Trail Riders Alberta - Kanada Reiten Kanada und Waterton Lakes N.P.

FRANZIS 6 MONATE KANADA: Das Praktikum ihres Lebens

Franzi in Kanada auf Tour: Tag 50
Erster Tag bei den Trail Riders of the Canadian Rockies

Hui, die Nacht war kurz! Ich bin gestern gegen halb 12 in Calgary am Flughafen angekommen. Nachdem ich mein Gepäck geschnappt habe, ging es mit dem Shuttle zum Acclaim Hotel. Ich bin noch schnell unter die fantastische Regendusche gehüpft und habe mich dann in mein Kingsize-Bett gekuschelt. Heute Morgen klingelt mein Wecker und holt mich aus dem Tiefschlaf. Es ist jetzt viertel vor sechs und ich bin gerade einfach noch nicht bereit, um aufzuwachen. Als ich langsam realisiere wo ich bin und was ansteht, schießt die Energie mit einem Mal durch meinen Körper. Das Abenteuer Trail Ride kann beginnen! Gut eine Stunde später treffe ich Stuart, Präsident der Trail Riders of the Canadian Rockies. Gemeinsam mit 12 weiteren Pferdenarren und unserem Emcee Larry verbringe ich die nächsten Tage im äußersten Süden Albertas. Wir werden  jeweils über mehrere Stunden durch die vielseitige Landschaft des Waterton Lakes National Park reiten. Untergebracht sind wir über die Zeit in einem Camp keine zehn Autominuten von unseren Pferden entfernt. Die Trail Riders gibt es schon seit 1923 und ursprünglich haben die Touren meist in der Gegend rund um Banff stattgefunden. In diesem Sommer organisiert Stuart mit seinem Team zum dritten Mal in Kooperation mit den ansässigen, familiengeführten Alpine Stables verschieden lange Trail Ride Touren rund um Waterton. Ich kann es gar nicht erwarten, mich in den Sattel zu schwingen und loszureiten. Schon seit Wochen freue ich mich auf dieses einzigartige Erlebnis!

Aufgeteilt auf zwei Vans starten wir die etwa dreieinhalbstündige Fahrt zu unserem Camp. Unterwegs erklärt uns Stuart, dass eine Tour mit den Trail Riders um einiges mehr ist als "nur" Reiten. Es soll ein Gesamtpaket sein, das über die Leidenschaft zu Pferden und zum Reiten einen Austausch hervorruft. Austausch untereinander, mit der Natur und dem Partner Pferd. Dabei spielt auch die Vermittlung über Land und Leute sowie kulturelle Aspekte eine entscheidende Rolle. Besonders letzteres steht bei unserem Stopp am Head-Smashed-In Buffalo Jump im Fokus. Vor vielen tausend Jahren haben hier die Menschen des Blackfoot Tribes eine spezielle Jagdtechnik für sich entdeckt. Dank ihres Wissens über die Verhaltensweisen und Instinkte der Büffel haben sie die Tiere in einen Hinterhalt gelockt und auf eine Klippe zugetrieben. Im Falle einer erfolgreichen Jagd stürzte eine zuvor bestimmte Menge an Büffeln die Klippe hinunter. Aus ihrer Beute erzeugten die Blackfoot People Nahrung, Kleidung und Werkzeuge. Das Überleben des Winters war somit gesichert.

Nach dem höchst interessanten, aber viel zu kurzen Besuch sitzen wir wieder im Van und fahren Richtung Waterton. Auf dem Weg verändert sich die Landschaft stetig. Die Berge in der Ferne werden immer imposanter umso näher wir ihnen kommen. Im Camp angekommen bringen wir nur schnell unser Gepäck in die Tipis und Zelte, hüpfen in unsere Reitklamotten und stärken uns für den ersten Ausritt. Etwa eine Stunde später kommen wir am Stall im Nationalpark an. Nach einer Einweisung durch die Inhaber des Stalls Dee und seinen Enkel Josh, die auch gleichzeitig unsere Guides sind, lernen wir unsere zugeteilten Pferde kennen. Mein vierbeiniger Partner hört auf den Namen Carl und ist ein gutmütiger brauner Wallach. Auf den ersten Blick sieht er ganz freundlich aus, mal schauen wie er sich reiten lässt.

Wahnsinn, schon die allererste Tour ist einfach fantastisch. Die Landschaft hier im Waterton Lakes National Park ist wunderschön und vor allem so abwechslungsreich. Wir reiten durch weite Graslandschaft, am Ufer des Middle Waterton Lake entlang, über Hügel und durch den Wald. Und das alles innerhalb von etwa drei Stunden. Als wären wir noch nicht geflasht genug von den neuen Eindrücken, spottet Josh einen Schwarzbären mit zwei Jungen. Und zwar auf dem Golfplatz! Schnell hole ich meine Kamera raus und merke wie ich schmunzeln muss. Die Golfer sind sicherlich nicht ganz so begeistert! Weiter oben auf dem Kurs ist ein weiterer Schwarzbär unterwegs. Das macht mich gerade mehr als glücklich. Der perfekte Einstieg in eine vielversprechende Woche.

Abends im Camp fallen wir über das vorzügliche Abendessen her. Die Schwestern Ashley und Catherine wissen ganz genau wie sie eine Gruppe Abenteurer satt bekommen. Gestärkt und zufrieden treffen wir uns im sogenannten Doughnut Tent. Rund ums Feuer verteilt sitzen wir beisammen und haben auch zwei Gäste unter uns. Sie präsentieren uns Cowboy Poetry. Ob lustig, romantisch oder auch traurig, jedes einzelne Poem erzählt eine Geschichte und berührt meist auf emotionale Weise. Mit seiner Gitarre rundet Gesangstalent Larry den Abend ab.


Franzi in Kanada auf Tour: Tag 51
Zweiter Tag bei den Trail Riders of the Canadian Rockies

Leider habe ich in meiner ersten Nacht im Camp nicht ganz so gut geschlafen. Eingemummelt in einen warmen Schlafsack, ist es auf meinem Feldbett super bequem. Wäre da nicht der kleine Gast in meinem Tipi umhergeirrt, hätte ich höchstwahrscheinlich geschlafen wie ein Stein. Das Mäuschen hat mich mit seinem Laufen über die Zeltplane am Boden allerdings größtenteils vom Schlafen abgehalten. Die Müdigkeit ist schnell vergessen, als es zum Frühstück läutet. Auf geht's, ein vielversprechender Tag wartet auf mich. Nach der Stärkung am Frühstücksbuffet packe ich mir noch ein Lunchpaket zusammen und verstaue es zusammen mit meiner Kamera in den Satteltaschen. Heute teilen wir uns in zwei Gruppen auf und reiten getrennt voneinander aus. Mir gefällt die Idee sehr gut. Auch wenn es gestern viel Spaß gemacht hat, mit allen gemeinsam unterwegs zu sein, ist es doch in einer kleinen Gruppe entspannter und meiner Meinung nach ein intensiveres Erlebnis.

Am Stall warten die Vierbeiner schon auf uns. Gemeinsam mit Dee verlassen wir wenige Minuten später das Gelände in Richtung Horseshoe Basin. Eine ganze Weile tragen die Pferde uns über weite Graslandschaft. Keine Zäune weit und breit. Mit der Nase im Wind schließe ich meine Augen und konzentriere mich voll und ganz auf die Bewegungen von meinem Pferd Carl. Der Moment gibt mir ein starkes Gefühl von Freiheit. Die Gedanken in meinem Kopf sind mit einem Mal wie weggeblasen und ich vergesse für einige Sekunden alles um mich herum. Ein wunderschönes Gefühl! Nachdem wir uns durch ein dicht bewachsenes Waldstück geschlängelt haben, passieren wir einen kleinen Fluss. Egal was auf uns zukommt, die Pferde strahlen eine enorme Gelassenheit aus. Carl meistert jede Aufgabe mit Bravour. So kann ich mich voll und ganz auf das Naturerlebnis einlassen. Oben auf einem kleinen Berg angekommen, legen wir erst einmal eine Lunchpause ein. Lecker, das Sandwich schmeckt hier oben im Gras sitzend noch besser als ich es mir heute Morgen beim Schmieren vorgestellt habe. Die nächste Etappe führt uns über einen Berg. Der Aufstieg scheint den Pferden kaum etwas auszumachen. Kraftvoll steigen sie die schmalen Serpentinen hinauf. Ich bin beeindruckt, die Tiere sind topfit! Wir nähern uns dem Bergkamm und mit einem Mal wird uns die Sicht auf die andere Seite geöffnet. Mein Blick schweift von rechts nach links und dabei versuche ich so viel aufzusaugen wie nur eben möglich. Wir schauen auf die endlose Weite der Prärie. Kleine Waldflächen sind eingebettet in riesig wirkende Felder und die einzig sichtbare Straße verblasst irgendwo am Horizont. Beeindruckend!

Der anstehende Abstieg erfordert von den Pferden gute Trittsicherheit. Besonders die engen Richtungswechsel im Verlauf der Serpentinen stellen eine Herausforderung dar. Für die erfahren Trail Horses natürlich kein Problem. Ich vertraue Carl und lasse ihn seine Schritte so setzen wie er es für richtig hält. Zwischendurch fordere ich ihn an besonders steilen oder mit vielen Steinen besetzten Passagen auf, schön langsam zu gehen. Zusätzlich unterstütze ich ihn mit der Verlagerung meines Gewichts nach hinten in seiner Balance. Zurück zum Stall geht es wieder durch die Prärie. Nach insgesamt rund acht Stunden auf dem Pferderücken merke ich, dass meine Muskeln langsam nach einer Pause rufen. Respekt an uns und unsere vierbeinigen Partner. Das waren insgesamt knapp 30 Kilometer, die wir heute zurückgelegt haben. Damit haben sich sowohl die Pferde als auch wir selbst eine gute Portion Abendessen mehr als verdient.


Franzi in Kanada auf Tour: Tag 52
Dritter Tag bei den Trail Riders of the Canadian Rockies

In der ersten Nacht im Camp hat mir mein kleiner Untermieter mit seinem Besuch leider ein wenig den Schlaf geraubt. Spontan habe ich mich gestern Abend noch dazu entschieden, meine Klamotten zu packen und in ein anderes Tipi umzuziehen. Das war eine hervorragende Entscheidung! Ich habe fantastisch geschlafen und fühle mich fit für den heutigen Tag. Am Stall angekommen, wünsche ich als aller erstes meinem Pferd einen Guten Morgen. Schon verrückt, wie schnell ich eine Verbindung zu Carl aufgebaut habe und mich von Tag zu Tag mehr an ihn und seinen Charakter gewöhne. Und so wie ich die anderen Reiter gerade beobachte, geht es da nicht nur mir so. Hoffen wir mal, dass auch Carl so zufrieden mit mir ist, wie ich mit ihm!

Das heutige Ziel ist gesteckt und liegt auf knapp 2000 Meter Höhe. In Begleitung von Dee und Josh treten wir den Aufstieg zum Vimy Peak an. Das Wetter spielt optimal mit und bringt uns einen frischen, aber sonnigen Morgen. Die Stimmung in der Gruppe ist gut und besonders die sechs Freundinnen aus Amerika sind so früh am Morgen schon äußerst kommunikativ. Beim Reiten wechseln wir untereinander immer mal die Reihenfolge und so komme ich nach und nach mit nahezu allen ins Gespräch. Auf die Uhr geschaut habe ich beim Losreiten nicht, aber ganz grob geschätzt sind wir schon gute drei Stunden unterwegs, als sich vor uns der Weg gabelt. Für eine kurze Lagebesprechung mit Josh und Dee halten wir unsere Pferde an. An diesem Punkt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man reitet weiter bis auf den von hier aus sichtbaren Gebirgskamm oder man setzt seinen Weg fort bis zur Bergspitze. Letzteres erfordert allerdings eine Wandereinheit auf den eigenen zwei Beinen. Für mich steht die Entscheidung fest. Ich möchte ganz nach oben!

Zu sechst reiten wir weiter bis zur Baumgrenze und binden unsere Pferde dort im Schatten an. Beim anschließenden Aufstieg wünsche ich mir zwar an steilen Passagen anstelle meiner rutschigen Reitstiefeletten ein paar ordentliche Wanderschuhe herbei, aber irgendwie klappt es auch so. Die Anstrengung der letzten halben Stunde ist mit einem Mal wie weggeblasen. Dieser Moment, wenn man oben ankommt und über die Bergspitze hinaus auf die andere Seite sehen kann, ist jeden einzelnen Schritt wert. Was für ein genialer Ausblick! Auf der einen Seite erhebt sich eine mächtige Gebirgskette, auf der anderen Seite grenzt die endlos weite Prärie an den Fuß des Berges. Es wirkt fast wie eine imaginäre Linie, an der Prärie und Rocky Mountains aufeinander treffen. Eine solche Kombination lässt sich nirgends sonst finden. Absolut einzigartig! Von hier oben betrachtet, zieht sich der Waterton Lake aufgeteilt in Lower, Middle und Upper Waterton Lake wie gemalt durch die Landschaft. Ich bin absolut überwältigt!

Nach einer ausgiebigen Lunchpause und der darauf folgenden Fotosession treten wir langsam den Rückweg zu unseren Pferden an. Überwältigt von all den neuen Eindrücken in meinem Kopf merke ich, dass meine Konzentration nachlässt. Auch Carl wirkt nach dem langen Tag geschafft und ist nicht mehr ganz so achtsam. Das anspruchsvolle Gelände erfordert allerdings auch beim Abstieg noch einmal volle Aufmerksamkeit. Ich reiße mich zusammen und fordere auch Carl auf, sich zu konzentrieren. Optimal, das klappt doch schon viel besser. Müde aber auch zufrieden und überglücklich beende ich die heutige Tour.

Am Abend besucht uns Corporal Brian Johannson von der Royal Canadian Mounted Police (RCMP) im Camp. Er bringt uns die Geschichte der nationalen Polizeieinheit näher und beantwortet Fragen jeglicher Art. Mit der Erschließung Westkanadas entstand Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund wachsender Unstimmigkeiten und der Zunahme gewaltdominierter Übergriffe die Notwendigkeit einer organisierten Einheit, die für Sicherheit und Ordnung sorgte. Die als North West Mounted Police (NWMP) entstandene berittene Polizei wurde 1919 mit der östlichen Polizei zusammengelegt und ein Jahr später in die RCMP umbenannt. Heute ist die RCMP über das ganze Land verteilt und arbeitet als kanadische Bundespolizei eng mit weiteren Sicherheitsbehörden und Polizeieinheiten zusammen. Kleiner Fun Fact am Rande: Die RCMP setzt aus dem ästhetischen Grund, dass das Rot ihrer Uniformen so gut zu der schwarzen Fellfarbe von Rappen passt, seit Jahrzehnten nur schwarze Pferde ein.


Franzi in Kanada auf Tour: Tag 53
Vierter Tag bei den Trail Riders of the Canadian Rockies

Gestern Abend haben wir alle gemeinsam das Beisammensein im Camp genossen und bei einem kühlen Bier den Tag ausklingen lassen. Das gestrige Erlebnis oben am Vimy Peak hat in mir die Begeisterung für den Waterton Lakes National Park definitiv noch mal auf ein ganz anderes Level gehoben. Gut gelaunt und voller Vorfreude steige ich mit meinem Proviant für den Tag zu Fahrer Cade in den Van. Der heutige Ritt startet für einen Teil der Gruppe am Cameron Lake. Das Team von Alpine Stables bringt uns die Pferde mit dem Anhänger zum Startpunkt der Tour. Um ehrlich zu sein steige ich mit einer gewissen Portion Respekt aufs Pferd. Ich habe mir sagen lassen, dass der Trail zum Carthew Mountain einer der herausforderndsten sein soll. Neben dem etwas flauen Gefühl spüre ich auf der anderen Seite auch den Reiz des Abenteuers.

Ganz entspannt starten wir die Tour erst einmal durch den schattigen Wald und schlängeln uns den Pfad entlang. Immer wieder erlauben uns Lichtungen den Blick herunter auf den tiefblauen Cameron Lake. Einen ersten kurzen Stopp legen wir am Summit Lake ein. Carl steuert zielgerichtet aufs Wasser zu und gönnt sich ein paar erfrischende Schlücke aus dem See. Wenige Kilometer weiter lichtet sich der Wald langsam und der Untergrund verändert sich vom festen Waldboden zum steinigen Geröll. Hui, das hier ist tatsächlich nichts für schwache Nerven! Wir befinden uns mittlerweile auf einem schmalen Trail. So gerade passen beide Pferdehufe nebeneinander, bevor es auf einer Seite den Abhang herunter geht. Vom Pferderücken aus wirkt das ganze noch eine Nummer intensiver und sorgt dafür, dass mein Herz doch glatt mal einen Gang zulegt. Ich bin mehr als froh, dass mein Pferd Carl ruhig und entspannt ist, dabei aber trotzdem jeden einzelnen Schritt bestimmt und kontrolliert auf den Pfad setzt. Ich versuche so ausbalanciert wie möglich zu sitzen, sodass ich Carl nicht aus dem Gleichgewicht bringe. Für ein sichereres Gefühl meinerseits versuche ich ihn zusätzlich zu motivieren, so weit wie es eben geht auf der Bergseite des Trails zu laufen. Nach besonders herausfordernden Passagen lobe ich meinen Partner mit einem aufmunternden "Good boy" oder "Great job, Carl". Kurz bevor wir den Bergkamm erreichen, steigen wir ab. Anstatt zu reiten führen wir unsere Pferde über eine große und steil angelegte Steinplatte. Juhuu, wir haben es geschafft! Um ehrlich zu sein zittern mir die Knie doch ein wenig. Die Kombination aus innerlicher Anspannung, purer Freude über den Ausblick und Stolz, dass ich den Aufstieg gemeinsam mit Carl gemeistert habe, ist überwältigend. Ich brauche einen Moment bis ich mich komplett gefangen habe. Was für ein Adrenalinkick!

Bevor es weiter geht, gönnen wir uns und den Pferden noch eine kleine Verschnaufpause. Da nutze ich doch glatt mal die Zeit und halte diese atemberaubende Aussicht mit meiner Kamera fest. Auch wenn das Bild nicht mal annähernd so schön ist, wie es in Wirklichkeit aussieht, wird mich das Foto immer an diesen emotionalen Moment erinnern. Bereit für die nächste Etappe schwinge ich mich zurück in den Sattel. Wow, dort unten liegen die Carthew Lakes. Mein Blick verharrt für einen Moment auf den drei Seen, die sich stufenversetzt aneinander anschließen. Am Obersten der Seen setzen wir uns für eine Lunchpause zusammen. Das nenn ich mal den perfekten Spot, um ein leckeres Sandwich zu genießen! Nach der Mittagspause reiten wir an den beiden folgenden Seen vorbei und begegnen auf dem Weg einer Gruppe von Rebhühnern sowie einem Murmeltier. In der Ferne lässt sich von hier aus schon das nächste Highlight erahnen. Mit seiner intensiven Blaufärbung sticht der kristallklare Bergsee ganz besonders hervor und fesselt meinen Blick für einige Sekunden. Carl nutzt meine kurze Unaufmerksamkeit aus und rupft sich ein saftig grünes Grasbüschel vom Wegesrand. Ich muss schmunzeln beim Anblick dieses tiefenentspannten Pferdes. Nach dieser enormen Anstrengung wirkt er auf mich immer noch frisch und voller Energie. Eben ein echter Hochleistungssportler!

Auf dem Rückweg zum Camp gehe ich den Tag noch einmal in Gedanken durch. Rückblickend beurteilt, ist diese Tour definitiv nichts für schwache Nerven. Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich Bedenken hatte und sich zwischendurch auch ein klein wenig Panik in mir ausgebreitet hat. Aber alles in allem hat es sich mehr als gelohnt, aus meiner Komfortzone herauszutreten und etwas zu wagen. Belohnt wurde ich dafür mit dieser atemberaubenden Aussicht und dem Erlebnis einer wunderschönen Naturlandschaft.


Franzi in Kanada auf Tour: Tag 54
Fünfter Tag bei den Trail Riders of the Canadian Rockies

Die gestrige Tour über den Carthew Mountain zum Alderson Lake hat meine Gefühle Achterbahn fahren lassen. Freude, Respekt, Angst, Stolz, Spannung, Nervosität, Begeisterung und Glück haben sich nahezu im Sekundentakt abgewechselt und miteinander kombiniert. Mit ein bisschen Abstand überwiegt heute Morgen definitiv Stolz gepaart mit Begeisterung. Ich bin unendlich froh, dass ich den Ritt mitgemacht habe. Stuart, Präsident der Trail Riders of the Canadian Rockies, begleitet uns gemeinsam mit seiner Tochter Janessa auf den heutigen Ritt. Ich freue mich schon auf Stuarts lebendige Erzählungen von seinen Erfahrungen mit den Trail Riders.

Der bevorstehende Trail führt uns zu den Rowe Lakes und ist im Vergleich zu gestern ein entspanntes Kontrastprogramm. Auf ein Waldstück folgt eine kurze Passage über Geröll, bevor wir an einer großen Wiese ankommen. Durch das intensive grün schlängelt sich ein kleiner Fluss und lässt diesen Ort inmitten der Berge als kleine Oase hervorstechen. Der perfekte Ort für eine kurze Pause. Die Pferde freuen sich und langen ordentlich zu. Josh tippt mir auf die Schulter und gibt mir sein Fernglas in die Hand. Er hat eine Gruppe Bighorn Sheep entdeckt. Etwa sieben Böcke liegen unter einem Felsvorsprung und scheinen den Tag langsam angehen zu lassen. Wow, durch das Fernglas kann ich sie richtig gut beobachten. Beim letzten Aufstieg zu den Seen treffen wir auf eine Gruppe Wanderer und machen sie auf die Schafe aufmerksam. Die Vier bedanken sich und halten direkt Ausschau nach den Tieren. Wildtiere in ihrem natürlichen Umfeld zu beobachten ist für mich ein faszinierender Faktor und bringt ein Gefühl von innerlicher Zufriedenheit mit sich. Wie gut, dass hier im Waterton Lakes National Park so viele verschiedene Arten zuhause sind. Vor einem wunderschönen Bergpanorama genießen wir während einer ausgedehnten Mittagspause unsere Sandwiches. Auch für einen Rundgang ist noch genug Zeit. Josh nimmt ein paar Steine in die Hand und lässt sie gekonnt über den Middle Rowe Lake flitschen. Mir kribbelt es schon ein wenig in den Fingern und zack habe ich im nächsten Moment auch meinen ersten Stein in der Hand. Wie ging das noch gleich? Ich erinnere mich an die Familienurlaube, in denen mein Papa mir genau diese überlebenswichtigen Fähigkeiten beigebracht hat. Also los! Vom ersten Versuch mal abgesehen funktioniert es richtig gut und macht riesig Spaß. Keine zwei Minuten später stehen alle am Ufer verteilt und flitschen mit großer Begeisterung Steine über den See.

Gut gelaunt kehren wir am Nachmittag zum Camp zurück. Bis zum Abendessen ist noch genug Zeit für eine warme Dusche. Mit einem Hotelzimmer sind die sanitären Anlagen natürlich nicht zu vergleichen, wir sind immerhin mitten in der Wildnis. Aber ganz ehrlich, die Campingdusche erfüllt ihren Zweck voll und ganz und ich setze mich nach dem Duschen aufgewärmt und frisch zum Abendessen an den Tisch. Die beiden Schwestern Ashley und Catherine übertreffen sich mal wieder selbst mit dem Essen. Es ist so lecker, dass ich kaum noch Platz für den Nachtisch habe. Wobei so ein bisschen warmer Kuchen mit Vanilleeis geht doch immer! Unseren letzten Abend im Camp verbringen wir alle gemeinsam am Feuer. Es wird geredet, gesungen und gelacht. Gemeinsam mit Janessa röste ich Marshmallows und lausche dabei, wie Larry uns das ein oder andere Lied auf der Gitarre vorspielt. Im Laufe des Abends ergreift Präsident Stuart das Wort. Allen Teilnehmern wird eine Urkunde überreicht und je nach der Anzahl an erfolgreich absolvierten Trail Rides erhalten wir einen Pin zum Anstecken. Stolz nehme ich meine Urkunde und den bronzefarbenen Pin für meinen ersten Ritt entgegen. Im Anschluss gehört jedem einzelnen von uns ein Augenblick, um ein paar Worte zur Woche im Camp und den eigenen Erlebnissen und Erfahrungen loszuwerden. Wow, ich überrasche mich mit meinem Beitrag selbst. Ich hätte von mir nicht gedacht, dass ich dabei so emotional werde. Mir wird nochmals deutlich bewusst, was für eine einzigartige Erfahrung der Trail Ride für mich darstellt.


Franzi in Kanada auf Tour: Tag 55
Trail Riders of the Canadian Rockies & Calgary

Gestern Abend haben wir noch im Anschluss an das gemütliche Beisammensein den Sternenhimmel bestaunt. Die Sicht ist so klar gewesen, dass wir zahlreiche Sterne sehen konnten und sogar die Milchstraße deutlich zu erkennen war. Wunderschön! Nachdem ich auch die letzte Nacht im Tipi tief und fest geschlafen habe, räume ich morgens meine Sachen zusammen und treffe den Rest der Gruppe beim Frühstück.
 
Gemeinsam mit allen 13 Teilnehmern und unserem Emcee Larry starten wir auf einen abschließenden Ausritt durch die Weiten der Prärie. Es ist noch recht frisch, die Sonne kommt aber immer wieder zwischen den Wolken hervor. Dabei bringt sie Wärme mit sich und wirft bezauberndes Licht auf die Graslandschaft. Auf unserem Ritt begegnen uns mehrere Rehe und hüpfen nur wenige Meter an uns vorbei. In einem Baum entdeckt Josh zwei Adler. Wahnsinn, die zwei Steinadler wirken gewaltig. Majestätisch spannen sie ihre Flügel aus, heben ab und gleiten über den Fluss. Na wenn das mal nicht ein gelungener Abschluss einer traumhaften Woche im Waterton Lakes National Park ist. Carl bekommt von mir beim Abschied eine intensive Kuscheleinheit und einen saftigen Apfel. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, ihn zu reiten und in seiner Begleitung all die phänomenalen Momente zu erleben. Großen Respekt an Dee, Josh und das gesamte Team von Alpine Stables. Die Pferde sind hervorragend ausgebildet, machen ihren Job perfekt und sind dabei topfit und enorm gutmütig. Ich vermisse die fantastischen Ausritte jetzt schon!
 
Zurück in Calgary wartet schon das nächste Abenteuer auf mich. Cade bringt mich freundlicherweise samt Gepäck nach Downtown. Ich checke im Hilton Garden Inn ein und werde am Front Desk herzlich empfangen. Beim Betreten meiner geräumigen Suite fällt mir doch mal kurz die Kinnlade herunter. Viel Zeit bleibt allerdings nicht, um mich in Ruhe umzusehen. Ich mache mich frisch und starte anschließend in Richtung Elliston Park. Insgesamt verbringe ich zwei volle Tage in Calgary und ein Highlight folgt das Nächste. Der Tourismusverband der Stadt Calgary unterstützt mich bei meiner Erkundungstour und hat mir organisiert von Travel Trade Coordinator Bailey Mullen einen vielversprechenden Ablaufplan zusammengestellt. Im Elliston Park wartet auch schon mein erster Programmpunkt, das Global Fest. Das Global Fest wurde erstmalig im Jahr 2003 veranstaltet und ist ein multikulturelles Festival auf dem sich viele verschiedene Länder präsentieren und ihre kulturellen Besonderheiten mit anderen Menschen teilen. Die Stimmung im Park, an den Foodtrucks und rund um die Einkaufsstände ist ausgelassen und friedlich. Das grandiose Feuerwerk bildet den krönenden Abschluss des Abends. Ich liebe Feuerwerk! Einen besseren Start meiner Stadterkundungstour durch Calgary kann ich mir kaum vorstellen.


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Trail Riders of the Canadian Rockies