Im Camper durch Westkanada British Columbia - Kanada Wohnmobil

Ein Traum: Familienurlaub in Westkanada. Mit dem Wohnmobil durch die Rocky Mountains. Herrlich! Aber im Oktober? Und nur zwei Wochen? Auf die Herbstferien waren wir nun mal angewiesen. Ein Glück für uns!


Völlig egal, ob wir einen Bären sehen!

Mit einem Foto unserer damals vier- und fünfjährigen Söhne auf dem Bears Hump im Waterton Lakes National Park hatten wir 2011 den zweiten Platz im SK Touristik Fotowettbewerb gewonnen. Und nun wurde es Zeit, den 500€-Reisegutschein in diesem Jahr endlich einzulösen. Mutig fiel unsere Reisezeit-Wahl auf die Herbstferien. Im September sind wir, schon in Kanada gewesen. Einmal vor neun Jahren, um dort auf Vancouver Island zu heiraten. Und dann in 2011 - mit unseren beiden Jungs und einem Wohnmobil. Beide Reisen waren wundervoll - im September. Aber Oktober?

Ein langer Flug mit Umsteigen in Montréal, doch erstaunlicherweise verpackten wir die Anreise alle außerordentlich gut. Unsere Kinder (mittlerweile 7 und 8 Jahre), die zu Hause nicht besonders viel fernsehen dürfen, schwärmen jetzt noch von den Langstreckenflügen, auf denen sie vier Kinder-Kinofilme nacheinander sehen durften - das Pensum für normalerweise ein bis zwei Monate! Wohlbehalten landeten wir also in Calgary. Der Shuttle zum Best Western Hotel kam nach einem Anruf von uns sehr zügig, und im großzügigen Hotelzimmer dachten wir erst einmal nur ans Schlafen.

Jetlag! Ab 5.30 Uhr war alles Schlafen vorbei. Um 6.30 Uhr fanden wir uns alle im hoteleigenen Schwimmbad wieder. Mein Mann Thommy und ich genossen den angenehm temperierten Pool und den Hot Tub, während die Kinder jauchzend immer und immer wieder die Rutsche herunterjagten. Das hört sich schräg an, aber wir waren hellwach und es hat wirklich Spaß gemacht und gut getan. Um 7.30 Uhr nahmen wir ein ausgezeichnetes Frühstück im Hotel zu uns, und um 8 Uhr standen wir frisch und gestärkt zur Abholung durch Fraserway bereit.

Den erforderlichen Papierkram erledigte die nette junge Dame von Fraserway sehr schnell mit uns, bevor wir dann in den Genuss einer sehr kompetenten Einweisung in unseren Truck Camper mit Bunk-Bed Slide-Out erhielten. Tja, und dann erst einmal alles verstauen. Aufgrund unseres Rückflugs ab Vancouver konnten die Koffer nicht bei Fraserway bleiben. Wir hatten uns deswegen faltbare Reisetaschen zugelegt. Empfehlenswert, nicht besonders teuer und echte Raumwunder!

Nachdem die Einkäufe beim Großmarkt um die Ecke und natürlich im Liquor Store erledigt waren, brachten wir unsere erste kurze Strecke hinter uns und fuhren bis nach Banff. Allein schon diese Anfahrt von Calgary Richtung Rocky Mountains rief bei uns das mittlerweile bekannte, wohlige Canada-Feeling hervor!

Am Tunnel Mountain II Campground nahmen wir einen Platz mit Panoramablick auf die Rockies. Das ist der Vorteil dieser Reisezeit, man kann sich die Plätze aussuchen.
Abends fuhren wir noch einmal kurz durchs Städtchen und als wir schließlich im Sonnenuntergang unseren Slide-Out ausfuhren und es uns gemütlich machten, fiel aller Stress der letzten Wochen von uns ab. Wie wir diesen Truck Camper lieben! Endlich Erholung.

Der nächste Tag. Wir hatten eine grobe Vorstellung, wo es langgehen sollte. Thommy hatte Schoofs Routenbuch hoch- und runtergelesen, aber wir wollten dennoch täglich flexibel bleiben. Mein Mann ist ein großer Verfechter von Online-Weather-Forecasts, was uns diverse Male nah an den Rand der Scheidung getrieben hat. So oft wie irgendwie möglich wird in der Nähe von Restaurants, Hotels oder Tankstellen ein Hotspot gesucht und die nächste Wettervorhersage geprüft. Und zwar nicht nur für einen Ort. Nein, für alle möglichen Reiserouten und für die komplette Reisezeit! OK, zugegeben, hin und wieder hat das tatsächlich was gebracht...

Auf zum Stoney Squaw Trail am Mount Norquay, ein einfacher Wanderweg zu einem erhöhten Aussichtspunkt oberhalb von Banff. Der Trail wurde in irgendeinem Reiseführer gelobt und wäre bestimmt auch noch besser bei mir angekommen, wenn ich nicht schon so viele Highlights in Kanada erlebt hätte (bin sozusagen ein wenig verdorben). Es hat aber trotzdem Spaß gemacht, und ein bisschen Nervenkitzel bringt ja immer schon die Möglichkeit, irgendwo einem Bären über den Weg zu laufen. Helle Aufregung, als wir ein riesiges Büschel Bärenfell fanden. Dachten wir. Bei näherer Betrachtung handelte es sich aber um eine Art Flechte, die alle Bäume rings um uns herum überzogen hatte und dem Wald eine märchenhaft, mystische Atmosphäre verlieh. Und trotzdem klingelten wir fleißig mit unseren Glöckchen, erzählten blöde Witze und sangen. Das kann kein Bär aushalten. Zurück am Parkplatz, geriet ich in wahre Verzückung, als ich ein Reh im Wald entdeckte. Eigentlich ein klein bisschen albern. Ich habe mich noch nie in Münster so sehr über ein Reh gefreut. Aber dieses war eben ein echtes kanadisches Urlaubsreh!

Am Abend schlenderten wir durch Banff, das den Eindruck eines Bergwanderer- oder Skifahrermekkas in der absoluten Nebensaison machte. Auf dem Rückweg zum Campground stand ein gewaltiger Wapiti-Hirsch am Wegesrand und guckte fast zu uns ins Auto hinein. Genug Eindrücke für heute, Slide-Out raus und ab ins Bett.

Am nächsten Tag hatten wir uns im Johnston Canyon die Lower and Upper Falls als Ziel ausgesucht. Kaum Besucher hier. Vor allem, als wir am Ende der Upper Falls einfach weiterliefen zu den Ink Pots, waren fast alle Touris abgehängt. Die Upper Falls sind etwa 30 Meter hoch und sehr beeindruckend. Der Weg zu den Wasserfällen war noch recht einfach, doch der Weg zu den Ink Pots führt durch tiefen, nur teilweise durch Lichtstrahlen beschienenen Wald, irgendwie märchenhaft und unwirklich. Doch die besondere Atmosphäre konnte unsere Brut nicht beeindrucken: "Wie lange noch?" Wir haben alles gegeben. Bonbons, blöde Lieder, Reime, das ganze Repertoire, aber es half alles nichts. Erst als wir endlich an den Ink Pots ankamen, die ich mir als kleine dunkle Wasserlöcher vorgestellt hatte, war es selbst für unsere mittlerweile wirklich schlecht gelaunten Kinder eine echte Offenbarung. Ich bin sicher, sie werden als Erfahrung abspeichern, dass sich lange Wege eben doch lohnen können! Man tritt am Ende des Weges aus dem Wald auf ein sonnenüberflutetes Hochgebirgsplateau und hat plötzlich ein wundervolles Panorama vor sich, mehrere blaugrüne malerische Teiche, aus denen Blasen aufsteigen, dahinter eine wenig bewachsene, aber im Herbst in bunten Farben glühende Ebene, durch die ein wilder Fluss fließt. So schön und wir waren hier die Einzigen!

Am nächsten Tag dann weiter durch den Kootenay National Park und über Radium Hot Springs, Invermere und Canal Flats (ich könnte Romane schreiben, wenn ich an die ganzen Aussichten beim Fahren denke!) zum Whiteswan Lake Provincial Park.

An einem besonders beeindruckenden Aussichtspunkt kamen wir mit einer Kanadierin ins Gespräch, die uns warnte, dass im Moment besonders viele Bären und Pumas unterwegs seien. "Keep your feet inside the RV", waren ihre Worte und mir wurde ein wenig mulmig. Aber natürlich verspürte ich auch Aufregung und Vorfreude - wir wollten ja Bären sehen! Unterwegs am Straßenrand noch ein großer Coyote - oder war es ein Wolf?

Kurz hinter Canal Flats zweigt die Schotterpiste in den Whiteswan Lake Park ab. Das letzte Stück hatte uns ganz schön durchgeschüttelt, aber für Thommy ist kein Kanada-Urlaub komplett, wenn uns nicht irgendeine Gravel Road ins Nirgendwo führt. Im Park angekommen, hatten wir Glück. Der erste Campground, der in Schoofs Reiseführer gelobt wird, war wider Erwarten noch offen. Genau, wie es im Routenbuch stand. Auf Aussagen zu Öffnungszeiten kann man sich nicht unbedingt verlassen.
Und der Campground war wirklich super, wir waren bis auf einen Mitcamper allein und hatten einen tollen Sonnenuntergang mit traumhaftem Panorama! Zu allem Überfluss kamen dann tatsächlich am Abend - wie in Schoofs Buch beschrieben - eine Elchmutter mit ihrem Kalb aus dem Wald und grasten am Seeufer. Unbeschreiblich! Nachdem die Elche wieder fort in den Wald waren, machten wir ein Lagerfeuer und kümmerten uns um unser eigenes Essen -?gegrillter Fisch. Lecker!
Morgendämmerung. In aller Früh schlichen wir uns wieder an den See hinunter. Die Kinder schliefen noch. "Unsere" Elche waren schon wieder da. Ein beeindruckendes Schauspiel! Nach dem Frühstück dann weiter zum Home Basin Campground, dem letzten Campground am Ende des Whiteswan Lake -?das ist der See hinter dem Alces Lake. Erstaunlicherweise waren hier dann doch noch ein paar Kanadier da, um die sonnigen Tage hier oben zu genießen. Abends und morgens am See waren wir aber immer die einzigen und hatten somit immer das Gefühl herrlicher Ruhe und Abgeschiedenheit, ohne jedoch wirklich einsam zu sein. Dieser Ort bleibt mir mit malerischen Indian-Summer-Farben und einer sich im stillen Grün-Blau des Sees spiegelnden Bergkette in Erinnerung.?An so einem Panorama kann man sich nicht satt sehen!
Nach einem letzten Frühstück unten am See fuhren wir den Slide-Out ein und schaukelten die Gravel Road zurück, Richtung Lake Louise. Aber vorher noch ein spektakulärer Zwischenstopp an den Lussier Hot Springs. Nach viel Überredungskunst legten sich sogar die Kinder in die warmen bis heißen natürlichen Becken ("ihhh, das stinkt nach Pups") am Rande des eiskalten Flusses. Entspannung pur! Das muss man mal gemacht haben. Zusammen mit der Abkühlung im eiskalten Flusswasser. Um den Schwefelgeruch abzuwaschen und für die notwenige Frische für die Weiterfahrt. Ich würde künstlich angelegte Bäder diesem Naturerlebnis niemals vorziehen.

Der Morgenstart auf dem Lake Louise RV Campground. Auf zum Consolation Lakes Trail am Moraine Lake. Aber erst ein Stop am Lake Louise. Dort waren wir ja schon zweimal. Beide Male hatten wir die Massen an Touristen als eher abschreckend empfunden und die Flucht ergriffen. Diesmal aber staunten wir, dass wir der zweite Wagen auf dem RV-Parkplatz waren. Schnell zum See runter - und dann einfach weiter. So eine Gelegenheit! Den See einmal fast für sich allein zu haben!

Am Ende des Sees entschieden wir uns dann spontan, den Plain of Six Glaciers Trail zu machen. Ein unglaublicher Aufstieg! Die Kinder hatten Abenteuer-Feeling pur, keine Spur von Langeweile oder Gequengel, und die Aussicht war einfach atemberaubend. Nie im Leben hätte ich gedacht, was für ein unfassbarer Ausblick sich uns am Ende bieten würde. Wir haben auch am Teehaus nicht halt gemacht, sondern sind bis zum Endpunkt über einen schmalen Schottergrad gelaufen. Kurz vor dem Etappenziel brach mit einem lauten Knall und Grollen noch ein Stück vom Gletscher ab, die Lawine hörte man sicherlich bis unten ins Tal. Ein echtes Naturschauspiel. Ich hätte bei einem so bekannten Trail befürchtet, dass der Weg bei einer angelegten Aussichtsplattform endet und nicht mitten in so wilder Natur und unberührter Schönheit. Aber viele Touris gehen eben nicht bis ganz rauf, sondern bleiben unten am See hängen oder schaffen es gerade mal bis zum Teehaus. Es lohnt sich, weiter zu laufen! Auf dem Rückweg nahmen wir den kleinen Umweg Richtung Lake Agnes, am Mirror Lake entlang. Sehr schön und immer wieder tolle Blicke auf den Lake Louise. So ein tiefes Türkisblau kannte ich bisher nur vom Peyto Lake.

Das komische Fiepen unterwegs kommt übrigens von den Pikas, die hier oben leben. Ich habe einen von den kleinen Burschen (bei uns auch Pfeifhasen genannt) einige Zeit beobachtet. Sie sind sehr süß und scheu und sehen ein bisschen aus wie Meerschweinchen. Viel Freude haben uns - vor allem den Kindern - auch die Streifenhörnchen und die Meisenhäher am Teehaus gemacht. Die hatten es definitiv auf unser Brot abgesehen und waren außerordentlich dreist! Die Meisenhäher, wunderschöne Vögel, sind den Kanadiern als Grey Jack bzw. - sehr treffend - auch als Camp Robber bekannt.

Aber Bären? Gut, es hat mich nicht wirklich gewundert, dass die Bären nicht direkt am Lake Louise Hotel oder oben am eiskalten Gletscher auf uns gewartet haben. Und selbst wenn sich ein verrückter Bär eventuell zum Mirror Lake verirrt hätte, so wäre er sicherlich getürmt, wenn er uns wie die Kesselflicker darüber hätte streiten hören, ob wir nicht doch noch den Schlenker zum Lake Agnes hoch hätten machen sollen...

Am nächsten Morgen schliefen wir lange. Man muss ja sagen, dass so ein Truck Camper echt kuschelig ist und es nichts Schöneres gibt, als morgens dick eingemummelt in die warmen Decken mit seiner Familie im Arm aus den Slide-Out Fenstern zu schauen. Später machten wir uns dann auf zum Moraine Lake, um nun heute den Consolation Lakes Trail zu begehen. Erst noch schnell zum See, denn der ist immer wieder ein Foto wert! Dann kurz vorm See nach links auf unseren heutigen Trail, den man aufgrund der Bärendichte mit mindestens vier Personen gehen muss. Sonst droht sogar eine Strafzahlung. Na, wenn das keine aussichtsreiche Drohung für uns ist!

Wir waren als Familie ja bereits zu viert, und ausgerüstet mit viel Mut, Vorfreude und unserem Bärenspray marschierten wir los. Thommy schlug fleißig alle paar Meter mit einem Stock gegen einen Baum und hatte das Bärenspray in Griffweite, und die Kinder hatten heute ihre Wanderglöckchen um. Als ob die nicht schon ohne Verstärker laut genug gewesen wären! Der Weg führte erst über Geröll und Felsbrocken und dann durch den Wald. Ich fühlte mich zwischen Farnen, Moosen und Tannengeflechten wie in einem Fantasyfilm und hätte mich nicht gewundert, wenn Orks oder Trolle um die Ecke gebogen wären. Jedenfalls auch nicht mehr als über einen Bären.

Plötzlich leichter Schneefall. Aber ganz feiner und trockener Schnee, der die Atmosphäre irgendwie vollkommen machte. Wenn es nach den Kindern gegangen wäre, hätte ruhig noch mehr runterkommen können. Am Ende des Wanderwegs bot sich uns wieder eine Wahnsinnsaussicht. Wir kletterten auf die riesigen Felsbrocken (manche so groß wie unser Truck Camper) am Rande des Sees und genossen den Blick auf den Consolation Lake und die gletscherbedeckten Berge. Wir waren allein hier oben und die absolute Stille war körperlich zu spüren. Ja, wir haben unsere Kinder gezwungen, mal kurz die Klappe zu halten, um zu bemerken, dass man hier nichts hört. Gar nichts. Atemberaubend, diese Natur! Aber wieder keine Bären. Ob Bärenspray eine Touristenerfindung ist?
Dann der Tag der Tage. Laut Thommy und seinen unermüdlichen Versuchen, das Wetter genau vorherzusehen, gab es Grund zur Hoffnung auf weite Sicht. Und damit die Freigabe, den traumhaften Icefields Parkway hochzufahren! Tatsächlich war die Landschaft, die an uns vorbeizog, unfassbar schön. Natürlich hielten wir an vielen tollen Aussichtspunkten. Und natürlich wieder einmal am Athabasca-Gletscher, wo wir uns vornahmen, die Bilder aus den vorherigen Urlauben mit den jetzigen zu vergleichen. Traurig, wie weit sich der Gletscher in den letzten 100 Jahren zurückgezogen hat.

Unterwegs sah Thommy am Straßenrand zwei Ranger mit Fernrohren. Wir hielten an und gesellten uns zu ihnen. Sie erklärten uns, dass in der steilen, sonnigen Felswand eine 15 Tiere starke Herde der seltenen und scheuen Mountain Goats grasen würde. Die Steile der Felsen würde ihnen Schutz vor Raubtieren bieten und dieser Hang sei bekannt für ihr Vorkommen. Mountain Goats hatten wir noch nie gesehen und es war beeindruckend, die schneeweißen Tiere zu beobachten. Unsere Fahrt führte uns heute noch an vielen Naturspektakeln vorbei, exemplarisch seien die majestätischen Athabasca Falls genannt, die regelrecht zum Aussteigen und Fotografieren zwingen! Unser Tagesziel war der noch geöffnete Whistlers Campground bei Jasper. Wir waren durchaus überrascht, auf diesem riesigen Campground (fast 800 Plätze) einen der letzten Stellplätze mit Strom zu ergattern. Siehe da, es war Thanksgiving, und wir hatten es gar nicht bemerkt! Hunderte von Kanadiern waren unterwegs und wollten ihr Wochenende mit uns in der Natur verbringen. Heute gab es bei uns keinen Truthahn, sondern wieder Nudeln zum Abendessen, diesmal im Camper ohne Lagerfeuer. Die ungemütlich kühle Feuchte hielt uns von einem Outdoor-Abend ab.

Versöhnt wurden wir jedoch durch das Wildlife. Als wir auf den Campground fuhren, entdeckten wir an Rande einer Lichtung eine Herde Wapitis mit einem Bullen mit mächtigem Geweih. Später gesellte sich noch ein konkurrierender Bulle auf Distanz hinzu. Zu einem Kampf mit krachenden Hirschgeweihen kam es nicht, aber es war faszinierend, diese Situation zu beobachten.
Am nächsten Morgen Umzug auf den benachbarten Wapiti Campground. Der Whistlers schließt heute seine Pforten für die Saison. Hier gibt es sehr schöne Plätze mit Feuerstellen einsam im Wald, aber ohne Strom. Die mit Strom gefielen uns nicht und so wählten wir einen "Offline-Platz" im Wald. Wunderschön und abseits gelegen, am Hügel, mit Blick auf den Fluss.

Heute machten wir eine Tour zum Medicine und Maligne Lake, fühlten uns jedoch nicht frisch genug, um längere Wandertouren um die Seen zu machen. Das Wetter spielte auch nicht richtig mit, es windete sehr. So fuhren wir, kleine Spaziergänge eingeschlossen, einfach die tolle Strecke ab, immer mit dem Blick auf Seeufer, Dickicht und Bäume gerichtet und auf der Suche nach Wildlife.
Bis auf frische Spuren von Kariboos auf dem ausgetrockneten Medicine Lake und einer Herde Bighorn Sheep am Wegesrand trafen wir jedoch keine kanadischen Vierbeiner. Dafür absolut unvernünftige fotogeile Japaner, die sich mitten unter die Dickhornschafe mischten (Streichelzoo-Abstand), um Selfies von sich zu machen. Leider wurde keiner von Ihnen auf die Hörner genommen…

Am nächsten Tag hatten wir auf unserer Fahrt in Richtung Wells Gray Park leider nur manchmal gute Sicht. Gelegentlich fielen auch ein paar Regentropfen. Der Mount Robson, der sich uns auch in den früheren Urlauben schon nicht zeigen wollte, spielte auch dieses Mal wieder Verstecken. Immer wenn es so aussah, als würde es aufklaren, kamen plötzlich doch neue Wolken und verdeckten Teile des imposanten Berges. Aber, Mount Robson, irgendwann kriegen wir dich!

Gerade noch rechtzeitig kamen wir am Eingang des Wells Gray Provincial Park an, um die sehr hilfsbereite Dame an der Touristeninformation noch ausfragen zu können. Bären? Klar, die sind hier unterwegs, aber kein Grund zur Sorge, die hauen sich gerade vorm Winterschlaf so richtig den Bauch voll und denken nur ans Essen. Überhaupt sind alle Bären im Wells Gray Park echt nette Kerle! Wir wollten es nun echt mal drauf ankommen lassen und fuhren bis auf den allerletzten Stellplatz auf dem Clearwater Lake Campground, auf dem wir tatsächlich die einzigen Besucher waren. Es war schon fast dunkel, als wir ankamen, wir konnten im Dämmerlicht noch den See und die Osprey Falls dahinter erahnen. Natur pur. Wundervolles Plätzchen. Aber Bären? Ha! Wir waren mittlerweile zu der Überzeugung gelangt, dass wir Kanadatouristen einer groß angelegten Werbekampagne auf den Leim gegangen sind! Was für ein genialer Schachzug, überall in Riesenlettern vor den Bären zu warnen und überall diese tricky Mülleimer aufzustellen, damit der willfährige Tourist glaubt, die Bestien würden hinter jeder Ecke lauern. Nur damit über diesem bezaubernden Märchenwald ein Hauch ungezähmter Wildnis und Abenteuer liegt. Alles Marketing!

Wir hatten heute keine Lust auf eine lange Wanderung, machten uns also auf den Weg auf den relativ übersichtlichen Lakeshore Trail. Nachdem wir wieder zurück am Truck Camper waren, nahmen wir ein ausgiebiges zweites Frühstück ein und fuhren wieder aus dem Park raus, diesmal mit Zwischenstopps an jedem schönen Aussichtspunkt, unter anderem den überaus beeindruckenden Helmcken Falls, mit 141 m die vierthöchsten Wasserfälle Kanadas! Am Abend bezogen wir unweit des Parkausgangs unser Lager auf dem North Thompson River Campground - "No Service - but still open". Hier machten wir wohl das größte Lagerfeuer unseres ganzen Urlaubs und hatten eine schöne lange Nacht mit unseren Kindern am Feuer. Solche Familienabende mit Lagerfeuer-Unterhaltungen sind toll. Vor allem die Kinder genießen es, mal einen ganzen Abend mit den Eltern am Feuer auf zu bleiben und sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Wann macht man sowas schon im Berufs- und Schulalltag in der Heimat? Allein schon ein echter Grund für eine Familienreise nach Kanada, finde ich.

Tags darauf fuhren wir zu einem weiteren Tipp aus Schoofs Buch, dem Kilby Beach Park, nicht allzu weit entfernt von Harrison Hot Springs. Und auch diesmal staunten wir nicht schlecht, als wir am Seeufer die im Buch beschriebenen Weißkopfseeadler bewundern konnten. Wir waren die letzten, die einen Platz auf dem kleinen Campground an der Flußbiegung des Harrison River ergatterten. Als wir den netten Kanadier neben uns ansprachen, erklärte er uns, dass aufgrund des Höhepunkts der Lachswanderung gerade jetzt viele Angler hier am Fluss seien. Die wären abends auch dem Alkohol zugetan und würden auch mal etwas lauter. Ok, das fanden wir im ersten Moment nicht so super, aber die Jungs um uns herum waren eigentlich alle gut drauf, und außer dass ein Typ zwei RVs weiter offensichtlich keine Ahnung davon hatte, wie man Holz hackt, und es so aussah, als würde er mit aller Macht versuchen, den Metallkranz der Feuerstelle zu zerstören, war eigentlich alles ganz erträglich. Und so beobachteten wir mit dem Fernglas weiter die Seeadler. Thommy schloss nebenan bei den Kanadiern neue Freundschaften und wurde direkt auf ein Bier eingeladen. Zum Dinner machten wir uns riesige Burger mit Salat. Eigentlich ein perfekter kanadischer Abend. Und Bären? Nein, die wurden sicherlich von den riesigen Adlern hinfortgetragen und am Flussufer verspeist.

Am nächsten Morgen Regen auf dem Camperdach. Wir wurden wach mit dem irritierenden Gefühl, dass eventuell etwas schief gelaufen sein könnte. Unsere zwei Wochen Kanadaurlaub kamen uns vor wie mindestens ein ganzer Monat. Wir fühlten uns außerhalb von Raum und Zeit und waren echt nicht mehr sicher, dass es wirklich Freitag und nicht eventuell schon Samstag war. Nachdem wir ohne Erfolg eine Weile diskutiert hatten und uns lediglich einig darüber waren, dass wir es nicht darauf ankommen lassen konnten, den Flieger zu verpassen, beschloss ich, beim Angler nebenan nachzufragen. Nicht nach der Uhrzeit, sondern nach dem Tag. Ein bisschen peinlich. Doch er nahm es mit Humor. Und es war wirklich erst Freitag. Ich entspannte und wir kamen ins Gespräch. Unter anderem erzählte ich, dass uns die Neugier auf die Weißkopfseeadler zum Kilby Beach geführt habe. Er erklärte, dass - ungewöhnlich für diese Jahreszeit - noch recht wenige tote Lachse am Strand herumliegen würde, aber in ungefähr zwei Wochen würde es vor Adlern nur so wimmeln.

Etwas später, nachdem wir gefrühstückt und fast alles verstaut hatten, klopfte der nette Nachbar und fragte, ob wir Lust hätten, mit ihm im Boot auf den Fluss hinaus zu fahren. Adler aus nächster Nähe bewundern? Na klar! Die Bootsfahrt war ein echtes Vergnügen.?Die Kinder hatten riesigen Spaß, und wir kamen ziemlich nah an die Adler heran. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder so viele Adler an einem Fleck sehen werde. Wahnsinn!
Nachdem wir uns bei dem super-netten Kanadier mit vielen Worten und dem Freimachen unseres Campgrounds für seinen nachkommenden Sohn bedankt hatten, nahmen wir Fahrt auf zu unserem letzten Stopp, Harrison Hot Springs. Wir nahmen hier einen Campground direkt neben dem Bad, packten unsere Sachen und gingen mit den Kindern noch einmal schwimmen. Für den ersten richtig verregneten Tag und unseren letzten Pack- und Urlaubstag eine gut Idee, aber den Public Pool in Harrison Hot Springs kann ich nicht wirklich als Highlight empfehlen. Dennoch war’s entspannend und schön.

Die Fahrt von Harrison Hot Springs zur Fraserway-Station bei Vancouver vollzog sich zügig und die Rückgabe des Truck Campers gestaltete sich unkompliziert. Der Rückflug war kürzer als der Hinflug (Rückenwind!) und dennoch hatte ich Zeit, die Reise revue passieren zu lassen. Haben wir es die Reisezeit oder die Kürze der Herbstferien bereut? Nein, Blödsinn, Kanada ist IMMER eine Reise wert, es ist Urlaub für Körper und Seele. Und obwohl es uns ein bisschen gewurmt hat, dass die Bären und wir diesmal getrennte Wege gegangen sind, so ist Kanada auch ohne Bären einfach nur fantastisch!
Ok, ich verrate jetzt etwas. Wir haben inzwischen auf dem Kanadatag von SK Touristik den Workshop Tierbeobachtung besucht. Thema: "Wale und… - genau! - Bären!" Außerdem werden wir unsere nächste Reise in punkto Zeit und Ort um diese Fabelwesen herum planen.?Wir werden dort sein, wo der Lachs dem Bären vor dem Ablaichen quasi direkt ins Maul springt. Und es wird uns trotzdem völlig egal sein, ob wir einen Bären sehen oder nicht. Aber für alle Fälle werde ich den Fotoapparat in der Hand halten. Man weiß ja nie...