Westkanada intensiv 2 Westkanada - Kanada Wohnmobil und Fraserway

Westkanada intensiv (Originaltext)...
Text zum Textwettbewerb 2017
Autor: Alexandra Evenkamp

Teil 2 (Fortsetzung)

18.08.2017 Gregg Lake Campground (Athabasca Lookout Viewpoint)

Noch ein Tag, den man aus dem Urlaubsalbum verbannen möchte! Einziger Höhepunkt heute war der Spaziergang zum Athabasca Lookout Viewpoint. Wir fuhren vom Highway 40 ab in die Hinton Nordic Centre Road und parkten am Ende der Straße auf einem Rodelparkplatz. Von hier aus sind es nur ca. 15 Minuten rauf zum Viewpoint. Der Blick von dort ist wirklich atemberaubend! Man hat eine spektakuläre Aussicht auf die Rocky Mountains mit der umgebenden Vorgebirgslandschaft, auf das Solomon Valley, auf den Berg Roche Miette, auf den Brule Lake und den Athabasca River. Trotz der nur mäßigen Sicht (neben dem ohnehin vorhandenen Smoke begann es nun auch noch zu gewittern und stürmen) war dieser kurze Spaziergang auf jeden Fall lohnenswert.

Nach diesem kleinen Ausflug fuhren wir nach Hinton und erledigten dort den fälligen Großeinkauf. „It was raining cats and dogs“, als wir unseren Wagen mit den Lebensmitteln beluden! Wir entschieden uns daher kurzerhand dafür, bei Boston Pizza essen zu gehen. Wir mussten dort sehr lange warten und ich habe diplomatisch ausgedrückt schon besser gegessen...

19.08.2017 Cache Lake Campground (Sulphur Skyline Trail/Miette Hotsprings)

Da zum Wochenende auf dem Gregg Lake Campground alle Sites vorreserviert waren, wechselten wir heute auf den Cache Lake Campground ganz in der Nähe, fuhren aber, nachdem wir bezahlt hatten, direkt weiter zurück in den Jasper National Park nach Miette Hotsprings (ca. 60 km vor Jasper) und parkten hier. Von hier aus starteten wir zum Sulphur Skyline Trail, eine wundervolle Wanderung, die uns für die letzten beiden Tage entschädigte! Auf einer Länge von ca. 8 km ging es ca. 700 Höhenmeter hinauf auf den Sulphur Ridge. Bei den heißen Quellen war noch irre viel los, aber als wir die ersten Kilometer hinter uns hatten, mussten wir nur noch sehr selten Leute vorbeilassen. Wir waren auch nicht gerade früh dran, sodass uns einige Wanderer schon wieder entgegen kamen. Der Aufstieg führte uns zuerst durch Wald, dann unter freiem Himmel steil über Geröll zum Grat hinauf, wo wir mit einem gigantischen 360°-Rundumblick belohnt wurden. Während es unten noch recht windstill war, herrschte hier oben ein stürmischer und eisiger Wind. Aber der Ausblick war einfach unglaublich und wir kauerten uns windgeschützt hinter einen Felsen und stärkten uns mit den mitgebrachten Köstlichkeiten.

Mit vielen kleinen und der sehr langen Pause oben am Grat benötigten wir ca. vier Stunden für die komplette Wanderung. Wieder unten am Parkplatz angekommen, zogen wir uns kurz im Wohnwagen um und gingen dann ins Schwimmbad. Die heißen Quellen machten ihrem Namen alle Ehre. Es tat unglaublich gut, unter freiem Himmel mit immer noch wunderschönem Ausblick im heißen Wasser zu dümpeln und sich dort nach der Wanderung zu entspannen. Ein rundum grandioser Tag!

20.08.2017 Whitehorse Creek Provincial Park

Heute machten wir uns gegen 10 Uhr auf den Weg. Neues Ziel war, da wir in den Nationalparks ja keinen Fuß auf den Boden bringen konnten, der Whitehorse Creek Provincial Park. Wir wurden mehrfach gewarnt, dass wir bei Wanderungen mit den Jungs sehr vorsichtig sein sollten, weil man dort überall und ständig Wildlife, vor allem Bären, begegnen würde. Was für eine verlockende Warnung! Gegen Mittag fuhren wir durch die Coal Branch ins Städtchen Cadomin (Akronym für “Canadian Dominion Mining”), eine Siedlung, die ihren Höhepunkt in den 1930er Jahren und damals ca. 1.800 Einwohner hatte. Jetzt wirkte sie eher verlassen. Der Weg nach Cadomin durch das Kohlefördergebiet bot eine wirklich beeindruckende, etwas unheimliche Szenerie. Direkt am Wegrand trafen wir auf einen Tierfilmer, der auf eine Herde von Bighorn Sheep wartete, die hier oft das Salz von der Straße lecken. Ein paar Kilometer weiter konnten wir tatsächlich selbst ein riesiges Dickhornschaf beobachten.

Wir machten uns auf die Suche nach einer Campsite und fanden einen wunderschönen einsamen Platz auf dem Whitehorse Creek Provincial Park Campground mit Blick auf den Fluss. Auch dieser Abend endete mit einem großen Camp Fire.

21.08.2017 Whitehorse Creek Provincial Park - Brazeau River Campground

Am nächsten Tag fuhren wir etwa fünf Kilometer weiter über eine Gravel Road bis zum Cardinal Divide Viewpoint. Hier wird die Wasserscheide zwischen zwei großen Flusssystemen markiert, das Wasser fließt von hier aus entweder nach Norden entlang des Athabasca River Richtung Arktischer Ozean oder in den North Saskatchewan River Richtung Hudson`s Bay. Die Aussicht vom Plateau war trotz Smoke und Bewölkung herrlich.

Auf dem Rückweg entdeckten wir einen riesigen Biberbau unten am Fluss, stiegen aus und beobachteten die Tiere. Ich habe Biber noch nie so nah gesehen und war wirklich begeistert. Irgendwann mussten wir uns aber sputen, denn wir wollten unbedingt in einem uns empfohlenen (und dem einzigen) Restaurant in Cadomin zu Mittag essen, und wir hatten am Vortag bereits festgestellt, dass die Öffnungszeiten hier sehr eingeschränkt sind, ich glaube nur von 11.30 bis 14 Uhr. Das Hole in the Wall Café liegt direkt an der Hauptstraße von Cadomin, ein skurriler kleiner General Store mit angeschlossenem Restaurant und wirklich ausgezeichnetem Essen. Hier muss man einfach anhalten! Wenn man Glück hat, taut der Eigentümer Chuck Jacoby irgendwann auf und erzählt alte Geschichten zu den unzähligen Zeitungsauschnitten und Bildern an der Wand: echt empfehlenswert! Wenn man etwas über Cadomin erfahren möchte, ist ein Stopp hier sicher besser als jeder Museumsbesuch!

Nachdem wir uns die Bäuche vollgeschlagen und lange mit Chuck gequatscht hatten, fuhren wir weiter. Heute wollten wir nur ein kurzes Stück fahren, bis zum Brazeau River Campground. Wir waren aber offensichtlich so vertieft in unsere immerzu während der Fahrten laufenden Karl May Hörspiele, dass wir es geschafft haben, aus Versehen von der 734 auf die Elk River Road Richtung Lodgepole abzubiegen und dort total verblendet ca. 100 km (Gravel Road!) in der falschen Richtung zurückzulegen. Unfassbar! Wir mussten die komplette Strecke wieder zurück und brauchten natürlich viel länger als geplant. Der Brazeau River Campground am Fluss war super schön, und wir waren happy, als wir endlich ankamen.

22.08.2017 Brazeau River Campground - Goldeye Lake Campground

Weiter ging es auf dem zentralen Abschnitt der Forestry Trunk Road, die sich über einige Kilometer entlang der Ostseite der Rocky Mountains windet. Über diese gut befahrbare und idyllische Schotterpiste gelangten wir über Nordegg schließlich zum Goldeye Lake Campground, wo wir noch eine sehr schön gelegene große Site unten am See erwischen konnten. Hier war es dank des Abstands zum Nationalpark glücklicherweise noch nicht so überfüllt, später hätten wir aber auch nicht kommen dürfen, sonst wären wir leer ausgegangen.

Den ganzen Tag lang hingen wir am See ab. Wir Erwachsenen lasen und dösten in der Sonne, die Kinder „kochten“ mit Gräsern, Rinde, Früchten und allem, was sie finden konnten, ganz wundervolle „Gerichte“. Gegend Abend beobachteten wir am See Fischadler, die immer wieder ins Wasser stießen, bis sich auch der letzte, der sich etwas schwer tat, mit seiner Beute wieder in den Wald zurückgezogen hatte. Dann machten wir zum Abendessen noch einmal ein richtig schönes Camp Fire, das letzte für diesen Urlaub... Für die Kerle gibt es nichts Schöneres.

23.08.2017 Goldeye Lake Campground - Lake Louise (Helen Lake Trail)

Endlich wieder Rocky Mountains! Das „endlich“ kann ich mir leider nicht verkneifen, denn ich bin definitiv ein Fan der hohen Berge und würde diese dem „Hinterland“ immer vorziehen. Wir hatten den Platz auf dem Lake Louise Trailer Campground für die letzten Tage schon vor Monaten reserviert, da wir auf Nummer sicher gehen und vor dem Abflug ab Calgary in der Nähe campen wollten. Auf dem Weg nach Lake Louise hatten wir uns einen Zwischenstopp und die Wanderung zum Helen Lake vorgenommen. Leider waren wir erst gegen 14 Uhr am Startpunkt, weil wir bereits auf dem spektakulären Stück des David Thompson Highways bis zum Saskatchewan River Crossing ständig Halt machen „mussten“ und bei den Wahnsinnsausblicken aus dem Staunen gar nicht mehr herauskamen. Wir waren geflasht von so viel Schönheit direkt am Straßenrand: Eine Herde Bighorn Sheep vor dem Saskatchewan River, überall Gletscher oder schneebedeckte Berge, hinter jeder Ecke ein neues „Ahhh“ und „Ohhh“...

Der Helen Lake Trail startet an einem Parkplatz ca. 37 km nördlich von Lake Louise. Die Wanderung ist ca. 12 km lang und führt über 460 Höhenmeter hinauf zum Helen Lake. Laut Wanderführer - und das können wir jetzt bestätigen - eine der schönsten Touren im Banff Nationalpark. Der Trail führte uns zunächst einige Kilometer durch ein Waldgebiet, nach rechts hat man immer wieder atemberaubende Aussicht auf die gegenüberliegenden Gletscher. Nach einiger Zeit windet sich der Weg links um den Berghang und führt mit einem Wahnsinns-Panorama (unter anderem dem dramatischen Ausblick auf die Dolomite Peaks) durch bezaubernde, märchenhafte Wildblumenwiesen und vorbei an Bergseen, über herabrinnende Bäche bis zum wunderschönen Helen Lake. Es ist spektakulär! Während unserer Rast am See wurden wir durch ein drolliges Marmot (Murmeltier) überrascht, welches sehr neugierig war und sich relativ nah an uns herantraute. Obwohl es nicht mehr früh war (für die Wanderung sind insgesamt vier Stunden vorgesehen), konnten wir angesichts der unglaublichen Schönheit dieser Tour nicht genug kriegen und stiegen weiter auf, rechts am See vorbei auf die nächste Ebene, um über den nächsten Grat zu schauen. Ganz schöne Kletterei am Schluss, aber die Jungs waren tapfer und machten mit. Oben angekommen, tat sich eine neue umwerfende Aussicht auf und links von uns sahen wir ein kleines Schneefeld unterhalb des Berghangs am Cirque Peak. Die Jungs schrien nur „Schnee“ und rannten mit neuer Energie über die Ebene zum doch recht weit entfernten Schneefeld. Wir trabten hinterher und konnten es auch jetzt nicht lassen: Wir erlaubten den Jungs, auf dem Schnee noch ein bisschen zu spielen und herumzurutschen, während wir den sehr steilen Hang auf den Grat zum Cirque Peak hinauf kletterten. Oben angekommen, waren wir rechtschaffen fertig und gingen den Grat nur noch ca. 200 Meter weiter hinauf, um uns dann kurz zu setzen und den unfassbar schönen Ausblick zu genießen. Ein Komplettaufstieg auf den Cirque Peak wäre zwar von hier aus kein Drama mehr gewesen, wir waren nicht mehr weit entfernt, aber es war uns bereits weiter unten von Wanderern versichert worden, dass die Aussicht oberhalb des Grats, den wir überwunden hatten, einmalig und nicht mehr zu toppen wäre. Wir waren auch außer Sichtweite unserer Jungs, denen wir versprochen hatten, nicht mehr allzu weit zu gehen.

Als wir bemerkten, wie eine Schlechtwetterfront über die benachbarten Berge schwappte, machten wir, dass wir zu Yannick und Noah zurückkamen, um gemeinsam den Heimweg anzutreten. Die nächsten 15 Minuten mussten wir unglücklicherweise durch dichten Hagel marschieren, aber das kann echte Abenteurer natürlich nicht erschüttern... Das Wetter besserte sich schon nach einer halben Stunde merklich, sodass wir den Rückweg schließlich doch richtig genießen konnten. Natürlich waren alle anderen Wanderer schon lange vor uns umgekehrt. Wir waren die allerletzten auf dem Berg, weshalb wir ein ganz leicht mulmiges Gefühl hatten, als wir auf den letzten Kilometern im Wald einen riesigen Haufen Bärenkot (mit einer großen Menge Beeren darin) entdeckten, der auf dem Hinweg definitiv noch nicht dort gelegen hatte. Das hat uns dann dazu animiert, trotz unserer Erschöpfung noch ein paar lustige Lieder anzustimmen. Und wenn wir einmal singen, traut sich kein Bär mehr in unsere Nähe ;-).

Wir sanken abends glücklich und erschöpft in unsere Wohnmobilbetten, auf dem allerletzten Platz des Lake Louise RV Campground (auf dem nachmittags ebenfalls ein Bär gesichtet worden war).

24.08.2017 Lake Louise (Gondola)

Das Wetter war heute wenig vielversprechend und, da wir am Tag zuvor eine lange Wanderung genossen und für den nächsten Tag eine weitere geplant hatten, machten wir heute mal pures Touri-Programm: Wir nahmen die Seilbahn rauf zur Aussichtsplattform, von der aus man nicht nur die Stadt, sondern auch den höher gelegenen Lake Louise mit dem berühmten Hotel und den umgebenden Gletschern sehr gut überblicken kann. Umso spannender, wenn man den Plain of the six Glaciers Trail oberhalb des Lake Louise schon gegangen ist (unbedingt empfehlenswert!). Eine beeindruckende Aussicht, allerdings getrübt durch die nicht abreißenden Wolkenbänder. Weil es nicht aufhören wollte zu regnen, gingen wir keinen der diesseitigen Trails, sondern verbrachten unsere Zeit bis zur letzten Gondel im Wildlife Interpretive Centre, das uns sehr faszinierte.

25.08.2017 Lake Louise (Eiffel Lake Trail)

Ich freute mich riesig auf die letzte Wanderung am allerletzten richtigen Urlaubstag. Thommy hatte sich Mühe gegeben und versucht, ein Highlight zu finden, was nicht von Horden von Touris niedergetrampelt würde. Die Wahl fiel auf die Wanderung vom Moraine Lake zum Eiffel Lake. Der Plan war zwar grundsätzlich super und wir starteten mit unserem Wohnmobil bereits morgens um 8 Uhr bei trotz Hochsommers Null Grad Richtung Moraine Lake, aber uns kamen schon auf halbem Wege die Umkehrer entgegen, die oben am See keinen Parkplatz mehr gefunden hatten. Es war ein Drama und wir fluchten wie die Rohrspatzen, so naiv gewesen und nicht noch früher aufgestanden zu sein. Ein paar besonders große Egoisten trieben mich fast in den Wahnsinn, weil sie stoisch mit ihren fetten Wohnmobilen oben auf der kleinen Parkplatzschleife am Moraine Lake stehen blieben, in der Hoffnung, dass jemand abfahren würde, dabei aber die mehrere Kilometer lange Autoschlange den Berg hinab quasi festsetzten. Weil der einzige gutmütige (oder konfliktscheue?) Ordner nicht eingriff, konnte ich es nicht lassen, stieg aus und teilte einem vor uns stehenden Idioten (vermutlich einem Deutschen!) auf Englisch lautstark mit, was ich von seinem Verhalten hielt, bis er sich wieder in Bewegung setzte. Wir waren verzweifelt und wollten uns auf keine andere Wanderung einstellen (wo und wie auch?), sodass wir die langwierige Schleife zweimal fuhren, um dann mehrere Kilometer weit entfernt vom Moraine Lake an der Straße etwas halsbrecherisch bei einer Ausbuchtung am Straßenrand zu parken. Wir hatten uns vorher von dem eben erwähnten Ordner versichern lassen, dass das ok sei. Fast drei Kilometer mussten wir dann zu Fuß an der Straße hoch zum Moraine Lake zurücklegen, und aufgrund der langen Warterei in der Autoschlange waren zwei weitere Stunden vergangen!

Der Weg um den See war noch rappelvoll, am Platz vorne bei den Booten mehrere hundert Touristen, aber man staunt ja, dass die meisten es nicht mal um die nächste Ecke schaffen. 99 % aller Touris lässt man hinter sich, wenn man sich einen längeren Trail vornimmt. So lichtete es sich recht schnell, und auf dem Waldweg oberhalb des Sees, der recht steile Passagen hat und den wir zügig hochstiegen, überholten wir mit unseren schnellen Jungs (auf die wir echt stolz sein können) vier Wandergruppen, dann sahen wir kaum noch jemanden. Der Weg wurde immer schöner, als sich der Wald langsam lichtete und wir hin und wieder von weit oben herrliche Ausblicke auf den Moraine Lake hatten, der unter uns in einem fast schon kitschigen Türkiston im Tal lag. Nach einiger Zeit traten wir weiter oben aus dem Wald heraus und kamen auf einen steinigen Weg, der ab hier weitgehend flach verlief, mit unfassbarem Bergpanorama. Man hat während der ganzen restlichen Wanderung einen beeindruckenden Ausblick auf das Valley of the Ten Peaks und den Eiffel Lake und kommt aus dem Fotografieren gar nicht mehr heraus, weil sich Farbgebung und Größe der Steine auf und neben dem Weg sowie die Perspektive auf die Bergkette und das Tal ständig ändern. Einfach bombastisch! Oberhalb des Eiffel Lake trafen wir wieder auf einige rastende Wanderer, was aber nicht schlimm war. Jeder suchte sich einen schönen Platz in den Felsen, machte eine Pause und genoss das wundervolle Panorama. Wir waren zwar schon recht spät dran, aber konnten es auch diesmal nicht lassen. Der Blick zum Wenkchemna Pass (2611 m) hoch war einfach zu verlockend... Wir gingen weiter! Komplett allein. Der Weg windet sich durch das rechte Ende des Tales und lohnt sich definitiv. Vorher geprägt durch immer wieder andersfarbige Steinmöränen, mal kleine Steine, mal riesige Felsbrocken wurde das Tal kurz vor dem Anstieg auf den Pass richtig grün und von einem Gletscherbach durchzogen. Die bunten Flechten auf den Felsen und einige wilde Bergblumen vollendeten das farbenprächtige und doch raue Bild. Der Aufstieg auf den Pass war gut machbar, etwas rutschig wurde es nur, als wir unterhalb des Passes ein Schneefeld durchqueren mussten. Dann war es geschafft. Der Pass oben ist sehr breit, man kann hier gut Rast machen. Die Aussicht in das hinter dem Pass liegende Tal ist zwar beeindruckend, kann aber mit dem Blick zurück in das Valley of the Ten Peaks nicht mithalten. Von hier oben ist die Sicht noch grandioser, weil man nicht nur das Tal und die zehn Gipfel auf der rechten Seite überblickt, sondern auch einen einzigartigen Ausblick auf die andere Bergseite hat, vor allem den Mount Temple.

Die Pause hier oben fiel etwas kürzer aus, weil es wahnsinnig windig war und wir uns bewusst wurden, dass wir den ganzen Weg noch zurück mussten, inklusive der drei zusätzlichen Kilometer an der Straße entlang bis zum Auto. Wir machten uns schon nach einer Viertelstunde auf den Rückweg und trafen am Fuße des Berghangs zum Pass auf ein vorwitziges Murmeltier, welches sich mit einem Artgenossen in der Nähe über Pfeiflaute verständigte und sich herrlich für uns in Pose warf.

Die komplette Wanderung vom Moraine Lake bis zum Wenkchemna Pass umfasst 20-21 km, und es sind 720 Höhenmeter zu überwinden. Es werden dafür 7 bis 8 Stunden angesetzt. Trotz langer Pause am Eiffel Lake und unserer zusätzlichen 5-6 Kilometer auf der Straße haben wir insgesamt nur 7 1/4 Stunden gebraucht. Vor allem das letzte Straßenstück war aber eine echte Tortur für die Kinder, fast wären sie in den Sitzstreik getreten. Der Urlaub war mit dieser Wanderung vorbei. Wir fuhren in unseren Wanderklamotten direkt bis zum vorgebuchten Campground vor Calgary, wo wir uns duschten, die letzten Vorräte verputzten und dann die Taschen packten, um am nächsten Morgen das Wohnmobil abzugeben und wieder nach Hause zu fliegen. Etwas anstrengend. Ich bin aber unendlich froh, dass wir diesem letzten Tag noch einmal alles abverlangt hatten.

26.-27.08.2017 Calgary - Toronto - Amsterdam

Die Rückreise (Abgabe Wohnwagen, Fahrt zum Flughafen, Flüge nach Toronto, dann weiter nach Amsterdam) verlief reibungslos. Die „Landung“ zu Hause fiel uns nicht leicht, die Zeitumstellung in diese Richtung klappte sehr schlecht, es war schwierig, sich wieder einzuleben, sich an die deutsche Sprache, die deutsche Ernsthaftigkeit und Spießigkeit und an den Alltag zu gewöhnen. Yannick fragte mich tatsächlich, warum die Deutschen so unfreundlich seien! Unsere Wehmut reichte so weit, dass wir uns wieder mal durch die spektakulären Eindrücke beeinflusst mit dem Thema Auswanderung beschäftigt haben. Wir sind natürlich hier geblieben. Aber eines ist sicher: Wir kommen wieder!

Epilog

Trotz der Brände, der teilweise sehr schlechten Sicht, der Überfüllung vieler Campgrounds und obwohl wir unsere Reiseroute nicht durchziehen konnten wie geplant, würde ich unsere Reise mit folgenden Worten zusammenfassen: Es war wundervoll, vier Wochen Natur, raus aus dem Alltag, rein ins Abenteuer, Freiheit, Familie, Glück... Der Urlaub hat uns so viel gegeben, was uns keiner mehr nehmen kann. Es war die erste lange Reise, an die sich unsere Kinder in allen Einzelheiten erinnern werden. Kleine Erinnerungsschätze, die wir immer mit uns tragen werden.