder schmorten Marshmallows über dem Feuer und bauten sich s’mores („some more“), das sind zwei Cracker mit einem Stück schmelzender Schokolade und einem gerösteten Marshmallow dazwischen (igitt!). Ein bekannter Lagerfeuersnack in Kanada, und die Kids waren natürlich begeistert! So nahm unser erster echter Urlaubstag ein herrliches Ende.

01.08.2017 Cowichan Lake Campground

Während unsere Freunde in den Tagen zuvor klarste Luft und Sicht hatten und der Blick über den See mit den sich im stillen Wasser spiegelnden Bergen ist wirklich atemberaubend schön, nahm die Diesigkeit seit unserer Ankunft stark zu. Was erst aussah wie Nebel, stellte sich als Rauch heraus, der in den hohen Luftschichten vom Festland herübertrieb. Leider hat uns diese Diesigkeit fast ständig begleitet während der folgenden Wochen, eine Folge der in Westkanada wütenden Feuer. Bei aller Dramatik für die Kanadier haben wir versucht, uns unseren Urlaub und die Stimmung dadurch nicht vermiesen zu lassen. Oft hatte der Rauch in den hohen Luftschichten zur Folge, dass der Himmel ganz unnatürliche Farben annahm oder Sonnenuntergänge oder -aufgänge ganz besonders surreal und schön wirkten. An diesem Morgen war die Szenerie besonders faszinierend. Bevor es etwas weiter aufklarte, wirkte der See fast gräulich und unwirklich.

Wir verbrachten den ganzen Tag am und im See. Tatsächlich versuchte Yannick das erste Mal ernsthaft, hier und da ein bisschen Englisch zu sprechen, Noah lief ohne Worte mit. Wer braucht schon Worte, wenn er sich mit zwei Teenager-Mädels stundenlang von einem Ponton in den See schubst und sich dabei weggackert, mit den kleinen Mädchen am Kiesstrand Schiffe und Häfen aus Steinen, Holzrinde und Blättern baut oder Wasserkämpfe Einhorn gegen Schwan austrägt? Die Jungs hatten jedenfalls einen Riesenspaß und wir Erwachsenen konnten uns herrlich entspannen und erzählen, wie es uns in den Jahren seit unserem letzten Treffen so ergangen war.

02.08.2017 Cowichan Lake Campground / Mussel Beach Wilderness Campground

Auch heute genossen wir die Ruhe am See und die gemeinsame Zeit, bis es gegen Mittag Zeit wurde, Abschied zu nehmen. Alle außer Jen und Dillon packten ihre Sachen und beluden die Autos. Zwar hatten die Kinder noch Ferien, die Erwachsenen mussten aber zum Großteil zurück an die Arbeit. Wir sagten goodbye zu „S`Mores Harbour“ (namensgebend für den von den Kindern erbauten Hafen war die mit einem alten s`more vom Vorabend bestückte Hafeneinfahrt) und fuhren weiter, Richtung Ucluelet, zum Mussel Beach Wilderness Campground.

Wir machten einen kurzen Zwischenstopp bei Cathedral Grove und bewunderten dort die bis zu 76 Meter hohen Douglastannen, die ältesten von ihnen 800 Jahre alt. Im Übrigen fuhren wir ohne Pause durch. Trotzdem zog sich die Fahrt auch diesmal wieder unglaublich lang hin. Wir benötigten fast sechs Stunden, zumal die letzte Strecke mit dem Truckcamper nur sehr langsam zu bewältigen war und wir mal kurz auf Abwege gerieten, dann aber durch ein paar freundliche First Nations („follow us“) wieder auf den richtigen Weg gebracht wurden. Als wir mit unserem Truck Camper, der recht hoch ist, beim Mussel Beach Wilderness Campground reinfuhren, mussten die dort sitzenden Gäste ziemlich lachen, denn das Wohnmobil schaukelte auch noch nach dem Anhalten von der einen zur anderen Seite. Die letzten 8 Kilometer bestehen aus einer etwas unebenen Gravel Road, nicht dramatisch, aber ziemlich bumpy, sie hat uns ordentlich zum Schaukeln gebracht und es gab ein paar Verluste bei den langstieligen Weingläsern. Nach dieser Strecke haben wir das Geschirr auch im Schrank mit Handtüchern gesichert.

Der Campground hat uns sofort begeistert. Er macht seinem Namen alle Ehre: Muscheln, Muscheln, Muscheln... Wir hatten eine private Waterfront Site vorbestellt und waren hin und weg von dem wundervollen Ausblick: direkt am Pazifik, nördlich des Barclay Sound, am einsamen Strand, Seesterne, Anemonen und Krebse, die Campsite selbst umgeben von ein paar Bäumen. Und beim Einchecken wurde uns mitgeteilt: heute Nachmittag wurde ein Schwarzbär gesichtet, vor einigen Tagen ein Puma, wie aufregend...

03.08.2017 Mussel Beach Wilderness Campground

Morgens ganz früh raus, einen Kaffee in der Hand, auf das Meer blicken und Ausschau halten nach wilden Tieren... so könnte für mich jeder Tag beginnen. Der einzige Mensch am Meer. Die Gezeiten beobachten, zusehen, wie das Wasser in die Wasserarme strömt, diese unglaubliche Stille und Ruhe, nur Natur, sonst gar nichts. Die Seesterne leuchteten in prachtvollen Farben, die Seeanemonen kräuselten ihre Tentakel im glasklaren Wasser und die ganze Unterwasserwelt, Seesterne, Schnecken, Krebse war in Bewegung.

Wir verbrachten den Tag ausschließlich in der Nähe des Campgrounds. Wir unternahmen lange Strandspaziergänge, schauten den Seeadlern beim Fischen zu, kletterten auf den Felsen am Wasser umher und entspannten uns. Am Nachmittag hatten wir ein Riesenglück. Thommy hatte sein Fernglas herausgeholt und den Schwarzbären entdeckt, der, es war Ebbe, auf der rechten Seite des langgezogenen Strandes auf der Suche nach Krebsen und Muscheln im Watt die Steine umdrehte. Was für ein Schauspiel!

Zu unserem Erstaunen durften wir abends sogar ein Lagerfeuer machen (kein Fire Ban in diesem Gebiet), was Thommy und die Kinder in Jubelstimmung versetzte.

04.08.2017 Mussel Beach Wilderness Campground - Cluxewe Resort

Auch heute Morgen: ich allein am Meer, in den Himmel starrend oder ins Wasser. Einfach glücklich sein. Thommy kam mit einem Kaffee dazu. Später wieder ein etwas längerer Strandspaziergang, ich voran mit der Kamera, die Jungs hinter mir, und siehe da... unser Bär kam wieder raus. Ich war relativ nah dran, rührte mich aber nicht, um ihn nicht zu stören, und konnte einige schöne Fotos machen. Was für ein Erlebnis, einem solchen Tier so nah zu sein und es bei seiner Futtersuche beobachten zu dürfen. Nach einiger Zeit verschwand er wieder im Wald, ganz relaxed. Irgendwie aufregend, den Bär in der Nähe zu wissen.

Wir hätten ewig hierbleiben können. Aber so war es leider nicht geplant. Noch am gleichen Tag mussten wir weiter und fuhren um 12 Uhr los, da uns noch ein unglaublich langer Weg bevorstand, erst wieder zurück an die Ostküste von Vancouver Island und dann ganz rauf bis zum Cluxewe Resort, gelegen auf halber Strecke zwischen Port Hardy und Telegraph Cove. Wer den Reisebericht „Wildes Vancouver Island“ von Rainer Schoof gelesen hat, sieht, dass wir uns hinsichtlich unserer Reiseroute und der Aktivitäten sehr von ihm haben inspirieren lassen. Nach dem malerischen Mussel Beach kam mir das Cluxewe Resort etwas riesig, eng und überfüllt vor. Wir hatten zwar eine vorgebuchte Waterfront Site ganz hinten mit Blick auf den Ozean, aber wir kamen erst sehr spät abends an, der Campingplatz war sehr voll, es war dunkel, das Wetter schmuddelig und wir hatten aufgrund des Nebels praktisch keine Sicht. Machte aber nichts, denn wir hatten das Resort ohnehin nur als Ausgangspunkt für zwei wundervolle Touren gebucht. Für die erste packten wir noch nachts unsere Taschen.

05.08.2017 Cluxewe Resort (Grizzly Bear Tour)

Wir fuhren sehr früh morgens los nach Telegraph Cove, wo wir uns um 8 Uhr bei Tide Rip Grizzly Adventures meldeten, um an einer Grizzly Bear Tour teilzunehmen. Wir hatten zwar schon mehrfach Schwarzbären, aber noch nie in unserem Leben einen Grizzly gesehen. Bei unserer letzten Kanadareise war uns leider keine einzige Bärensichtung vergönnt. Wir hatten uns fest vorgenommen, es diesmal nicht darauf ankommen zu lassen.

Mit ca. 8 weiteren Personen bestiegen wir ein kleines Boot und fuhren raus durch das Knight Inlet, einem Fjord, der 125 km lang in die Region der Coastal Mountain Range in BC hineinragt. Unsere beiden Guides James und Lindsey stellten sich während der Fahrt vor und erklärten uns, wie die Tour ablaufen würde. Es gab Kaffee, Kakao, Müsliriegel, Muffins und Obst, sodass man in Ruhe wach werden und sich ein wenig stärken konnte. Wir verbrachten die erste Zeit nur im Innenraum des Bootes, weil es draußen sehr neblig war und man kaum etwas erkennen konnte. Lindsey erklärte uns, dass dies im August eigentlich typisch wäre, weshalb der „August“ von den Kanadiern auch „Fogust“ genannt würde. Der Nebel lichtete sich aber mit der Zeit, zwar nicht vollständig, aber immerhin soweit, dass wir von drinnen auf unseren warmen Plätzen oder draußen auf dem Deck im frischen Fahrtwind die phantastische Inselwelt bestaunen und sowohl nach Walen als auch an den Ufern nach Bären Ausschau halten konnten: leider vergeblich. Nach ca. eineinhalb Stunden Fahrtzeit machten wir einen Zwischenstopp an einem Bootssteg am Anfang der Glendale Cove. Glendale Cove liegt in der südlichen Ecke des Great Bear Regenwaldes und ist Heimat einer großen Anzahl von Grizzlybären. Wir stiegen an dem Bootssteg auf ein spezielles, sehr flaches Boot um, das keine Kabine, sondern nur eine schmale hochgelegene Aussichtsplattform hat, auf der mehrere Personen Platz hatten. Damit fuhren wir weiter in die Bucht hinein. Wir erreichten ca. 10 Minuten später das Ende des Wasserarmes, machten den Motor aus und ließen uns näher an das Ufer herantreiben. Und was wir dann bestaunen konnten, war wirklich spektakulär: Wir sahen mindestens 20 Grizzlys, vielleicht auch noch mehr, immer wieder poppten im hohen Gras neue Köpfe hoch, Tiere kamen näher oder entfernten sich. Auch zwei Weibchen mit ihren Cubs konnten wir beobachten. Wenn es möglich war, stiegen Lindsey und James aus dem Boot ins Wasser (sie hatten Schutzanzüge an) und schoben das flache Boot ganz nah an die Grizzlys heran, in die Kanäle hinein.

Erstaunlich, wie unterschiedlich die Bären aussahen: hellere und dunklere, magere und fette Typen, Tiere, die eher gefährlich aussahen und einer, der wirkte wie ein knuddeliger Teddybär. Wir konnten sie stundenlang beobachten, ich weiß nicht, wie lange wir dort blieben, die Zeit ging gefühlt recht schnell vorbei. Gegen Mittag fuhren wir einmal zurück zum Bootssteg, um dort ein sehr gutes Mittagessen zu uns zu nehmen. Die Guides hatten ein Buffet aufgebaut und wir durften uns aus frischen Zutaten Wraps und Sandwiches bauen. Zurück am Ende der Bucht, wechselten wir mehrfach die Plätze, einmal weiter rechts zur Küste hin, um ein Muttertier mit ihren drei Jungen näher zu beobachten, einmal folgten wir einem Bären weit in die Wasserarme hinein, sodass ich mir schon Gedanken machte, was passieren würde, wenn uns ein anderer Bär den Rückweg abschneiden würde. James und Lindsey versicherten aber, es sei ihnen noch nie etwas passiert. Ich vermute auch, dass die Bären in der Glendale Cove sich an die Beobachter schon ziemlich gewöhnt haben. Jamie erklärte uns, dass die Bear Watching Boote sogar dazu beitrügen, die Bärenpopulation zu schützen, denn aufgrund der Anwesenheit der Boote könnten die Mütter mit ihren Cubs ungestört grasen und die männlichen Bären trauten sich nicht mehr, die Jungtiere anzugreifen, was sonst ab und zu vorkommen könne.

Als wir nachmittags wieder in Telegraph Cove ankamen, waren wir geflasht und zufrieden mit der Welt. Den Abend nutzten wir zum Wäschewaschen und Aus- und Einpacken, denn am nächsten Morgen sollte es schon wieder auf die nächste spannende Tour gehen, diesmal für drei volle Tage. Wir bestellten ein Taxi für den nächsten Morgen zum Campground. Das Wohnmobil sollte im Cluxewe Resort stehenbleiben, was zwar Zusatzkosten verursachte, uns aber ein sichereres Gefühl gab.

06.08.2017 Cluxewe Resort - Orca Camp

Said, der im Bericht von Schoof empfohlene und sehr witzige Taxifahrer (viele Grüße an Rainer und Markus und ihre tollen Familien!), holte uns um ca. 7.30 Uhr fast vor unserem Wohnmobil ab und brachte uns zunächst zum vereinbarten Treffpunkt in Port McNeill, wo wir auf ein sympathisches Ehepaar und ihren Sohn aus Düsseldorf trafen, die ebenfalls auf die gleiche Tour gehen wollten. Lustigerweise war es auch Said, der nach einiger Zeit wieder vorfuhr. Er hatte zwischenzeitlich für den Veranstalter Ecosummer Expeditions den Proviant für unseren Dreitagestrip eingeladen und brachte uns jetzt zum Startpunkt in Telegraph Cove.

Nach ein wenig Wartezeit erhielten wir im Walmuseum von Telegraph Cove eine sehr beeindruckende Führung von einer engagierten jungen Mitarbeiterin und erfuhren unglaublich viel über Wale. Mich beeindruckte am meisten, dass Orcas in sog. Matrilines (Mutterlinien) leben, d.h. in familiären Verbänden mit einem weiblichen Tier (Kuh) an der Spitze. Die einzelnen Gruppen oder auch Pods (bei uns: Schulen) entwickeln ganz eigene Jagdtechniken, welche von Generation zu Generation weitergegeben werden, und kommunizieren auch auf eine ganz eigene Art miteinander, d.h. haben so etwas wie einen eigenen Dialekt. Die Bullen werden auch noch im fortgeschrittenen Alter von den Kühen mit Futter versorgt. Von einer Mutterlinie spalten sich erst dann eigene Gruppen ab, wenn die Gruppe sehr groß ist und eine „Tochter“ aus der Linie mit ihren Kindern eine neue Matriline bildet. Die einzelnen Pods werden von den Forschern mit Nummern und Zahlen betitelt, und uns wurden Tonbandaufnahmen von verschiedenen Matrilines vorgespielt, was uns in allerhöchstes Erstaunen versetzte. Man konnte sofort hören, dass sich die „Dialekte“ der einzelnen Pods sehr unterschiedlich anhören. Manche Gruppen tauschen sich eher mit tiefen, pulsierenden Rufen aus, bei manchen mischen sich mehr Klick- oder Klopflaute in den Walgesang. Interessant ist auch, dass Orcas nicht wie andere Tiere richtig schlafen, sondern in der Lage sind, sich quasi auf Automodus zu bewegen und abwechselnd mal die eine, dann die andere Gehirnhälfte „ruhen“ zu lassen. Bedroht sind die Orcas unter anderem durch die Umweltverschmutzung. Die Kühe werden viel älter als ihre männlichen Artgenossen, sie können vergleichbar mit uns Menschen ein Alter von ungefähr 80 bis 90 Jahren erreichen, während die Bullen maximal 50 bis 60 Jahre alt werden. Dies liegt daran, dass die Kühe einen Großteil der Umweltgifte, die sie über das Wasser bzw. die Nahrung aufnehmen, bei der Geburt an ihre Kälber abgeben können. Dies wiederum führt dazu, dass die ersten Kälber meist sterben, während bei den folgenden Geburten die Überlebenswahrscheinlichkeit zunimmt. Das nur als minimaler Ausschnitt dessen, was uns im Museum wunderbar vermittelt wurde.

Als die Führung beendet war, wurden wir von einem Boot abgeholt und zum Orca Camp gefahren, welches an der Johnston Strait auf Vancouver Island gegenüber von Harbledown I und Crawcroft Island liegt und nur mit dem Boot erreichbar ist. Begrüßt wurden wir dort von unseren Guides Ken Matheson (u.a. auch Tierfilmer) mit seiner Frau Margot (eine ausgewanderte Niederländerin) und Jordan Gatto-Bradshaw sowie zwei Schweizerinnen, die bereits drei Tage im Camp hinter sich hatten und so klug gewesen waren, zwei aufeinander folgende Campaufenthalte zu buchen.

Das Orca Camp ist für alle, die outdoortauglich sind nicht nur sehr gemütlich, sondern fast komfortabel, es besteht aus einer großen offenen Küche, zwei neu installierten Toilettenräumen, einem „Bad“ aus Zedernholz mit zwei herrlichen Warmwasserduschen („wobbly bear spa“) und mehreren fest installierten Zelten mit ordentlich gepolsterten Schlafmatten und Schlafsäcken. Diese einzelnen Campbestandteile liegen nicht alle direkt nebeneinander, man muss über einen kleinen Pfad ein paar Schritte durch den Regenwald gehen, um beispielsweise von der Außenküche zu den Zelten zu gelangen, was dem ganzen einen besonderen Charme verleiht.

Wir einigten uns schnell, wer mit wem in einem Zelt schläft, verstauten unsere Reisetaschen und zogen uns um: Neoprenschuhe und „quick dry“ Klamotten. Alles, was aus Baumwolle ist, hat in diesem Camp nichts zu suchen. Während des kompletten Aufenthalts hier im Regenwald ist nichts getrocknet, eher feucht geworden, wenn es nicht ohnehin schon nass war. Nur die Sachen, die wir in verschließbaren Plastiktüten mitgenommen hatten, blieben trocken. Also: klug packen ist hier angesagt!

Wir erhielten von Ken eine Einweisung und fuhren dann direkt zum ersten Mal raus, Thommy mit Noah (9) in einem Kajak, Yannick (11) mit mir. Ich hatte im Vorfeld ein bisschen Bedenken, dass die Kinder Angst bekommen könnten, aber nichts dergleichen geschah... Sie hatten riesigen Spaß und kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Das Wasser fällt direkt hinter dem Ufer steil ab und wird relativ schnell sehr tief, in der Mitte der Strait ist es einige hundert Meter tief. Schon nach den ersten Metern wachsen aus der Tiefe riesige Kelpwälder herauf. Wir haben in den darauf folgenden Tagen sogar Wale (vom Wasser aus) hinter den Kelpwäldern, also quasi direkt vor dem Strand schwimmen sehen! Schon am ersten Nachmittag hatten wir Glück. Wir paddelten links die Strait hoch und warteten sehr lang, konnten aber irgendwann eine große Walgruppe etwas weiter weg an uns vorbeiziehen sehen. Nach der langen Ausfahrt zogen wir uns um, während Margot mit Unterstützung der Herren ein herrliches und sehr gutes Abendessen mit fabelhaftem Nachtisch zauberte, das wir unten am Strand an einem Gasfeuer einnahmen. Überhaupt war die Versorgung mit Essen wunderbar, es gab immer große Mengen an sehr schmackhaften Gerichten, und morgens standen Kaffee, Tee, Kakao immer schon bereit, wenn man aufstand und zur Außenküche rüberging. Auf die Ausflüge nahmen Ken und Margot immer große Mengen an Proviant mit, sodass wir sowohl auf dem Wasser als auch bei verschiedenen Landgängen sehr gut versorgt waren.

Unsere Guides stellten uns Bücher und Karten zur Verfügung, die über die Gegend und die Wale informierten, konnten aber auch persönlich jede Frage beantworten. Abends am Lagerfeuer wurden wahnsinnig lustige und spannende Geschichten erzählt. Ken, Margot und Jordan sind echte Outdoor- und Abenteuer-Typen, die in ihrem Leben schon sehr viel erlebt haben, kamen aber niemals überheblich, sondern weltoffen, intelligent, witzig und unglaublich sympathisch rüber. Und obwohl sie schon so viel Zeit im klammen Regenwald verbracht hatten, konnte man ihnen anmerken, dass sie nach wie vor riesigen Spaß an der Walbeobachtung hatten und größten Respekt vor der Natur und natürlich den Walen mitbrachten.

07./08.08.2017 Orca Camp Tag 1 und 2

Die Nächte in den Zelten waren gut, zu gut fast, denn mehrfach müssen Orcas nachts direkt vor unserem Camp ein Riesenspektakel gemacht haben, welches wir verschlafen haben. Man konnte ständig die Blase der Wale hören. Wir hatten aber abends vor dem Schlafengehen schon Orcas vorbeiziehen hören und wussten, dass Aufstehen sich nicht lohnte. Die Nacht war pitchblack, man sah die Hand vor Augen nicht und ganz gewiss keinen Orca im Wasser, und ich war schon froh, nicht durch den Regenwald auf die Toilette stolpern zu müssen.

Die Tage im Orca Camp waren der Wahnsinn! Ken und Jordan standen immer in Funkkontakt zu den Whale Watching Booten, sodass sie ungefähr ausmachen konnten, wo und wann Wale vorbeiziehen würden. Oft konnten sie sogar die Matrilines bestimmen. Neben Orcas konnten wir auch einige Sea Lions (Seelöwen) und Harbour Seals (Seehunde) beobachten sowie zahllose Dall’s Porpoises (Schweinswale, leicht zu verwechseln mit Delphinen) und auch zwei Humpback Whales (Buckelwale), einen davon sogar vom Ufer aus direkt rechts vor unserem Camp vorbeiziehend!

Das Kajaken war traumhaft. Bisher bin ich in meinem Leben höchstens Ruderboot oder Kanu gefahren, würde nach dieser Erfahrung aber Kayaking immer vorziehen. Wir glitten schnell und mühelos über das Wasser, und es war nicht schwierig, auch für die Kinder nicht, beim Paddeln einigermaßen den Rhythmus zu halten. Die Kajaks glitten lautlos über das Meer, und es war teilweise so windstill und ruhig, dass man meilenweit Geräusche hören konnte. Die Tiefe des Wassers war respekteinflößend, vor allem, wenn man sich klar darüber wurde, dass jederzeit riesige Wale unter oder neben einem auftauchen konnten. Wobei man Orcas sicherlich früher hören würde und sie niemals unter einem Boot auftauchen würden. Bei den Buckelwalen sieht das anders aus. Sie können länger unten bleiben und tauchen dort auf, wo es ihnen beliebt, egal ob etwas über ihnen schwimmt oder nicht. Es war ein herrlicher Nervenkitzel, über das Wasser zu gleiten und auf den Blas eines Wales zu warten, der meilenweit über die See zu hören war und dann immer näher kam. Wir haben mehrfach Gruppen von Orcas an uns vorbeiziehen sehen, einmal kamen mehrere Gruppen aus verschiedenen Richtungen, wir wussten gar nicht, wo wir zuerst hinschauen sollten. Wir haben sie jagen und spielen sehen, und einmal schwamm ein großer Bulle mit einer riesigen Finne von links auf uns zu, tauchte dann kurz vor unserer Gruppe unter und weiter rechts wieder auf. Das Gefühl war einfach unbeschreiblich. Angst trifft es nicht... eher Ehrfurcht und tiefe Dankbarkeit, so einen Moment erleben zu dürfen.

Das Orca Camp liegt nahe dem Robson Bight (Michael Biggs) Ecological Reserve, einem geschützten Gebiet, in das Boote ohne Sondergenehmigung nicht hineinfahren dürfen. Die Orcas können hier ungestört leben, spielen, jagen und sich insbesondere im flachen Wasser am Strand reiben (sog. beach rubbing). Wir fuhren am zweiten Tag auf der gegenüberliegenden Uferseite der Strait entlang, gingen dort an Land und machten eine etwas längere Wanderung, bei der uns Jordan viel über die dortige Flora und Fauna erzählte. Ziel der Wanderung war das Eagle Eye, eine Aussichtsstation und Bestandteil des Robson Bight Warden Program. Die Aussichtsplattform ist bei Tag ununterbrochen besetzt. Die Mitarbeiter bzw. freiwilligen Helfer dort stehen in Funkkontakt mit einem Boot unten auf dem Wasser und überwachen die Einhaltung der Schutzzonen. Außerdem melden und notieren sie jedwede Walaktivität unten in der Strait, was zu einem besseren Verständnis der Wale führen und die Walforschung unterstützen soll. Es war sehr interessant, von den Eagle Eye-Mitarbeitern etwas über deren Arbeit und das Programm zu erfahren. Toll, dass sich so viele Menschen dort in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren!

Als wir wieder in den Kajaks saßen und zurückpaddelten, sahen wir oben hinter dem Berghang über unserem Camp dicke Rauchschwaden aufsteigen. Es war ein wenig unheimlich und wir warteten eine Weile auf dem Meer und hörten den Funk ab, um zu erfahren, ob jemand dieses offensichtlich neue Feuer bereits gemeldet hatte. Ich meinte spaßeshalber, ich würde vom Wasser aus ein letztes Foto vom Orca Camp machen, was Margot, die ein herrlich ansteckendes Lachen hat, in großes Gelächter ausbrechen ließ. Als dann Noah ganz ohne den Text zu kennen anfing, die Melodie von „Smoke on the water“ vor sich hin zu summen, war die gespenstische Stille endgültig vorbei und wir alle mussten herzlich lachen. Wir trauten uns nach einer Weile wieder an Land. Gegen Abend ließ der Rauch etwas nach, am nächsten Tag war nichts mehr zu sehen.

Die Tage im Orca Camp waren berauschend, lehrreich, spannend und entspannend, ich könnte noch seitenweise weiterschreiben, würde aber empfehlen, selbst teilzunehmen. Es ist eine einmalige und wundervolle Erfahrung! Eines der besten Erlebnisse meines Lebens.

09.08.2017 Orca Camp - Cluxewe Resort

Am letzten Camptag packten wir unsere Sachen und machten uns abreisefertig. Das Wassertaxi sollte gegen 11 Uhr kommen, Thommy und ich durften aber noch einmal mit dem Kajak raus, als wir versprachen, uns nicht zu weit zu entfernen. Wir fuhren ein wenig rechts Richtung Schutzzone und schauten uns die bunten Seesterne und die Seeigel an den Uferfelsen an, dann kehrten wir um, um wieder am Camp vorbei und links die Strait hoch zu paddeln, wo Nebel aufzog. Wir genossen unseren letzten Ausflug in vollen Zügen und nahmen die Atmosphäre in uns auf. Kurz bevor wir zurückpaddelten, hörten wir direkt vor uns im Nebel laute Blows, konnten aber leider nichts mehr erkennen. Bye bye, Orcas...

Nach der Verabschiedung, die mich wirklich traurig stimmte, wurden wir nach Port McNeill zurückgebracht. Von dort aus fuhren wir noch einmal mit dem Taxi nach Telegraph Cove, um dort mit der netten Düsseldorfer Familie eine Fischsuppe in der Old Saltery am Board Walk zu essen, das bunte Treiben in Telegraph Cove zu beobachten und uns den Nachmittag zu vertreiben. Um 17 Uhr kehrten wir zurück ins Cluxewe Resort.

10.08.2017 Fähre nach Bella Coola

Am nächsten Morgen fuhren wir sehr zeitig los, um gegen 8 Uhr die Fähre von Port Hardy nach Bella Bella und dann eine weiterte Fähre nach Bella Coola zu nehmen. Die Fährfahrt umfasste insgesamt 17 Stunden und ist ein Teil der berühmten Inside Passage. Sie ist wunderschön, aber nicht so spektakulär, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Vielleicht aufgrund der unglaublichen Erlebnisse der letzten Tage, in der wir die Natur hautnah erleben und nicht nur von Weitem bestaunen durften. In Bella Bella stiegen wir auf eine kleinere Fähre um, die nur drei Wohnmobile fasste. Dort lernten wir ein sehr nettes holländisches Ehepaar kennen: Fredi und Bart.

Als die Sonne unterging, tauchten plötzlich von allen Seiten Delphine auf, die uns begleiteten, bis es ganz dunkel war. Sie sprangen neben uns aus dem Wasser oder schwammen direkt in der Bugwelle vor der Fähre her, und zwischendurch spritzten sie uns Zuschauer an Bord mit lautem Platschen ihrer Schwanzflossen nass. Was für ein Gejohle jedes Mal an Bord, wenn sie wieder jemanden nass gemacht hatten. Ich bin sicher, die Delphine hatten dabei einen Riesenspaß und haben es sehr genossen. Wir auch!

Als wir mitten in der Nacht in Bella Coola ankamen, fragte einer der Mitarbeiter auf der Fähre, wie wir denn von Bella Coola weiterkommen wollten, da der Highway 20, die einzige Straße, die von dort wegführt, seit einigen Stunden gesperrt sei! Wir hatten noch am Tag zuvor die Straßensperren gecheckt, zu diesem Zeitpunkt war noch alles freigegeben. Dementsprechend waren wir geschockt, fuhren aber wie geplant von der Fähre runter (was blieb uns auch anderes übrig?) und weiter bis zum Gnomes Home, dem Campground, für den wir bereits einen Platz reserviert hatten. Die Niederländer fuhren hinter uns her, da sie nicht so gut informiert waren und es schon sehr spät war.

Zur Erläuterung unserer Situation: Wir haben die Fähre von Bella Bella nach Bella Coola ca. ein dreiviertel Jahr im Voraus gebucht, eine spontanes Buchen der Fährfahrt hin oder zurück ist aussichtslos, und die Strecke Port Hardy-Bella Coola kostete uns mehrere Hundert Dollar, sodass es weder realistisch noch finanziell eine Option gewesen wäre, eine Fähre zurück zu nehmen. Wir saßen also fest!

11.08.2017 Bella Coola - Tatla Lake

Wegen der ständigen Frühaufsteherei in unseren ersten Ferienwochen waren wir heute mal äußerst faul und schliefen alle lange aus. Nach einem sehr späten Frühstück fingen wir an, uns Gedanken darüber zu machen, was nun passieren könne. Wir machten ein paar Pläne für erste Ausflüge, wollten aber zunächst mal nach Bella Coola reinfahren, um zu erfahren, wie die Situation im Hinblick auf den Highway 20 sich darstellte.

Tatsächlich konnten uns die Damen im Central Coast Regional District Office nicht wirklich weiterhelfen, da sie selbst nur wenige Informationen hatten. Sie warteten auf Rückmeldungen von den Fire Fightern vor Ort. Stand war, dass alle Gebiete östlich von Bella Coola evakuiert wurden und der Highway gesperrt worden war, weil zwei Feuer von beiden Seiten Richtung Highway wanderten. „It`s a sleeping giant up there!“, so die nicht so beruhigende Aussage. Da so etwas noch nie passiert war, konnte man uns auch nicht sagen, ob eventuell irgendwann Sonderfähren zurück nach Vancouver Island eingesetzt würden, ob man im Convoy mit Polizeibegleitung durch die Feuer fahren dürfe oder ob es eventuell einzelne Sondergenehmigungen zur Durchfahrt geben könne. Uns wurde recht schnell klar: Obwohl wir diese wundervolle Gegend der Coastal Mountains und des Chilcotin Plateaus noch nie bereist hatten und sehr gern länger hier geblieben wären (zumal Richtung Rockies auch alles überfüllt zu sein schien), mussten wir die nächste Möglichkeit nutzen, hier wegzukommen. Es konnte einfach niemand voraussagen, wie sich die Feuer entwickelten, und wir konnten für lange Zeit hier festsitzen und unseren Rückflug von Calgary verpassen, wenn wir es darauf ankommen ließen. Also fragten wir nach, wann es Neuigkeiten von den Fire Fightern geben könne und fuhren nachmittags um 17 Uhr wieder zurück zum Office. Zunächst herrschte hier immer noch totales Chaos, und immer mehr Menschen kamen an und fragten nach Angehörigen oder dem Stand der Dinge, als plötzlich die Nachricht kam, dass wir eine „drive through“-Sondergenehmigung erhalten könnten, wenn wir noch am gleichen Tag durchfahren, aber nirgendwo Halt machen würden. Wir haderten nicht lange und ließen uns die Genehmigung ausstellen. Zurück am Campground, sagten wir erst Fredi und Bart Bescheid, packten dann unsere Sachen zusammen, machten noch einen Sani Dump und füllten Wasser auf. Als wir den Campground verließen, kamen hinter uns die Niederländer angefahren, die sich ebenfalls schweren Herzens eine Sondergenehmigung hatten ausstellen lassen. Sie blieben hinter uns, als wir die Strecke zum ersten Checkpoint hinter uns brachten. Ein bisschen spannend wurde es beim Anstieg auf den Heckman´s Pass: Die Straße ist hier nicht asphaltiert, hat dafür ca. 18 % Steigung und teilweise abenteuerliche Kehren. Wir sind aber alle schwindelfrei, und weil wir so viel über diese berüchtigte Strecke (genannt „the hill“) gelesen hatten, waren wir überrascht, wie einfach wir durchkamen. Aber Hochmut kommt vor dem Fall. Just in dem Moment, als wir „on top of the hill“ fuhren, meldete die Cockpit-Anzeige „low tire pressure front right“ wir hatten eine Reifenpanne. In rasantem Tempo wich Luft aus unserem rechten Vorderreifen, und es war unumgänglich, an den Rand zu fahren und auszusteigen. Was für ein Timing! Natürlich hat man dort oben keinen Handyempfang, es war also nicht möglich, irgendjemanden zu benachrichtigen.

Aber selbst wenn... ich hatte keine Ahnung, ob ein Werkstattwagen zu uns hätte durchfahren dürfen. Vermutlich nicht, und wenn uns die Polizei zu Hilfe gekommen wäre, hätte man dann das Wohnmobil (mit unseren Sachen) stehen gelassen und uns evakuiert? Aber das war alles reine Spekulation, denn wir konnten ja niemanden erreichen. Wir hatten schon Visionen, wie wir die Nacht (es dämmerte schon) auf dem Hill am abschüssigen Straßenrand im Camper verbringen würden, in ständiger Angst, dass uns ein Feuer überrascht... oder wilde Tiere, die vor den Feuern fliehen. Die Situation kam uns so bescheuert und surreal vor, dass wir lachen mussten. Wer Abenteuer will, der kriegt sie auch...

Aber weg von den wirren Gedanken der ersten Momente zurück zur Realität, die uns gleich mehrere Schutzengel vorbeischickte. Hinter uns hielten glücklicherweise schon nach sehr kurzer Zeit Fredi und Bart, die total lieb und hilfsbereit waren und versuchten, mit uns gemeinsam aus den Anweisungen zum Reifenwechsel in unserem Fahrzeughandbuch schlau zu werden. Leider fanden wir zwar das Ersatzrad, aber nicht das richtige Werkzeug, um dieses zu wechseln. Wir überlegten gerade, dass die Niederländer weiterfahren und jemandem Bescheid geben könnten, als neben uns ein Pickup mit vier Kanadiern hielt, die von einem Fischfangtrip nach Hause fuhren. Echte Kerle! Die Kanadier hatten tatsächlich ein Tire Repair Kit dabei, was einer von ihnen mit beeindruckender Lässigkeit einsetzte, während wir ihn und alle anderen erst einmal mit Bier ausstatteten und uns dabei gemütlich unterhielten. Ich war so erstaunt, dass überhaupt die Möglichkeit besteht, einen solchen Riesenreifen mal eben am Wegesrand zu flicken, ohne das Auto aufzubocken. Der Kanadier machte die Stelle ausfindig, wo ein spitzer Stein den Reifen punktiert hatte, friemelte den Stein raus, bohrte mit einem kleinen Bohrer an der Stelle nach und setzte dann mit einem anderen Werkzeug einen Gummistopfen ein, der das Loch verschloss. Natürlich hatten unsere kanadischen Helfer auch einen Kompressor dabei (hat man ja immer im Kofferraum ;-)....), sodass wir bei einem weiteren Bierchen wieder Luft auffüllen konnten. Die Jungs wollten partout keine Kohle von uns, sondern meinten nur, sowas wäre gut fürs Karma. Echt Wahnsinn!

Total erleichtert fuhren wir weiter, die Niederländer immer im Schlepptau, passierten die zwei weiteren Checkpoints und machten wegen zweier Fast-Zusammenstöße in tiefschwarzer Nacht mit mitten auf dem Highway stehendem Cattle irgendwann in der Nähe vom Tatla Lake Halt auf einem Hof am Straßenrand, um dort zu übernachten. Feuer hatten wir auf der ganzen Strecke nicht gesehen, es war nur manchmal rauchig verhangen, gelegentlich konnte man auch ein bisschen Rauch riechen. Vermutlich stand der Wind günstig.

12.08.2017 Tatla Lake - Williams Lake - North Thompson River Provincial Park Campground nahe Clearwater/Wells Grey

Morgens wurden wir geweckt vom Röhren eines Motocross-Motorrades. Fredi und Bart waren offensichtlich schon weitergefahren und hatten uns Langschläfern nur ein Briefchen hinterlassen. Bei dem röhrenden Motorradfahrer handelte es sich um den Besitzer des Hofes, der nichts gegen unsere Anwesenheit hatte und uns erzählte, dass er Fire Fighter sei und jetzt wieder in die Brandgebiete müsse, wo er am Tag zuvor zwei „Cats“ (nein, keine Katzen, caterpillars!) an das Feuer verloren habe. Er meinte, die Waldbrände seien nicht einzudämmen, solange sich die Vorschriften nicht änderten und es den Fire Fightern nicht wie früher erlaubt sei, die Feuer auch bei Nacht zu bekämpfen. Er bemitleidetet uns, dass wir zu dieser ungünstigen Zeit die Gegend passierten und beschrieb die normalerweise sich bietende Aussicht als so vollkommen, dass sogar der „Erfinder des bekannten Schweizer Hustenbonbons“ angeblich geschwärmt habe, es sei noch schöner als in der Schweiz. Wir wünschten ihm viel Glück, er uns gute Reise, und schon düste er auf seiner Maschine davon.

Wir fuhren ebenfalls weiter, und ab jetzt sahen wir immer wieder komplett niedergebrannte Gebiete, hunderte von Hektar schwarzer Baumstümpfe und dichte Rauchschwaden. An einer Stelle kamen wir an einem riesigen Feuer vorbei, dass über den rechts neben uns liegenden Hang schwaderte, davor ein Hof, den einige Fire Fighter zu retten versuchten, und ein Löschhubschrauber am Himmel. Grauenvolle Anblicke! Man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Menschen dort bei Einsatz ihres Lebens gegen die Feuer kämpften, wie viele Menschen ihr Zuhause verloren haben, wie viel Natur zerstört wurde und wie viele Tiere sterben mussten.

Wir fuhren nach Williams Lake hinein, kauften ein, checkten online unsere Möglichkeiten (Brandgebiete, gesperrte Straßen), und ließen an einer Tankstelle, an der der Mann an der Zapfsäule verrückterweise unsere Geschichte („I heard of you the puncture at the top of the hill“) schon kannte, neue Luft auf den Reifen. Dann fuhren wir aus Williams Lake raus Richtung Highway 97. An der Kreuzung vor dem Highway war eine Straßensperre, an der wir anhielten, denn wir konnten nicht fassen, dass wir tatsächlich in diese Richtung abbiegen durften: Der komplette Himmel war pechschwarz, man konnte nichts erkennen und hatte das Gefühl, direkt in ein Feuer zu fahren. Die Männer an der Straßensperre versicherten uns aber, dass dies die Rauchschwaden von einem riesigen Feuer weiter westlich wären. Uns war es trotzdem etwas mulmig, es fühlte sich ein bisschen so an, als würden wir nach „Mordor“ reinfahren. In dieser pechschwarzen Wolke hätte auch niemand ein neues Feuer ausmachen können. Wir fuhren sehr langsam, und nach einer Stunde lichtete sich der Rauch etwas. Nach längerer Fahrt war nur noch Rauch in den oberen Luftschichten sichtbar. Wir wollten am nächsten Tag in den Wells Gray Park hineinfahren und hielten daher am Information Centre am Eingang des Parks, um uns über freie Plätze auf den dortigen Campgrounds und weitere Aktivitäten zu informieren. Den Wells Gray Park hatten wir schon zweimal besucht, er hat uns aber nie wirklich vom Hocker gerissen. Diesmal wollten wir es mit einer Kanufahrt versuchen. Halt machten wir heute am North Thompson River Provincial Park Campground nahe Clearwater, wo wir einen schönen Platz am Fluss fanden und die Kinder auf den großen Spielplatz liefen, an den sie sich noch vom letzten Urlaub erinnern konnten.

13.08.2017 North Thompson River Provincial Park / Wells Gray Park (Clearwater Lake Campground)

Wir steuerten den letzten Campground (Clearwater Lake Campground) im Wells Gray Park an, und zwar zeitlich so getimt, dass wir um kurz nach 11 Uhr da waren, um „first come, first serve“ noch einen Platz zu erwischen. Als wir uns eingerichtet hatten, machten wir nur noch einen kleinen Spaziergang zum nächsten Lookout auf die Stromschnellen und zum Osprey Café (Restaurant und Kanuverleih), um unsere Kanus für den nächsten Tag vor zu reservieren. Es war ohnehin verboten, die Wanderwege in die Wälder zu nehmen. Überall standen Schilder mit der Aufschrift „Area closed due to wildfire threat”. Ein bisschen frustrierend.

14.08.2017 Wells Gray (Kanutour)

Am nächsten Morgen holten wir uns die Westen und Paddel am Osprey Café ab und fuhren dann weiter bis zum Bootssteg, wo die Kanus lagen. Dort trugen wir zwei Kanus ins Wasser und paddelten los. Ich mach es kurz: Wir waren mehrere Stunden auf dem See, legten eine gute Strecke zurück, machten an einem netten Strand Halt und fuhren dann wieder zurück, aber: Nach unseren Kajaktouren auf dem Meer zwischen Orcas, Seelöwen und Schweinswalen war das hier doch eher mau. Die Enten konnten uns nicht beeindrucken, der Himmel war immerwährend leicht von Rauch überzogen und das Kanufahren war im Gegensatz zum Kayaking so anstrengend, dass unsere Kinder irgendwann streikten, sodass wir auf dem Rückweg umdisponierten, mitten auf dem See die Plätze in den Kanus tauschten und Yannick und Noah in einem Boot mit einem Seil hinter uns herzogen. Fazit: Es war nett, aber der Wells Gray Park ist wirklich nichts für uns. Das war seine letzte Chance!

15.08.2017 Wells Gray - Mount Robson Camground

Gegen 11 Uhr fuhren wir aus dem Park raus und machten auf dem Rückweg, weil wir die Wasserfälle schon mehrfach gesehen hatten, nur kurz an der Bailey's Chute halt, wo man aber noch keinen einzigen Lachs springen sah. Unseren nächsten Zwischenstopp machten wir in Clearwater bei KalTire, dem Vertragshändler unseres Wohnmobilverleihers, und das würde einem in Deutschland nicht passieren, dieser baute den Reifen aus, flickte ihn noch einmal fachmännisch und baute ihn wieder ein, ohne dafür auch nur einen Cent zu berechnen! Er wollte auch unsere Vertragspapiere nicht sehen, sondern unterhielt sich einfach gut mit Thommy und wünschte uns dann eine gute Reise! Was Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft betrifft, können wir wirklich von den Kanadiern lernen!

Wir nahmen den Highway 5 nach Norden und bogen dann nach Osten Richtung Rockies ab zum Mount Robson Campground, wo wir aufgrund unserer relativ frühen Ankunft und wegen der Größe des Platzes noch eine sehr schöne Campsite bekamen. Nachdem wir uns kurz eingerichtet hatten, machten wir einen herrlichen Rundgang zum Fluss und zurück und spazierten dann zum Mount Robson Information Centre mit tollem Panoramablick auf den Berg, der sich diesmal zwar nicht vor blauem Himmel, aber immerhin fast komplett zeigte (wir sind schon mehrfach an ihm vorbeigefahren, haben ihn aber nie richtig zu Gesicht bekommen).

16.08.2017 Gregg Lake Campground / A. Switzer Provincial Park

Heute Morgen fuhren wir in den Jasper National Park. Im Ort Jasper kauften wir ein und waren geschockt angesichts der Menschenmassen, die wir dort vorfanden. Im Visitor Centre versuchten wir uns hinsichtlich unserer Möglichkeiten zu orientieren, aber es war nirgendwo etwas zu machen, alle Campgrounds entlang des Icefields Parkway in den Rockies waren hoffnungslos überfüllt. Also entschieden wir uns schweren Herzens, durch die Berge in die dahinter gelegenen Gebiete, genauer in den A. Switzer Provincial Park zu fahren, und steuerten dort den Gregg Lake Campground an. Es tat mir im Herzen weh, als ich die wilden Rockies im Rückspiegel immer kleiner werden sah, aber es war unter diesen Umstände die richtige Entscheidung: Wir waren sehr erleichtert, als wir sahen, dass der Gregg Lake Campground noch viele Plätze frei hatte.

Ein Spaziergang am See tat gut, die Jungs liefen zum nächsten Spielplatz, und mit einem echten Lagerfeuer (kein Fire Ban in diesem Gebiet) wurde es ein sehr schöner Abend mit haufenweise Squirrels, die unser Essen klauen wollten.

17.08.2017 Gregg Lake Campground (Kettle Trail)

Unsere Campnachbarn, die uns in unserem Entschluss, die Rockies zu verlassen, bestärkten und uns erklärten, wie wundervoll es hier im Hinterland sei, erzählten uns von verschiedenen tollen Trips, die man hier machen könne. Wir entschieden uns unglücklicherweise für den Kettle Trail und ich muss retrospektiv zugeben, dass ich mich tatsächlich nicht erinnern kann, dass sie gerade diesen Trail lobend hervorgehoben hätten. Ich will nicht zu viel jammern, aber es war ein sehr langer, langweiliger Weg nur durch Waldgebiete, ohne Aussicht auf irgendeinen See (was wir uns so gedacht hatten), den ganzen Weg über quälten uns die Mosquitos und wir waren zum Schluss entsetzlich angenervt, als wir bemerkten, dass es mit einem Rundtrip auch nichts wurde, sondern wir den ganzen öden Weg zurück mussten. Also ich kann diesen Weg nicht empfehlen, maximal mit sehr, sehr niedrigen Erwartungen... Die einzigen Highlights an diesem Tag waren das Essen und das Lagerfeuer am Abend!