Sieben Wochen sind vergangen, seitdem ich von meinem Neufundland-Trip zurück bin. Und schon geht es wieder nach Kanada! Ins südliche Manitoba. Der Whiteshell Provincial Park, das lebendige Winnipeg und der Riding Mountain Nationalpark warten auf mich. Let's go!
Text und Fotos: Henrike Baum



Ich weiß. Es ist ein Privileg so viel reisen zu können. Und ja, ich genieße es in vollen Zügen - mittlerweile im dritten Jahr hier bei SK Touristik. Tja, und nun lasse ich das kanadische Büroblockhaus im Münsterland tatsächlich schon wieder hinter mir. Es geht nach Manitoba. Mit der Air Canada nach Winnipeg - zwei Flüge komplett ohne Verspätung. Na, das fängt doch super an!

In Winnipeg werde ich von einer Vertreterin von Travel Manitoba begrüßt. Ich treffe auf meine Mitreisenden und schon geht es mit dem Kleinbus in Richtung Whiteshell Provincial Park. Er liegt östlich von Winnipeg. Unser Ziel: das Falcon Trails Resort. Kurz vor der Zielgeraden müssen wir jedoch unsere Geschwindigkeit ein wenig drosseln. Dies liegt zum einen an der Gravel Road. Zum anderen an den vielen Rehen, die genüsslich auf Gras kauend am Wegesrand stehen und uns neugierig beobachten. Das Falcon Trails Resort liegt direkt am Falcon Lake. Ich bin in der großen Lodge untergebracht. Richtig klasse! Alles sehr gemütlich. Sauber und schön eingerichtet. Ich freue mich über das große Bett. Nach dem gemeinsamen Abendessen bewundere ich noch den kla­ren Ster­nenhimmel, bevor ich gegen neun Uhr völlig k.o. ins Bett falle. Nach einer Anreise von knapp 24 Stunden ist das wohl kein Wunder.

Kein Jet Lag! Nein, pünktlich zum Klingeln meines Weckers wache ich auf. Und genieße den herrlichen Blick auf den Falcon Lake. Klasse Start in den Tag! Zusammen mit dem gemütlichen Frühstück in der Ski-Lodge des Resorts. Ja, richtig: Ski-Lodge. Dieses kleine Fleckchen am Falcon Lake verfügt tatsächlich über einen Ski-Berg. Und im Winter läuft hier auch ein Ski-Lift. Aufgrund des Ski-Hügels finden hier tatsächlich Biathlon-Übungen- und Wettkämpfe statt. Der Übungsplatz ist sogar die Heimat von Megan Imrie, die 2010 und 2014 an den Olympischen Winterspielen für Kanada teilnahm.

Die Luft an diesem Morgen ist herrlich. Die Sonne scheint schon und Nebelschwaden wandern über den See. Wunderschön - unheimlich beruhigend! Aber jetzt startet mein Programm. Und auch ich soll teilweise auf den Biathlon-Geschmack kommen! Zehn Minuten später finde ich mich schon an der Schießanlage des Skihügels wieder. Dann geht es los und ich darf auch ein paar Schüsse im Liegen und im Stehen abfeuern. Erstaunlich, das macht extrem viel Spaß! Und noch erstaunlicher, ich treffe die kleinen schwarzen Punkte recht gut.

Zum Lunch geht es zurück zur Lodge. Danach habe ich Freizeit und kann ein wenig im privaten Hot-Tub der Lodge verweilen. Sprudelndes heißes Wasser und der Blick auf den Falcon Lake - ach, man kann sich dran gewöhnen: Eine Stunde lang bewege ich mich nicht mehr.

Das Relaxen hat ein Ende. Es geht zur Falcon Beach Ranch. Hier wird mir ein Pferd zugeteilt und dann kann es auch schon auf den einstündigen Ausritt losgehen. Mein Pferd heißt King und es führt mich sicher durch so manche tiefe Pfütze und recht unwegsames Gelände. Zurück an der Ranch wartet ein leckeres Steak-BBQ. Bis spät in den Abend sitzen wir zusammen am Feuer und erzählen, bis wir fast von selbst ins Bett fallen.

Ich wache auf und merke, dass es deutlich frischer in meinem Zimmer ist. Es ist bewölkt und es hat die ganze Nacht geregnet. Wir treffen uns zum Frühstück und treten den kurzen Marsch zu den Eco-Cabins des Falcon Trail Resorts am High Lake an. Nach rund 20 Minuten erreichen wir den See und nehmen die Cabins genauer unter die Lupe. Die Betreiber des Resorts haben entlang des Sees sechs unterschiedliche Cabins erbaut. Eco-Cabins werden sie nicht zuletzt auch genannt, weil sie ausschließlich mit Solarenergie versorgt werden und Wert auf Baustoffe gelegt wurde, die aus der näheren Umgebung kommen. Jede Cabin verfügt über einen privaten Steg zum High Lake. Ein besonderer Ort, irgendwie. Bestimmt toll, um mal eine nachhaltige Auszeit zu nehmen.

Ob ich jetzt mit einem der kleinen Motorboote raus auf den See mitkommen möchte? Ja, klar! Die Möglichkeit lasse ich mir sicher nicht entgehen! Durch den See verläuft die Grenze zu Ontario. Ich fliege also zwischen den zwei Provinzen über die Wellen, während über uns Adler kreisen. In völliger Einsamkeit. Vor paradiesischer Wildniskulisse. Schade, dass es heute noch zurück nach Winnipeg geht. Aber es hilft nichts. Wir müssen uns verabschieden.

Zwei Stunden dauert es mit dem Van zurück nach Winnipeg. Einchecken im "Inn at the Forks". Gemütliches Zimmer. Noch schnell frisch machen - dann treffen wir uns mit zwei Vertreterinnen von Tourism Winnipeg zum Dinner im "Forks Market". Das waren um 1900 zwei einfache Pferdeställe, die schließlich mit einem Vorhof und kleinen Brücken verbunden wurden. Heute ist es ein bunter Ort zum Zusammenkommen und man findet hier ausgefallene Shops und gute Restaurants. Es lohnt sich herzukommen. Das Dinner besteht aus Sushi, Fish'n' Chips und anderen Leckereien. Eine bunte und köstliche Mischung aus den einzelnen Restaurants.

Abends starten wir zu einer ganz besonderen Tour durch Winnipeg, der "Hidden Codes Tour“ durch das Legislative Building. Erst vor ein paar Jahren hat man entdeckt, dass Frank Worthington Simon, der damalige Architekt, im Gebäude unzählige Hinweise, "versteckte Codes", hinterlassen hat. Hinter vielen Statuen, Stufen und sogar in der Akustik des Gebäudes lassen sich mystische, mythologische oder hermetische Besonderheit entdecken – also, das ist wirklich mal spannend! Natürlich muss ich noch zum Assiniboine Park Zoo! Und hier wird für mich ein kleiner Traum wahr: Ich habe die Möglichkeit, an einer privaten Tour durch das Polarbären-Gehege des Zoos teilzunehmen. Spannend, denn in diesem Zoo findet ein Großteil der Forschung rund um die Polarbärenpopulation an der Hudson Bay statt. Es hat etwas Erhabenes, die Tiere aus dem eindrucksvollen Glastunnel heraus zu beobachten. Und hinter den Kulissen erfahre ich viel über die Forschung. Bin echt überwältigt!

Und der Tag hat noch etwas zu bieten: Abends geht es zum sogenannten „Manifest“. Ein Street-Food- und Food-Truck-Fest. Abgefahren! Ich lasse mich kulinarisch treiben – lecker, spannend, interessant. Und einfach etwas ganz anderes. Sehr bunt wieder. Winnipeg ist bunt!

Abgefahren geht es weiter – und das nicht nur, weil mein Wecker extrem früh klingelt. Bereits um halb sechs sind wir zum Catfish-Angeln verabredet. Ich war noch nie angeln, aber was soll's? Etwas außerhalb von Winnipeg gehen wir an Bord der Boote von „Citycats“ und düsen ein Stück den Red River hinunter, dem Sonnenaufgang entgegen. Unser Guide Todd bereitet die Angeln für uns vor. Die Spannung steigt. Und tatsächlich, schon nach kurzer Zeit ruft Todd aufgeregt: „Quick! There must be a big one on the left rod!“ Das ist meine! Wow, die Angelrute biegt sich mächtig dem Wasser entgegen. Unter Anleitung, Adrenalin und viel Kraftaufwand hole ich den Wels ins Boot. Was für ein Riese! Schnell ein Foto, dann darf der Gute zurück ins Wasser. Kaum haben wir die Angel wieder bestückt, zappelt der nächste Fisch an einer der anderen Ruten. Wir verbringen drei Stunden auf dem Fluss und fangen zwölf Fische. Ein tolles Erlebnis – hätte ich nicht erwartet. Natur, frische Luft, eine faszinierende Landschaft und ein Morgen-Workout. Klasse.

Zurück in Winnipeg folgt noch der Abstecher ins berühmte "Canadian Museum of Human Rights". Dieses wurde erst im September 2014 eröffnet und liegt direkt am Zusammenfluss des Red und Assiniboine Rivers. Erzählt wird die Geschichte der nationalen und internationalen Menschenrechte –?gerade auch aus der Perspektive der First Nations Kanadas. Lohnenswert! Leider bleibt mir viel zu wenig Zeit um alles vollends zu erkunden.

Am Abend wird’s lustig. Wir treffen uns zum Pub Crawl in Downtown Winnipeg. Sowas liebe ich ja! Ich finde, man lernt kaum irgendwo so viel über einen Ort und seine Bewohner wie bei einem zünftigen Pub Crawl! Wir starten im „Deer & Almond“ mit einem tollen Dinner. Meine Empfehlung für Winnipeg. Und der Rest? What happens on the road...

Es ist gefühlt etwas neblig bei der morgendlichen Abfahrt in Richtung Riding Mountain Nationalpark. Aber ein schneller Stop bei Tim Hortons (was wäre auch ein Trip durch Kanada ohne Timmy's?) holt mich zurück ins Hier und Jetzt und ich bin hellwach, als wir den Nationalpark erreichen. Die Fahrt auf den Park zu ist schon beeindruckend. Wie eine grüne Insel erhebt er sich aus der ockerfarbenen Prärie. Ein echtes Schauspiel. Wie ein Festungswall steht es dann da, das beeindruckende Osttor des Parks, und schreit: „Hier beginnen Wald und Wildnis! Hier hat die Prärie keinen Zutritt!”

Im Park-Örtchen Wasagamin bin ich im „Lakehouse“ untergebracht. Das Hotel gibt es schon viele Jahre und wurde im letzten Jahr renoviert. Die Zimmer sind groß, sauber und schön eingerichtet. Nach einem kleinen Gang durch den Ort und einer Pause im Hotel steht ein frühes Dinner im TR McKoy’s an – gemütlich und lecker!

Und abends starten wir zur "Elk Bugling-Tour"! Ich treffe mich mit Celes Davar am Startpunkt der Wanderung. Celes war schon in Nova Scotia als Parkranger beschäftigt und ist nun die gute Seele des Riding Mountain National Parks. Ich folge Celes in den Busch. Erst auf dem Wanderweg, dann querfeldein. Er führt uns zu Orten, an denen Wölfe jagen, Elche grasen oder Bären sich an Bäumen schubbern. Man könnte Celes stundenlang zuhören.

Wir merken kaum, wie die Sonne langsam untergeht. OK, besser langsam zurück zum Parkplatz. Doch ausgerechnet jetzt funktioniert Celes' GPS nicht richtig und nach einigen Minuten gibt er zu: "Ok, this has never really happened to me, but I think we are a little lost." Nun ja, noch glaube ich, er scherzt . Bis Celes das Handy zückt, um seine Frau zu kontaktieren. Er bittet sie mit dem Auto zum Parkplatz zu kommen und dort so lange zu hupen, bis wir wieder aus dem Busch auftauchen. Irgendwie beeindruckend, ja, cool, dass man nach ein paar Schritten plötzlich so tief in der Wildnis ist, dass selbst einem Parkangestellten die Orientierung schwerfällt. Dass mich aber ein hupendes Auto vor einer Nacht in der Wildnis bewahrt, ist eine andere Geschichte.

Auf den Schreck lädt mich Celes zum nahe gelegenen Campingplatz ein. Dort haben seine Frau und er eine der Hütten gemütlich mit vielen Windlichtern geschmückt. Es gibt heißen Tee mit einem sehr leckeren Whisky - natürlich aus Manitoba und angeblich im letzten Jahr zum besten Whisky der Welt gewählt - und Schokolade aus Wasagamin. Ein Freund ist auch da und spielt für uns Gitarre und singt - so gemütlich! Zum Abschluss probieren wir uns im "Wolfshowling". Am nah gelegenen See demonstriert Celes, wie Wölfe heulen. Und alle machen mit. Leider bleibt die Antwort heute aus. Doch es war wirklich ein besonderer Abend. Erst am nächsten Tag werde ich mitbekommen, dass unser kleines „Getting-Lost“-Abenteuer inzwischen das Gespräch des Ortes ist.

Der letzte volle Tag in Manitoba startet früh mit einer Tierbeobachtungs-Tour. Pat Rousseau nimmt mich mit auf seine Tour durch das Bison Reservat des Riding Mountain Nationalpark. Pat arbeitet für Riding Mountain Nature Tours und war 21 Jahre lang als Park-Wächter tätig. Er kennt den Park also wie seine Westentasche.

Auf dem Weg zu den Bisons spaziert direkt vor unserem Bus zuerst ein Wildpferd und wenig später ein Schwarzbär über die Straße. Ja, die Artenvielfalt des Riding Mountain National Park ist bemerkenswert. Nach einer halben Stunde ist das Ziel erreicht und ich entdecke die ersten Büffel. Gewaltige Tiere! Sie grasen friedlich, schauen nur ab und an mal rüber und stören sich nicht wirklich am menschlichen Besuch. Besonders verzückt mich das kleine Bisonkälbchen – so niedlich!

Ein paar letzte Bilder. Dann geht es zurück nach Wasagaming. Hier frühstücke ich in der White House Bakery, die ich hier noch schnell empfehlen möchte. Hashbrowns, Bacon, Toast, Eier und Pancakes – ein typisch kanadisches Frühstück eben. Für den Nachmittag nehme ich mir den Hotel Hot-Tub vor. Das tut bei dem kalten Wetter und Nieselregen richtig gut. Das Abschiedsessen findet im Golf Clubhaus des Riding Mountain Parks statt. Wir lassen die Erlebnisse der letzten Tage Revue passierenund sind doch ein wenig traurig, dass wir morgen schon wieder die Reise nach Deutschland antreten müssen.

Ein letztes „Guten Morgen“ aus Manitoba. Schon gegen acht Uhr starten wir zurück nach Winnipeg. Die Fahrt dauert noch einmal gute drei Stunden – inklusive dem obligatorischen Stop bei Timmy. Mit einem letzten Lunch im schönen „Inn at the Forks“ zögern wir noch ein wenig den drohenden Abschied von Manitoba hinaus. Denn der fällt mir alles andere als leicht. Aber dann ist es soweit. Zurück nach Toronto. Von dort zurück nach Deutschland.

Die acht Stunden Flugzeit im Dreamliner der Air Canada geben mir Zeit zum Nachdenken. Zeit, ein Fazit dieser intensiven Reise zu ziehen: Manitoba hat mir unheimlich gut gefallen. Ich glaube, es ist dieser besondere Mix aus Wildnis, Wildlife, Moderne und unheimlich tollen Menschen, der den Reiz des Herzens von Kanada ausmacht. Ich wurde überall freundlich empfangen – wirklich wie ein richtiger Freund. Und die Provinz Manitoba selbst ist so vielseitig und spannend, wie ich es vorher nie erwartet hätte. Vom ruhigen Whiteshell Provincial Park über das bunte(!) Winnipeg bis hin zum wieder wilderen und stillen Riding Mountain National Park. Absolut die Reise wert. Meine auf jeden Fall!