Teil 1: Nordkanadas Tierwelt! Nordkanada / Alaska - Kanada Wohnmobil und Fraserway

Kanada und Alaska 2016
Frühlingserwachen Teil 1
Reisebericht von Claudia Haisch



Es war einmal eine kleine Familie (Vater, Mutter, Kind), die bereits das 5. Mal nach Kanada und das 3. Mal nach Alaska reisten.
Wie langweilig, sagen jetzt vielleicht einige. Mitnichten - sagen wir! Auch wenn wir einige Stellen schon mehrmals befahren haben, gibt es doch immer wieder Neues und Faszinierendes zu entdecken. Und ich glaube, ich verrate kein Geheimnis wenn ich sage, dass es uns nicht nur wegen der beeindruckenden Landschaft immer wieder hier hinzieht. Was wir suchen, das ist die wilde Einsamkeit - und v.a. die Tiere. Von daher war es gut, dass wir dieses Jahr im Frühling geflogen sind, denn wir bekamen eine Menge davon zu sehen. Wen dieses Thema nicht so interessiert, der kann an dieser Stelle eigentlich schon wieder aufhören zu lesen, denn bei uns zählt jedes Tier und sie werden somit den Hauptteil meines Berichtes ausmachen. Wer aber genauso interessiert an der Wildnis und den Tieren Nordamerikas ist wie wir, der kommt hier vielleicht auf seine Kosten.

Mittwoch, 04.05.2016
Anreise nach Vancouver gut überstanden, das hatten wir also schon einmal hinter uns. Allerdings waren wir gleich mal geschockt von der Nachricht und von den Bildern des Feuers in Alberta. Es kamen auch schnell einige Nachrichten aus Deutschland, mit der Frage, wo genau unsere Route eigentlich hinführt. In die andere Richtung war unsere Antwort, wobei es dort - zumindest bei Fort John - ja auch nicht besser aussah. Wir kamen aber glücklicherweise nicht direkt damit in Berührung. Für die erste Nacht kamen wir im Pacific Gateway Hotel unter (eine sehr gute Auswahl, liebes SK-Team! Sehr sauber und geräumig, schöner Ausblick vom Zimmer und trotz Flughafennähe ruhig.) Außer einem kurzen Spaziergang am Fluss entlang bekamen wir heute aber nichts mehr mit, denn wir hatten im Flugzeug kaum geschlafen und waren dementsprechend müde.

Donnerstag, 05.05.2016
Alles Gute zum Vatertag! Ich glaube, so früh hat noch nie ein Kind seinem Vater gratuliert. Bereits um 1:00 Uhr waren wir dank Jetlag schon wieder wach und Helen konnte ihrem Papa ihr mitgebrachtes Geschenk überreichen. Als wir die restliche Nacht dann auch irgendwie rum gekriegt hatten, machten wir einen erneuten Flussspaziergang und leisteten uns dann ein richtig gutes Frühstück im Hotel. Danach ging es schnell - wir wurden vom Fraserway-Shuttle abgeholt und konnten unseren niegelnagelneuen Pickup-Truck samt Camper abholen. Endlich hatten wir es auch geschafft, eines der heißbegehrten One-Way-Specials von Vancouver nach Whitehorse zu ergattern. Obwohl es uns dann doch etwas mulmig wurde bei der Vorstellung, die Verantwortung für ein ganz neues Fahrzeug zu haben und dieses heil wieder abzugeben. Wobei diese Sorge irgendwann verflog - wie man später auch noch nachlesen kann.

Wir waren also wieder auf der Straße und freuten uns, dass das Wetter mit viel Sonnenschein mitspielte. Unser erster Weg war eigentlich gleich ein Umweg, denn bevor wir uns in den Norden aufmachten, fuhren wir zunächst in den Manning Park, da wir an diesen noch schöne Erinnerungen von früheren Aufenthalten hatten. Auf dem Weg dorthin sahen wir schon einmal einen Fischadler - ein Novum für uns, da wir bei den bisherigen Reisen noch nicht das Vergnügen hatten (soviel auch zum Thema, dass es nie langweilig wird!). Im Manning Park erwarteten wir dann weitere Tiersichtungen und wurden nicht enttäuscht: einige Rehe und v.a. - Schwarzbären! Gleich am ersten Tag sahen wir vier davon und waren erneut beeindruckt, dass sie friedlich am Straßenrand grasen und sich von den vorbeifahrenden Autos und den voyeuristischen Touristen überhaupt nicht stören lassen. Etwas zerzaust sahen einige noch aus nach ihrem Winterschlaf, aber deswegen nicht weniger schön. Für Helen gab es an der Manning Park Lodge ein kleines Abenteuer, denn wir stolperten quasi über die unzähligen dort lebenden Erdhörnchen. Und da sie Touristen offensichtlich gewohnt sind, ließen sie sich mit Nüssen füttern und manche sogar streicheln. Tiere zum Anfassen - das ist natürlich für unsere 6-Jährige besser, als immer nur zu gucken.

Die Straße zum Cascade Lookout war leider noch aufgrund der schlechten Verhältnisse gesperrt und so wurde uns dieser atemberaubende Ausblick verwehrt. Dafür hatten wir noch ein tolles Ereignis auf dem Campingplatz. Nachdem wir uns schon schlafen gelegt hatten, fing es plötzlich an zu klopfen. Gruselig, da wir beim Einfahren niemanden gesehen hatten und somit der Meinung waren, wir seien die Einzigen hier. Wir verdächtigten also erstmal Helen, da diese eigentlich auch noch zu aufgekratzt war, um schon einzuschlafen. Sie beteuerte zwar, dass sie es nicht sei, wir schimpften aber trotzdem, dass sie aufhören soll. Gleich darauf fing es wieder an und wieder schimpften die genervten Eltern, die doch eigentlich nur schlafen wollten. Dieses Spiel wiederholte sich noch ein paarmal, bis mein Mann völlig aufgelöst doch mal vor die Tür schaute - und dort fast dem Ranger entgegen fiel, der eigentlich nur abkassieren wollte. Ups, entschuldige Helen, für die falschen Verdächtigungen!

Freitag, 06.05.2016
Auch bei der Rückfahrt aus dem Park entdeckten wir noch 3 weitere Schwarzbären. Dieser Umweg hat sich also schon einmal gelohnt! Unser Ergebnis: Frühling + Manning Park + Löwenzahn = Schwarzbären. Frühlingserwachen im wahrsten Sinne des Wortes.
Der heutige Tag versprach wieder viel Sonne, wobei wir davon am frühen Morgen mit -2°C noch nicht viel spürten. Dennoch fährt es sich bei strahlendem Sonnenschein einfach besser und so machten wir uns gut gelaunt auf die weitere Strecke Richtung Prince George. Es erwartete uns zunächst jede Menge Farmland. Irgendwann hörten wir auf, die Kuh- und Pferdeherden zu zählen - es waren einfach zu viele. Ein kurzer Abstecher zum "Chasm Provincial Park" brachte mit seiner weiten Schlucht etwas Abwechslung von der doch irgendwann eintönigen Farmlandschaft. Auf der Weiterfahrt ergab sich kurz vor 100 Mile House auch eine Abwechslung zu den Kühen und Pferden: unser erster Elch dieses Jahr! So schnell hatten wir noch gar keinen erwartet. Beschweren taten wir uns natürlich trotzdem nicht, sondern beobachteten fasziniert, wie er geschickt die jungen Blätter von den Büschen pflückte.

Am Nachmittag wurde es dann richtig heiß. 28°C zeigte das Thermometer irgendwann und somit hatten wir an diesem Tag bereits einen Temperaturunterschied von 30°C. Optimale Bedingungen für eine Pause am See - und so suchten wir den nächstgelegensten aus und hatten dort eine Begegnung der ganz anderen Art. Denn als wir so am Ufer standen und eigentlich die erwachenden Seerosen bewunderten, bemerkte ich aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung direkt an unseren Beinen: eine Schlange! Nach einem kurzen Schreckmoment schauten wir genauer hin und konnten eine Strumpfbandnatter identifizieren, die sich langsam über die im Wasser liegenden Ästchen ins Ufergras schlängelte. In der Abenddämmerung entdeckten wir kurz vor Prince George noch ein paar Rehe. Eigentlich kann man ja im Mai nicht wirklich von Abenddämmerung sprechen, denn es wird ja nicht mehr so richtig dunkel. Ebenfalls etwas Neues für uns und am Anfang noch eine große Umstellung! Und dann konnten wir nach fast 700 km Farmlandschaft nicht mehr länger - wir suchten schnell einen Campingplatz und gingen früh schlafen.

Samstag, 07.05.2016
Frühes Schlafen hat auch seine Vorteile. Wir waren ebenso früh wieder wach und das Sprichwort "Der frühe Vogel fängt den Wurm" bewahrheitete sich auch für uns. Denn wir waren noch nicht weit gefahren, als wir schon den ersten Schwarzbären entdeckten, gefolgt von einem Silberfuchs und einigen Rehen. Auf unserer Weiterfahrt Richtung Norden wurde die Landschaft nun bewaldeter - eine willkommene Abwechslung zum Farmland des vergangenen Tages. Und eine weitere Gelegenheit für uns, einen Elch zu beobachten. Außerdem sahen wir auf einer großen Wiese etwas, von dem wir nicht einmal gewusst haben, dass es so etwas gibt: einen Rostbrachvogel. Ein herrlicher Name für so einen Schnepfenvogel (und von uns im weiteren Verlauf nur noch die Rostbratwurst genannt).
Ein Stück weiter hatten wir dann Riesen-Glück, denn genau vor uns kam eine Schwarzbärenfamilie aus dem Wald und über die Straße. Eine Mama mit 3 Cubs. Gleich 3 auf einmal! Wir freuten uns riesig, die putzigen Kleinen hinter ihrer Mutter hertapseln zu sehen. Sie grasten eine kurze Weile neben uns am Straßenrand und verschwanden dann wieder im Wald. Hier zeigte sich für uns, dass wirklich eine große Portion Glück dazu gehört, um solch ein Erlebnis zu haben, denn wären wir 5 Minuten früher oder später an dieser Stelle vorbei gekommen, hätten wir gar nichts gesehen. Nicht ganz so viel Glück hatten wir heute mit dem Wetter. Nachdem der Morgen wieder viel Sonnenschein und Wärme gebracht hatte, fuhren wir am Nachmittag bei nur 9°C im Regen umher. Glücklicherweise änderte sich dies schnell wieder und ab Houston freuten wir uns auch, dass sich die Landschaft wieder etwas änderte. Es wurde nun deutlich grüner, mit mehr Wald und Bergen. In Smithers konnten wir noch im Trockenen über den Farmers Market schlendern, in Old Hazelton hatten wir dann schon wieder Pech und es regnete in Strömen. Schade, denn hier hätten wir gerne länger Halt gemacht, um das indianische Dorf und die historische Altstadt anzusehen, hatten aber überhaupt keine Lust, uns nass zu machen. Wir waren von der gestrigen Hitze jetzt schon verwöhnt und verweichlicht! Also ging es schnell weiter und rauf auf den Cassiar Highway, wo glücklicherweise wieder die Sonne heraus kam. Und wir waren nicht lange gefahren, da erblickten wir wieder einen Schwarzbären, der sich von uns beim Grasen nicht stören ließ. Wir hatten schon gehört, dass dieser Highway viele Tiersichtungen verspricht, hätten aber trotzdem nicht erwartet, dass wir schon das erste kurze Stück, bis wir uns einen Campingplatz nahmen, noch weitere 5 Schwarzbären entdeckten.

Sonntag, 08.05.2016
Alles Gute zum Muttertag! Auch ich bekam (dieses Mal zu einer angemessenen Zeit am Morgen) meine Glückwünsche und mein Geschenk und so begann der Tag schon einmal sehr schön. Zudem erwartete uns gleich bei der Ausfahrt aus dem Campingplatz ein weiterer Schwarzbär und innerhalb der nächsten viertel Stunde nochmal drei - also was will man mehr? Wir bogen kurzzeitig vom Cassiar Highway ab und fuhren die Straße Richtung Stewart und Hyder. Hier waren wir plötzlich von steilen Bergen umgeben und kurz darauf kam auch schon der Bear Glacier in Sicht. Leider war es heute morgen noch sehr neblig, so dass wir eigentlich nur die untere Hälfte von ihm sahen. Auch auf dieser Strecke begegnete uns ein Schwarzbär, aber eigentlich wollten wir nun gerne unseren ersten Grizzly sehen. Also fuhren wir gleich durch Stewart hindurch und nach Hyder. Doch an der Fish Hatchery herrschte gähnende Leere - diese Stelle scheint wohl doch nur im Herbst eine Garantie auf Grizzlies zu geben. Eigentlich hatten wir dann noch vor, bis zum Salmon Glacier weiterzufahren, doch die Straße war eine einzige Katastrophe und so drehten wir irgendwann wieder um. Nachdem die Grenze Richtung Amerika nicht kontrolliert wurde (warum auch, hier kommt ja doch keiner weiter), war die Zöllnerin an der Grenze zu Kanada richtig streng und fragte uns allerhand komischer Sachen, die wir bisher noch nie gestellt bekamen. Zum Glück konnten wir sie anscheinend alle zufriedenstellend beantworten, denn wir durften wieder nach Kanada einreisen, wo wir als erstes noch einen Rundgang durch Stewart machten.

Auf dem Rückweg zum Cassiar Highway kamen wir logischerweise noch einmal am Bear Glacier vorbei und hatten nun das Glück, ihn ganz in der Sonne liegen zu sehen. Wieder auf unserer Hauptroute angekommen mussten wir nicht lange warten, um weitere Schwarzbären zu sehen. Der Frühling auf diesem Highway scheint ebenso wie der Manning Park ein richtiger Garant dafür zu sein. Der Cassiar Highway gefiel uns aber nicht nur wegen der vielen Tiere, sondern auch wegen der unterschiedlichen Vegetation. Seen, Wald, Berge, Tundra - hier war von allem etwas dabei und verhinderte somit, dass diese lange Strecke eintönig wird. Im Tundra-Gebiet entdeckten wir sogar eine Karibu-Familie. Vater, Mutter, Kind - das passte ja gut zu uns und brachte Abwechslung zu den vielen Schwarzbären. Eine weitere Abwechslung brachte ein niedliches Stachelschwein, das überhaupt keine Fluchttendenzen zeigte. Neu für uns, denn bisher kletterten alle unsere gesichteten
"Schweinchen" auf naheliegende Bäume, sobald wir auch nur das Auto abbremsten. Dieses hier konnten wir aber ganz "unpanisch" beobachten.

Je näher wir Richtung Watson Lake fuhren, desto deutlicher wurde, dass wir immer mehr in den Norden kamen, denn die bisher völlig freien Seen und Flüsse waren hier teilweise noch recht zugefroren. Von den Temperaturen her merkten wir davon allerdings nichts, denn heute schien glücklicherweise den ganzen Tag lang die Sonne und es war dementsprechend warm. In Jade City hätten wir sicherlich alles rund um das Thema Jade erfahren können. Es waren jedoch schon alle Geschäfte geschlossen und alle Aktivitäten eingestellt. Vielleicht ganz gut für uns, denn hätten wir hier mehr Zeit verbracht, wären uns wohl einzigartige Abendlicht-Fotos am Good Hope Lake durch die Lappen gegangen. So zeigte sich uns hier ein unglaubliches Schauspiel. In der Abendsonne spiegelten sich die Berge und der Wald ringsum und so leuchtete der komplette See in einem wahnsinnigen Grün. Ein richtig toller Abschluss für diesen tollen Tag!

Montag, 09.05.2016
Für heute hatten wir uns eine weitere Neuheit vorgenommen. Wir wollten endlich Bisons in freier Wildbahn sehen! Nachdem wir schon einmal in Watson Lake waren und damals noch gar nicht gewusst hatten, dass es in der Nähe welche geben soll, holten wir das dieses Jahr nach. Und weil wir uns noch näher erkundigt hatten und der Alaska Highway Richtung Muncho Lake sehr viel Tiere versprach, nahmen wir erneut einen Umweg zu unserer eigentlichen Route nach Alaska in Kauf. Zurecht, wie sich bald herausstellte. Denn nach den wiederum zahlreich vorhandenen Schwarzbären, kamen tatsächlich bald die ersten Anzeichen für die ersehnten Tiere: sehr, sehr großer Bison-Mist entlang der Straße! Und dann war es soweit - unsere ersten zwei echten, frei lebenden Waldbisons. Einfach so, direkt neben uns auf dem Grünstreifen. Eigentlich echt verrückt. Und es sollten nicht die letzten sein. Im weiteren Verlauf wechselten sich Schwarzbären und Bisons ab, so dass wir kaum 10 Minuten am Stück fahren konnten, ohne anzuhalten und zu schauen. Ganz nach unserem Geschmack! Unser Glück wollte auch nicht enden - im Gegenteil. Meinem Mann gelang mal wieder etwas, das wir nicht für möglich gehalten hätten. Obwohl er am Steuer sitzt, sieht er die allermeisten Tiere und wenn sie noch so versteckt erscheinen. So war es auch heute wieder, denn wo wir Mädels nur Wald und Gebüsch sahen, sah mein Mann etwas für uns total außergewöhnliches: einen Lux! Mit diesem scheuen Exemplar hatten wir nun wirklich nicht gerechnet. Und auch nicht damit, dass er eine ganze Weile am Waldrand entlang lief und in aller Ruhe sein Revier markierte, während wir die ganze Zeit neben ihm herfahren und gucken konnten. Unglaublich für uns und darum umso schöner. Im weiteren Verlauf kamen wieder jede Menge Schwarzbären. Und mal wieder ein Erlebnis der ganz anderen Art. Als wir an einem Parkplatz hielten, wollte ich ein Foto von der unglaublichen Aussicht dort machen (die vor lauter Tiere in meinem Bericht viel zu kurz kommt, aber glaubt mir: auch der Alaska Highway auf diesem Stück lohnt sich nicht nur wegen der großen Anzahl an Tiersichtungen!). Ich stehe also so und schaue in die Ferne, als mein Mann zu mir kommt und vor uns auf die Wiese schaut. Und zu mir meint, dass ich in Zukunft doch erstmal meine Umgebung sichern sollte, bevor ich entspannt Fotos mache, denn keine 10 Meter von uns entfernt saß ein Schwarzbär und graste munter vor sich hin. Hoppla, den habe ich jetzt gar nicht gesehen.
Zum Glück zeigten die Schwarzbären keinerlei Aggressivität, sondern schienen nur am frischen Gras und Löwenzahn interessiert zu sein. Aber man kann ja nie wissen. Apropos Wissen: wir wissen jetzt auch, wie nah man einem Stachelschwein kommen darf, bevor es in Angriffsstellung geht. Denn als wir noch einmal eines dieser niedlichen Tierchen sahen, das wiederum keine Anstalten machte, zu flüchten, pirschten wir uns etwas näher an es heran. Es ließ sich auch nicht von uns stören, bis wir eben doch zu nah an es herankamen (wobei das immer noch so um die 5 Meter waren). Aber dann stellte es seine Stacheln auf, drehte uns den Rücken zu und wir wussten: jetzt war es Zeit für den Rückzug! Nachdem wir bisher die Bisons entweder beim Grasen oder beim faul Herumliegen beobachten durften, sahen wir zwischendurch auch mal eine ganze Herde, die gerade auf Wanderschaft war oder vereinzelte, die die Straße überquerten. So hatten wir uns das auch vorgestellt: Bisons, die gemächlich über die Straße laufen und Autos, die deswegen anhalten müssen. Irgendwann war dann aber Schluss mit den Bisons - wir hatten nun auch kein Waldgebiet mehr, sondern Berge. Wir waren also im Muncho Lake Provincial Park angekommen. Und sahen in der Ferne gleich eine Herde von Schafen. Super, denn diese schien genau auf uns zuzukommen. Wir genossen noch kurz den Rundumblick in dieser bergigen Gegend und dann war es soweit: sie waren an der Straße angekommen. Zuerst dachten wir noch, dass es sich hier um Dickhornschafe handelt, weil sie aus der Ferne so dunkel ausgesehen hatten. Aus der Nähe merkten wir nun gleich: da stimmt doch was nicht - das müssen Dünnhornschafe und damit Verwandte der Dallschafe sein.

Leider ist es uns bis heute nicht gelungen, den Unterschied zwischen Stoneschafen und Fanninschafen herauszufinden. Nachdem wir auf den nächsten Kilometern aber noch etliche von diesen Schafen (darunter beeindruckende Widder und süße, verstrubbelte Lämmer) gesehen haben, gehen wir mal davon aus, dass es sich um Stoneschafe handelte, da Fanninschafe als äußerst selten beschrieben werden und eher im Yukon vorkommen sollen (wir waren ja zwischenzeitlich wieder in B.C. gelandet). Dennoch freuten wir uns, da wir auch diese Art bisher noch nie gesehen haben. Überhaupt gefiel uns die gesamte Gegend total gut - das Gebirgspanorama hier ist einfach einmalig und es ergeben sich immer wieder faszinierende Ausblicke auf den blau schimmernden Muncho Lake. Und bei einer kleinen Wanderung an den "Mineral Licks" bot sich auch noch einmal ein Wahnsinns-Ausblick. Da wir unserer Helen allerdings versprochen hatten, auf dem Rückweg nach Watson Lake in den Liard Hotsprings einzukehren, drehten wir irgendwann trotz der tollen Szenerie wieder um. Die heißen Quellen gefielen dann nicht nur unserer Tochter, sondern auch uns. Einfach wunderbar, im warmen Wasser zu schwimmen, während um einen herum einfach alles naturbelassen ist (also bis auf die Umkleidekabinen und das ganze Drumherum.). Auch wenn uns der obere Bereich mit seinen rund 50°C fast schon zu heiß war. Aber wir hatten herrliche Momente und das ging auch nach unserem Besuch weiter. Denn mein Mann, der vor uns wieder fertig umgezogen war und schon einmal vorgegangen war, kam plötzlich ganz aufgeregt wieder zurück.

Auf dem Rückweg zum Parkplatz stand nämlich nur wenige Meter neben dem Holzsteg ein Elch in den dortigen Tümpeln. Einfach so, am hellichten Tag! Das waren wir nun gar nicht gewohnt. Und auch nicht, dass das Weibchen die ganze Zeit da blieb, obwohl wir so nah bei ihr standen. Wir waren zu diesem Zeitpunkt wohl die einzigen Touristen, denn um uns herum liefen etliche Menschen vorbei, die nicht einmal einen Blick dafür übrig hatten. Sieh also mal einer an, die Einheimischen scheinen sich von so etwas wohl nicht mehr beeindrucken zu lassen! Wir dafür umso mehr und es dauerte lange, bis wir uns endlich trennen konnten. Auf der weiteren Rückfahrt kamen erneut Schwarzbären und Bisons im Wechsel. Bei einer Bison-Herde verweilten wir noch etwas länger, denn diese hatte mehrere Kälber bei sich. Und die sahen noch ziemlich frisch aus, denn sie waren total wackelig auf ihren dürren Beinchen. Und absolut putzig!! Wir gratulierten uns jetzt schon, dass wir uns für den Frühling entschieden haben, denn das bietet eben gute Chancen auf Jungtiere.

Dienstag, 10.05.2016
Weil der Supermarkt in Watson Lake noch nicht geöffnet hatte, fuhren wir heute morgen noch ein bisschen durch die Gegend. Und trafen auf einen Rotfuchs am Alaska Highway. Dieser trug Beute im Maul und ließ sich von uns nicht von seinem Weg entlang der Straße abbringen, auch nicht, als wir ihm langsam folgten. Wir vermuteten also, dass er auf dem Weg zu seinem Bau war, um mit der gefangenen Beute seine Jungen zu füttern. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen und so fuhren wir einfach weiter hinter ihm her. Schnurstracks überquerte er irgendwann vor uns die Straße und lief an den Waldrand, wo er halb in seinem Bau verschwand. Mein Mann wollte sich das noch näher anschauen und lief ein paar Meter auf die Wiese. Als der Fuchs das mitbekam, kam er sofort von seinem Bau weggeschossen und auf meinen Gatten zu. Wir dachten natürlich, dass er seine Jungen beschützen wollte und so stieg mein Mann sofort wieder ins Auto ein, um dem armen Tier Sicherheit zu geben. Diesem war das aber wohl nicht genug, denn er lief mehrmals um unser Wohnmobil herum. Wir interpretierten dies so, dass er nicht eher Ruhe gab, bis wir weiterfuhren und somit nicht zu seinem Bau zurückkehren konnten. Das rührte (mich vor allem) fast zu Tränen, dass so ein scheues Tier so nah an die Menschen herankommt, nur um seine Jungen zu beschützen. Natürlich kamen wir auch auf die Idee, dass es sich hierbei um eine geschickte Bettelaktion des Fuchses handeln könnte und dass dieser an Touristen gewöhnt ist. Uns gefällt aber die erste Version der Interpretation besser!

Obwohl wir eigentlich nach Skagway unterwegs waren, machten wir noch einmal einen Umweg und fuhren zum White Mountain, denn wir wollten gerne Schneeziegen sehen. Und nachdem diese im Herbst immer furchtbar weit oben ansässig sind, machten wir uns Hoffnung, dass sie im Frühjahr weiter unten ihre Lämmer zur Welt bringen. Also wanderten wir los und waren voll freudiger Erwartung. Diese wurde auch nicht enttäuscht, denn wir sahen tatsächlich welche dieser interessanten Kletterkünstler und sie waren auch deutlich weiter unten als im Herbst. Leider immer noch zu weit oben für uns und somit nur suboptimal zu sehen. Dafür konnten wir von oben eine herrliche Aussicht über den Little Atlin Lake genießen, der im Sonnenschein glänzte.
Dann machten wir uns aber wirklich auf den Weg nach Skagway. Direkt bei Bove Island hatten wir erneut Glück: eine weitere Schwarzbärenfamilie - dieses Mal mit zwei Cubs. Wie tapsig die Kleinen doch sind - echt zum Knuddeln! Leider verschwanden auch diese recht schnell und zwar einen Abhang hinunter. Somit konnten wir sie wenigstens eine Weile von oben beobachten, bis sie ganz im Dickicht verschwanden. Durch das schöne Wetter hatten wir dieses Jahr doppelt Glück. Nicht nur, dass mit Sonne sowieso alles mehr Spaß macht, bekamen wir an vielen Seen unglaubliche Spiegelungen der Berge zu sehen. So auch auf dieser Strecke. Da sieht man keinen Unterschied mehr zu einem echten Spiegel - oben und unten sieht absolut gleich aus. Bis nach Skagway wechselten sich wieder nicht nur die Landschaftsformen ständig ab, sondern auch Schwarzbären und Schneeziegen (die Schneeziegen wie zumeist aber nur sehr weit oben). Außerdem konnten wir im steinigen Teil der Landschaft zwei absolut goldigen, eisgrauen Murmeltieren beim Sonnenbaden zuschauen. Diese waren - auch das waren wir nicht gewohnt - überhaupt nicht scheu. Somit konnten wir sie aus nächster Nähe und in aller Ruhe beobachten.

An der Grenze kamen wir ohne große Fragen drüber und waren in der Folge recht schnell in Skagway. Dort wollten wir uns gleich erkundigen, wann die Fähre nach Haines fährt. Am Hafen angekommen, kam die große Ernüchterung: es fährt noch keine Fähre nach Haines! Ahhh! Daran hatten wir nun gar nicht gedacht, uns vorher zu erkundigen - im Herbst gab es bisher nie Schwierigkeiten. Oh Mann, das bedeutete also, dass wir zusätzlich über 600 km Umweg über Whitehorse und Haines Junction auf uns nehmen müssen, um bis nach Haines zu kommen. Na ja, ein Umweg mehr oder weniger. Und für heute konnten wir sowieso nichts mehr tun, also ab auf den Campingplatz. Auf der Fahrt dorthin wurden wir noch Zeugen von der laufenden Wahlphase - und wen die Alaskaner so favorisieren.

Mittwoch, 11.05.2016
Oh oh, wie war das mit dem neuen Wohnmobil? Heute morgen fiel uns als erstes die Badezimmertür entgegen. Wir haben nichts gemacht, ehrlich! Skagway kannten wir schon von unseren bisherigen Reisen. Und eigentlich freuten wir uns hier auf eine kleine Shoppingtour in den vielen Souvenirläden. Aber wir waren einfach zu früh aufgestanden und die Läden alle noch zu. Da wir ja einen weiten Umweg fahren müssen, wollten wir nicht so lange warten, bis die Läden geöffnet waren, sondern uns gleich auf den Weg machen. Also fiel das Shopping aus und wir fuhren noch einmal die gleiche Strecke rückwärts. Ein weiterer Schwarzbär und erneut unglaubliche Spiegelungen begegneten uns. Und ein gutes hatte dieser Umweg: wir durften noch einmal und zwar bei strahlendem Sonnenschein diese schöne Strecke fahren. Auch den Emerald Lake hätten wir ansonsten wohl verpasst, so aber genossen wir ihn in vollen Zügen. Mann, mann, mann - sieht der schon bei grauem Himmel toll aus (wie uns auch schon mal passiert ist), glaubt man bei Sonne gar nicht, dass diese Farbenpracht wirklich von der Natur gemacht wurde. Auf der Weiterfahrt eine weitere Neuerung: die Takhini Valley Elk Herde, die zwischen Whitehorse und Haines Junction auf großen Warntafeln vermerkt ist und von der wir noch nie auch nur ein einziges Wapiti gesehen haben, war plötzlich vor uns - oder vielmehr neben uns. Wieder einmal schaffte es mein Mann, drei der Tiere in ca. 300m Entfernung und das auf einem Nebenweg zwischen einigen Bäumen versteckt zu entdecken. Da waren sie also, zumindest ein Teil davon. Und weitere 5 waren ein Stück weiter vorne. Schön, mal wieder hiervon welche zu sehen. Auch wenn sie während des Fellwechsels etwas zerzaust wirkten. Haines Junction Richtung Haines - ich liebe dieses Stück der Fahrt, denn so abwechslungsreich wie hier findet man die Landschaft selten vor! Beispielhaft die Fahrt über den Chilkat Pass. Eben noch in der Tundra gefahren geht es hoch in den makellos weißen Schnee (10°C) und dann auch schon wieder hinunter ins Grüne (18°C) und das alles nicht mal innerhalb von einer halben Stunde. Verrückt! Nach Haines fahren wir eigentlich, um Grizzlies zu sehen. Im Herbst auch hier eine absolute Garantie - im Frühjahr leider nicht! Dafür jede Menge Weißkopfseeadler, Schwäne und Brillenenten (auch diese haben wir bisher übrigens noch nie gesehen, geschweige denn davon gehört!). Die Fahrt und der Tag waren allerdings lang und so gingen wir zur Ruhe.

Donnerstag, 12.05.2016
Der Morgen war schön, leider auch heute ohne Grizzlies. Neben weiteren Weißkopfseeadlern machten wir uns also wieder auf den Rückweg - wir waren durch die vielen Umwege schließlich etwas in Verzug geraten. Allerdings sahen wir auch hier wieder das Gute darin: wir kamen zweimal in den Genuss dieser Strecke. Gleich nach der kanadischen Grenze begegnete uns ein Schwarzbär und das war sage und schreibe bereits der 60., den wir auf unserem "Animal Count" verbuchen konnten. Also wir hatten schon gehofft, viele davon zu sehen, aber dass es so viele werden würden, hätten wir nun doch nicht gedacht! Im Schnee auf dem Chilkat Pass besuchten uns einige neugierige Moorschneehühner und wir sahen einen weiteren Rotfuchs aus der Ferne. Nachdem bei uns im Stuttgarter Raum diesen Winter kaum Schnee gefallen ist, freute sich Helen natürlich ganz besonders über eine kleine Schneewanderung und den ein oder anderen Schneeball-Wurf. Wir fuhren bei Sonnenschein weiter und erfreuten uns an der Einsamkeit, die hier herrscht und der wunderbaren Natur. Ebenfalls freuten wir uns über die Strecke von Haines Junction am Kluane National Park entlang Richtung Glennallen, denn auch diese hat landschaftlich und tierisch einiges zu bieten. Bester Beweis war am Tachal Dhal - zumeist eine Garantie für Dall-Schafe aus nächster Nähe. So auch dieses Mal: 5 der Schafe fast ganz unten am Visitor Center. Was uns jedoch verwunderte war, dass es sich hier ausschließlich um Lämmer handelte, die ganz allein nach Futter suchten. Eine Gruppe von ausgewachsenen Schafen entdeckten wir in ziemlicher Entfernung auf einer Anhöhe. Das hätten wir nicht gedacht, dass die Kleinen so alleine sein dürfen - es scheint hier nicht viele natürliche Feinde für sie zu geben.. Für uns war es aber natürlich toll, dass wir die niedlichen Tiere so nah zu sehen bekamen.

In Burwash Landing machten wir eine Kaffeepause am Kluane Lake. Allerdings war vom See nicht viel zu sehen, da die ersten paar hundert Meter gar kein Wasser da war. So kamen wir also zu dem Vergnügen, eine kleine "Wattwanderung" zu machen. Und sahen lustige kleine Sanderlinge, die eilig über den Sand stelzten und mehrere Enten. Wir fuhren noch bis über die Grenze, wo wir erneut überrascht wurden. Wir sahen schon, dass einer der Zöllner aus dem Wohnmobil vor uns Obst herausholte und dieses beschlagnahmte. Oh, oh, wir hatten ebenfalls frisches Obst dabei! Als wir an der Reihe waren und angaben, dass wir Äpfel an Bord haben, mussten wir diese auch vorzeigen (das ist uns bisher noch nie passiert!). Glücklicherweise hatten wir diese heute morgen in Haines gekauft und glücklicherweise war noch der Aufkleber drauf - denn der bezeugte, dass es amerikanische Äpfel sind und so durften wir sie behalten. (Übrigens haben wir an der kanadischen Grenze auch angegeben, dass wir Äpfel dabei haben und durften diese ohne Weiteres einführen. Somit ist die Einfuhr von Äpfeln nach Kanada also erlaubt, nach Amerika nur, wenn es auch wirklich amerikanische sind?) Wir staunten auch nicht schlecht, als wir um halb neun abends auf die Uhr schauten (man vergisst das einfach, wenn dauernd die Sonne vom Himmel brennt) und dann aufs Thermometer: wir hatten immer noch 24°C! Und es wurde nicht wirklich kühler, denn um 22:00 Uhr waren es bei praller Sonne auch noch 21°C. Echt verrückt!

Freitag, 13.05.2016
Der Morgen begann mit einer Menge Schneeschuhhasen entlang der Straße. So viele auf einmal hatten wir bisher auch noch nie. Richtig niedlich, mit ihren weißen Pfötchen. Wir entschieden uns, ein Stück die Nabesna Road entlang zu fahren und wurden mit einigen Weißkopfseeadlern und wunderschönen Aussichten belohnt. Eine Belohnung waren die Straßenverhältnisse allerdings leider ganz und gar nicht. Schotter vom Übelsten und dazu jede Menge Schlaglöcher. Zum Glück hielten wir noch eine Weile durch und kamen dadurch an einer Lichtung vorbei, auf der sich zwei Elche aufhielten. Nach einigen Kilometern war die Fahrt dann aber leider zu Ende, ohne dass wir die erhoffte Karibuherde, die hier verweilen soll, gesehen haben. Denn plötzlich war da keine Straße mehr, sondern fließendes Gewässer. Wir schätzten mal, dass die Schneeschmelze im Gange war. Auch wenn das Wasser nicht tief aussah, trauten wir uns hier mit dem Camper nicht drüber und drehten wieder um.

Auf der weiteren Fahrt begleitete uns der schneebedeckte Mt. Sanford ein gutes Stück und wir bekamen tolle Aufnahmen im Sonnenlicht. In Glennallen machten wir Mittagspause, während die Temperaturen erneut massiv anstiegen. Es waren schon wieder über 20°C. Das nächste Stück der Strecke verschliefen Mutter und Tochter in der Folge und wachten erst wieder bei 10°C am Thompson Pass auf. Auch eine neue Erfahrung mit kurzer Hose und T-Shirt im Schnee auszusteigen - Brrr! Aber nachdem wir einen Pullover drüber gezogen hatten, konnten wir auch die unglaublich schöne Aussicht von hier oben genießen. In Valdez angekommen, checkten wir gleich mal, ob es bereits Whale Watching zu buchen gab und hatten Glück: morgen fährt das erste Schiff der Saison raus. Da wollten wir natürlich dabei sein! Anschließend fuhren wir die Dayville Road entlang, waren jedoch etwas enttäuscht. Hier war das letzte Mal viel mehr Wasser und dementsprechend einiges an Tieren zu sehen. Der vordere Bereich war jedoch wasserfrei, was uns immerhin sehr gute Muschelschalen-Funde einbrachte. Am Glacier View Park eine ähnliche Enttäuschung. Häh - wo ist denn bitte der Gletscher? Lediglich ein paar Eisbrocken schwammen im See, von denen sich mein Mann und Helen einen glasklaren herausfischten. Weitere Runden in und um Valdez machten uns stutzig: wo sind denn auch bitte schön die vielen Bären? Die Info, die wir auf dem Campingplatz erhielten machte natürlich Sinn. Es ist noch zu früh für die Lachse und so halten sich die Bären eher nahe den Bergen auf. Klar, das mit den Lachsen ist uns auch bewusst, aber dennoch kann doch bitte der ein oder andere Bär sich mal verirren.

Samstag, 14.05.2016
Auf zur Waltour! Wir freuen uns jedes Mal auf diese, erstens weil eine Bootsfahrt einfach immer lustig ist und zweitens weil man jede Menge Tiere zu Gesicht bekommt. Den Anfang macht jedoch immer der Hafen und auch den mögen wir sehr. Vor allem, wenn wie heute die Sonne scheint. Das glitzernde Wasser, die vielen Boote und die Geschäftigkeit hier. Ist euch eigentlich auch schon mal aufgefallen, dass Alaskaner (und Kanadier) sich auch beim noch so kleinsten Sonnenschein sofort den Oberkörper frei machen? So gibt es vor allem für die Frauen was zum Gucken, wenn die jungen Männer oben ohne am frühen Morgen ihr Boot putzen. Ich musste mich losreißen, denn jetzt ging es los. Das Boot war für die erste Tour der Saison nur halb besetzt und so konnten wir uns ausbreiten. Bereits das Ausfahren entlang der Berge ringsum war am Bug des Schiffes beeindruckend mit anzusehen. Und kurz darauf kamen schon die ersten Seeotter. Ich liebe Seeotter! Wenn ich mir aussuchen dürfte, als welches Tier ich wiedergeboren werden möchte, dann wäre das ein Seeotter. Die sind so putzig, wie sie lässig an der Wasseroberfläche treiben und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Wir kreisten eine Weile um sie herum und sie hatten scheinbar alle Zeit der Welt, denn noch als wir wieder abfuhren, schaukelten sie weiter gemütlich in den Wellen umher. Als nächstes kam ein Weißkopfseeadler, der einen super Platz für seinen Horst gefunden hat: direkt auf einem einzeln stehenden, hohen Baum. Perfekt für uns zum Beobachten! Dicht gefolgt von einem Bär. Nein, kein Seebär, sondern ein echter Schwarzbär am Ufer. Das hatten wir auch noch nie auf solch einer Tour.

Und dann war es soweit: Buckelwale in Sicht! 3 Stück an der Zahl. Schön zu sehen, auch wenn wieder keiner für uns gesprungen ist, wie wir jedes Mal heimlich hoffen. Sie blieben relativ lange in einem Gebiet und kamen recht häufig hoch. Wir hatten es auch schon, dass sie zweimal oben waren und dann 10 min. verschwanden, nur um ganz woanders wieder aufzutauchen. So konnten wir die riesigen Meeresbewohner dieses Mal richtig genießen. Kurz vor dem Columbia Glacier (das Ziel dieser Tour) wurde es am Bug schon richtig eisig und die Damen verzogen sich ins Innere zum Aufwärmen. Richtig gemütlich wurde es hier allerdings auch nicht, denn um zum Gletscher zu kommen, musste das Boot erstmal durch ein riesiges Eisfeld hindurch, mit noch ganz schön beachtlichen Eisbrocken. Da blieb der ein oder andere Kontakt nicht aus und es ruckelte und zuckelte das ganze Boot. Äh, wie war das noch bei der Titanic? Am Eisberg hängen geblieben? Gut, so groß waren sie nun nicht, aber trotzdem! Am Columbia Glacier angekommen staunten wir natürlich nicht schlecht. Der ist trotz seines wohl heftigen Rückgangs immer noch recht beachtlich! Hier war auch ganz schön was los. Nicht nur Kormorane tummelten sich auf den Eisschollen, sondern noch weitere Seeotter und Seehunde. Auf dem Rückweg kamen wir bei einer Seelöwen-Kolonie vorbei, die faul auf den Uferfelsen in der Sonne fläzte. Wobei, so faul war das gar nicht, denn beim Näherkommen hörten wir sie dann ganz schön röhren und beobachteten auch den ein oder anderen Kampf um den besten Platz an der Sonne. Zurück an Land gönnten wir uns ein super Abendessen in "Mike´s Palace" (sehr empfehlenswert!) und schleppten uns dann müde, aber zufrieden auf den Campingplatz.

Sonntag, 15.05.2016
Ha, und ich sag noch, es könnte doch sein, dass sich die Bären verirren. Das tat zumindest einer von ihnen und nicht irgendwo, sondern direkt auf unseren Campingplatz. Allerdings versteckte er sich ein wenig im nahen Gebüsch, so dass die Mutter die Beobachtung aufgab und lieber im Wohnmobil rumwurschtelte. Der Vater in seiner Abenteuerlust wanderte aber ein Stück nach links, in der Hoffnung, ihn wieder zu sehen - ohne Erfolg. Als sich die Familie dann vor dem Wohnmobil wieder traf, staunte sie nicht schlecht - denn der Bär war mittlerweile rechts von uns. Toll, während der Vater links auf Suche war und die Damen im Inneren, nutzte der Bär seine Chance, um sich direkt vor unserem Camper unbemerkt vorbei zu schleichen.. So sahen wir ihn also nur noch von hinten. Die Rückfahrt wurde schön sonnig, wobei uns das am Worthington Glacier, der komplett unter Schnee lag - und das bis zur Straße -, nichts nützte. Eine Wanderung hier (wie beim letzten Besuch) konnten wir ohne Schneeschuhe leider vergessen. In Palmer fuhren wir zur Reindeer Farm. Dieses Schild hatten wir beim letzten Mal schon gesehen und jetzt waren wir neugierig, was es damit auf sich hat. Was wir nicht gedacht hatten war, dass wir hier eine Führung benötigen, um uns alles anzuschauen. Auch dass die Tour nicht zu bestimmten Zeiten losgeht, sondern erst, wenn genügend Touristen beisammen sind, wussten wir nicht. Aber gut, die Wartezeit bis es losgeht kann man mit Ponyreiten, Hasen-, Hühner- und Hausschwein-Streicheln überbrücken. Schließlich kamen noch ein paar Touristen und unser Tourguide Chase fing an. Eingeleitet wird mit allerhand Wissenswertem rund um das Geweih. Wusstet ihr z.B., dass nach dem Abwurf im Frühjahr das neue Rentiergeweih bis zu 6 cm pro Tag wachsen kann? Wir nicht und wir staunten nicht schlecht.

Irgendwann führte Chase uns dann zu den Tieren. Bis auf die Neugeborenen durften wir alle Rentiere streicheln und auch füttern. Das war natürlich für Helen wieder das Größte. Es folgte noch ein Bison namens "Dolly" und einige Wapitis, die ebenfalls gefüttert werden durften. Unterwegs bekamen wir weitere Infos rund um die Tiere und zum Abschluss (oder auch am Anfang - je nachdem) kann man noch in den kleinen Giftshop. Das waren nette zwei Stunden, aber ich glaube wir hätten auch nichts verpasst, wenn wir nicht dabei gewesen wären. Als nächstes Ziel stand Anchorage auf der Liste. Da es schon dem Abend zuging, fuhren wir gleich ganz in den Süden zum Beluga Point, da wir hofften (so wie beim letzten Mal) die weißen Wale zu Gesicht zu bekommen. Leider war dem nicht so. Aber erneut hatten wir viel Spaß beim Felsen klettern, Strand-/Matschspaziergang und Dall-Schafe gucken. Auch die bereits erwachenden Blumen, die anfangen in allen Farben zu blühen und ein makelloser Sonnenuntergang wurden von uns bewundert.

Montag, 16.05.2016
Wir fuhren auf dem Weg nach Downtown von Anchorage noch einmal am Beluga Point vorbei. Vielleicht waren sie ja dieses Mal morgens da. Doch wir kamen gar nicht dazu nachzuschauen, denn es ging bereits auf dem Parkplatz ein derart starker Wind, dass wir kaum die Autotür aufbekamen. Da hätte es uns glatt von den Felsen geweht! Also ging es zum Innenstadtbummel nach Anchorage. Neben den zahlreichen Souvenirläden tat es uns hier vor allem das Hard Rock Café und eine der größeren Malls an (ein Ausgleich zum verpassten Skagway-Shopping). Ansonsten hatten wir beim letzten Mal schon viel von der Stadt gesehen. Was wir dennoch ein zweites Mal anschauten, war der Alaska Zoo. Hauptsächlich unserer Tochter zuliebe. Egal wie viele wir von den hier lebenden Tieren in freier Wildbahn schon gesehen haben (mal abgesehen von den Tigern und den Schneeleoparden.), Zoo bleibt bei Kindern einfach Zoo und so hatte Helen ihren Spaß beim Tiere gucken. Wir Eltern waren aber froh, dass wir danach wieder raus aus der Stadt und ab in die Wildnis fahren konnten. Wenn auch nicht lange, denn es war schon wieder Zeit für einen Campingplatz.

Dienstag, 17.05.2016
Heute bekamen wir als allererstes frühmorgens einen Elchbullen am Nancy Lake zu Gesicht. Ein Nachteil des Frühlings (mal abgesehen davon, dass es keine Lachse und somit auch keine Grizzlies gibt) ist, dass die Elche noch ohne großes Geweih unterwegs sind. Da sind die Karibus mit ihren 6 cm pro Tag schon deutlich im Vorteil. Auch dieser Elch hatte nur zwei kleine Stumpen seitlich am Kopf und wirkte dadurch gleich etwas dümmlich - nichts gegen die stolzen Geweihträger im Herbst. Wie schade, dass heute der erste trübe Tag seit langem war, denn als wir zum Denali Viewpoint South kamen, sahen wir vor lauter Wolken nicht mal den Ansatz eines Berges. Und auch am Medal of Honor Loop verschlug es uns etwas die gute Besichtigungslaune, denn jetzt fing es an zu regnen. Und es sollte noch besser werden, denn je näher wir dem Eingang des Denali National Parks kamen, umso kälter wurde es und just als das Thermometer 0°C anzeigte, fing es an zu schneien. Und das gleich richtig heftig. Wobei mein Mann auch in dieser Situation noch einmal das Unmögliche möglich machte. Durch das dichte Schneetreiben hindurch sah er aus der Fahrt heraus ein Karibu, das in gut und gerne 200 Metern Entfernung am Boden lag. Es dauerte eine Weile, bis wir Damen dieses auch identifizieren konnten. Etwas näher an der Straße und damit besser zu sehen waren drei Schneegänse. Hey, die hatten wir auch noch nie. Und es sollte auch ein kurzes Vergnügen bleiben, denn wir sahen ein Auto am Straßenrand und ein paar Männer, die die Vögel beobachteten. Wir fuhren zunächst weiter, waren dann aber doch neugierig, was die Männer im Sinn hatten und drehten noch einmal um. Und tatsächlich: als wir wieder an der Stelle ankamen, hatten sie bereits zwei von den dreien erschossen. Das fanden wir natürlich weniger schön, wobei wir ihnen zugute halten, dass sie wenigstens gewartet haben, bis wir weg waren.

Im Denali National Park angekommen, buchten wir als erstes eine Bustour im Wilderness Access Center. Wir erfuhren, dass die Busse im Moment nur bis Meile 29 (Teklanika River) fahren, dass am Freitag jedoch der erste Bus wäre, der zumindest bis zum Toklat River fahren würde. Den nehmen wir! Außerdem erfuhren wir, dass jetzt in der "Vorsaison" der Park nicht nur bis zur 15. Meile (Savage River) im eigenen Fahrzeug selbst befahren werden kann, sondern eben auch bis zum Teklanika River. Na, wenn das mal keine guten Nachrichten sind! Das wollten wir gleich ausnutzen und fuhren sofort los. Es hatte zwischenzeitlich aufgehört zu schneien, dennoch lagen gut und gerne 5 cm Schnee. Und machte somit ein ganz besonderes Bild des Denali Parks, den wir bisher immer nur in den Indian-Summer-Farben rot, orange und gelb gesehen hatten: alles ganz in weiß. Auch schön! Die erste Fahrt bis zu Meile 29 brachte uns ein Moorschneehuhn und wunderschöne weiße Sicht ein, sowie eine kleine etwas eklige Anekdote bei einer Pause am Savage River. Wir wussten schon seit einigen Tagen, dass wir im Kühlergrill vorn einen leider toten Passagier hängen hatten: bei einem der vielen Vogelschwärme, die wir während unserer Fahrt schon aufgeschreckt hatten, hat es eines der Tiere leider nicht geschafft und steckte seither dort fest, weil sich bisher keiner überwinden konnte, den toten Gesellen herauszupulen.

Wir parkten also wie gesagt am Savage River, als uns zwei Möwen ins Visier nahmen. Und eine der beiden begann sofort, Angriffe auf unseren Kühlergrill zu fliegen. Beim dritten Mal hatte sie es dann geschafft: sie hatte tatsächlich im Flug den toten Vogel herausgepickt und verschlang ihn an einem Stück. Iiiih, nicht besonders lecker anzuschauen, aber wohl ein Festschmaus für die Möwe, denn danach saß sie noch eine Weile auf unserer Motorhaube und wartete wohl auf den nächsten Leckerbissen. Zum Glück hatten wir aber keine weiteren toten Tiere an Bord - das eine hatte uns schon gereicht! Endlich war es Zeit fürs Abendessen, denn wir freuten uns schon den ganzen Tag auf eine Pizza in der "Prospectors Pizzeria". Ich glaube nicht, dass es irgendwo eine bessere Pizza gibt, als hier. Wir auf jeden Fall lieben sie. Unsere zweite Runde im Park (übrigens mittlerweile völlig schneefrei - so schnell es hier alles zugeschneit hatte, so schnell war auch alles wieder weggetaut), war dann noch sehr schön. Am Savage River dieses Mal keine Möwen, sondern Karibus! Eine kleine Herde, gar nicht weit weg vom dortigen Wanderweg. Richtig, richtig schön! Schön dann auch, dass tatsächlich noch einmal die Sonne heraus kam und wir in der Folge einen wunderbaren Sonnenuntergang erleben konnten.